Ein Teil von ihr

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Monika Celina Krot, Foto OJ Photography

Monika Celina Krot,
Foto OJ Photography

Wie oft habe ich – meist ungefragt – schon erzählt, dass ich mal, Ende der 70er Jahre, in Leipzig neben dem Gebäude der Theaterhochschule „Hans Otto“ gearbeitet habe? Egal. Jetzt eben nochmal. Wenn ich also öfter im Hinterhof zu tun hatte, hörte ich aus den geöffneten Fenstern jener Villa nicht selten Geräusche. Seltsame Geräusche. Oder die Schülerinnen und Schüler turnten auf Geheiß ihrer Dozenten gar wunderlich im Garten umher.

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Lasst uns Stehlampen sein!

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Was treiben die da, überlegte ich seinerzeit, zu welchem Zwecke? Und: Geht es ihnen gut? Was ich beobachtete, waren für sie ganz normale, völlig übliche Aufgaben. Monika Celina Krot bestätigt mir das: „Als ich an der I.S.S.A in München meine Ausbildung begann“, holt sie etwas aus in der Erklärung, „lief das Studienjahr schon sechs Monate. Die anderen waren also mit Vorsprung unterwegs. Mitten in einer Übung rief jemand: Lasst uns alle Stehlampen sein! Okay, dachte ich, alles klar, was will ich hier überhaupt?“

Dazu kam, dass die frischgebackene Schauspielschülerin in dem Moment ins Geschehen eingriff, als die Rollen für ein Stück vergeben wurden. Monika erwischte eine Szene unter lesbischen Frauen. „Ich war damals eher konservativ“, erinnert sie sich, hat sich das Ganze „erstmal angeguckt“, um dann einfach einzusteigen. There’s No Business Like Show Business…

Vom gewöhnungsbedürftigen Einstand abgesehen, empfand die junge Frau ihre Zeit an der Einrichtung „total richtig“. Ja, das bin ich, dachte sie, hier passe ich rein, die sind genauso durchgeknallt wie ich! Salopp formuliert. Und politisch korrekt gesagt: „Das ist das, was ich immer wollte, das was mich glücklich macht. Schauspiel!“

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Arielle, die Meerjungfrau

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Monika, fotografiert von Steffi Henn

Monika, fotografiert von Steffi Henn

Zunächst begann sie wie beinahe alle ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Ich verkleidete mich gerne“, blickt sie in Kindertage zurück, „lief mit einem damals üblichen Kassettenrecorder mit Mikrofon durch die Gegend, interviewte Leute, redete irgendwas hinein. Ich wollte mich durch Sprache ausdrücken, jemand anders sein. Oft war ich Arielle, die Meerjungfrau, und sammelte Gegenstände wie Bierdeckel, Büroklammern, Flaschendeckel, und alles was ich so per Zufall fand von den Menschen, legte es in ein Schmuckkästchen, das ich dann in meine Unterwasserwelt entführte.“

Dass Film Film ist und nicht Realität, wusste Klein-Monika beizeiten. Ihre Mutter sah im Fernsehen eine Szene mit viel Blut und schlug entsetzt die Hände vors Gesicht, während die Tochter beruhigend eingriff: „Das ist alles nicht echt, Mamus (polnisch Mama), alles nur Schauspiel!“ Als Schülerin mischte sie munter in der Theatergruppe mit und auf die Frage des Lehrers, wie es nach dem Schulabschluss weiter ginge, war ihre Antwort so sicher wie der Morgen nach der Nacht: „Klar! Schauspielerin!“

Ganz so klar verlief die Entwicklung dann doch nicht. „Ich habe immer schon klar meine Meinung gesagt“, skizziert die 1,75m Frau zunächst ganz allgemein die äußeren Umstände, „auch Erwachsenen gegenüber dachte ich zu wissen, was gut für mich ist. Ich war die Rebellin. Früh wollte ich mein eigenes Geld verdienen, arbeitete unter anderem als Street-Casterin, im Verkauf und in vielen anderen Jobs.“ Und irgendwann passierte das, was Monika bis dato für unrealistisch befand. Das Schicksal schlug zu. Vielleicht auch der Zufall. Egal.

„Heute ist dein Tag, prophezeite mir ein Horoskop“, erzählt sie, ‚was für ein Blödsinn‘, dachte sie, „ein ehemaliger Schulfreund begegnete mir und schwärmte von der Schauspielschule, die er besuchte. Er machte das, wozu mir der Mut fehlte. Ich war hin und weg, ging in die Bibliothek, um alles zu lesen über Vorsprechrollen und bereitete mich fleißig für die Aufnahmeprüfung vor.“ Die Dinge nahmen ihren Lauf.

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Die Luft zum Atmen

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„Nach der Schauspielschule ergriff ich zunächst einen anderen Beruf – vielleicht aus einem Sicherheitsbedürfnis, würde ich heute sagen, arbeitete eine Weile für ein Luxus-Modelabel, ich verkaufte sehr hochwertige Ware und trainierte Mitarbeiter im Verkauf, merkte aber schon bald, dass diese Kunsum- und Luxuswelt nicht meine ist. Da fehlte ein Teil von mir, da fehlte die Luft zum Atmen“, berichtet Monika Celina Krot und änderte das: „Ich drehte unter anderem für ‚Die 7 Todsünden‘ (Pro7), spielte in kleinen Theatern, trat mit einem Rapper und langjährigen Freund als Sängerin auf und fing schließlich zusätzlich noch eine Theaterpädagogen-Ausbildung an. Ich arbeite sehr gerne mit Kindern, sie wecken das verspielte Mädchen in mir und erinnern mich an diese vielen Dinge, die ich als Erwachsene oft übersehe. Durch die Form des Spielens kann ich sie in ihren Talenten fördern ich ihnen etwas mehr Selbsvertrauen für die Zukunft mitgeben.“

Monika Celina Krot, Foto von Steffi Henn

Monika Celina Krot,
Foto von Steffi Henn

Sie wagte den ungewissen Schritt nach Berlin, arbeitete in verschiedenen Schauspielprojekten. „Berühmt und bekannt werden war für mich nie eine Motivation“, schildert sie ihre Gefühlslage damals wie heute, „ich will Geschichten erzählen und damit den Menschen berühren. Das macht mich glücklich.“ So nimmt es nicht wunder, dass die junge Frau mit den eigentlich blauen Augen, die durch den braunen Fleck im rechten Auge gerne mal in anderen Farben erscheinen, es als Privileg empfindet, spielen zu können.

Die Motivation dafür schöpft sie aus dem Spaß, den die Arbeit macht: „Es gibt mir Kraft und tut mir gut, wenn ich Zuschauer erreiche. Auf der Bühne beispielsweise gibt es die Situationen, in denen der komplette Saal lacht – und es gibt die Momente der vereinzelten Schluchzer. Da weiß ich, dass ich mitten in ein Herz getroffen habe. Darum geht’s.“

Wenn im Theater der Vorhang hoch geht und die Vorstellung beginnt, wenn am Filmset der Regisseur „und… bitte“ sagt, wenn Monika also in die Rolle eintaucht, dann möchte sie „nur im Moment sein. Ich bin ganz in der Figur, sie kommt aus mir, ich verwandele mich nicht, bleibe ich, ein Teil von mir.“

„Am Set ist meistens Chaos“, plaudert die Schauspielerin aus dem Nähkästchen, „die Techniker wirbeln um ihre Geräte, die Kolleginnen oder Kollegen der Maske perfektionieren noch alles mit dem Pinsel, die Komparsen suchen ihren Platz… ich bin nur die eine unter ganz vielen… Und dann bin ich dran! Dann ist mein magic Moment.“
Und dann möchte Monika Celina Krot nicht zwingend Everybody’s Darling sein.

Sie möchte Menschen mit Konflikten verkörpern, Charaktere, die sie selbst nie sein möchte. „Es ist spannend, eine Person darzustellen, die nicht gemocht wird, die anders ist, die mit sich kämpft“, schwärmt sie.

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Das gemeinsame Ding

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Monika Celina Krot; Foto Steffi Henn

Monika Celina Krot;
Foto Steffi Henn

Dabei weiß sie, dass „richtig gute Szenen nur im Team entstehen“. Das sei „ein gemeinsames Ding“. Sie möchte nach Absprache auch mit dem Regisseur „im Zusammenspiel den Anderen zum Leuchten bringen“. Und im besten Fall dazu gebracht werden.

Die Herangehensweise der Schauspielerin ist, sich nicht ausschließlich auf sich selbst zu konzentrieren, sondern auf ihr Gegenüber: „Durch Reagieren entsteht Geben und Nehmen.“ Gleichwohl weiß sie, dass es nicht funktioniert, beispielsweise krampfhaft traurig sein zu wollen in der Rolle. „Das passiert, wenn ich mich fallen lasse, in dem Moment bin, den wir gemeinsam schaffen.“

Verständlich irgendwie, dass Monika als eine Traumrolle benennt, „die Marlene Dietrich nochmal spielen“ zu wollen. Nochmal? „Ja, ich habe sie schon im Theater spielen dürfen“, blickt die derzeit Wahl-Berlinerin zurück, „und habe mich mit ihrem Leben beschäftigt. Mit all ihren verschiedenen Facetten möchte ich sie zeigen, die Frau, die nach außen die große Diva war, unnahbar und wahnsinnig stark. Tatsächlich war sie aber auch das zerbrechliche, kleine unsichere, von ihren Selbstzweifeln geplagte Mädchen. Wir sind doch alle gleich, berühmt oder nicht berühmt, erfolgreich oder weniger erfolgreich. Wir werden alle nass, wenn es regnet!“

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Authentisch sein…

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Als Schauspielerin, die sie fasziniert, nennt Monika beispielsweise Julia Roberts, „die zwar total verschiedene Charaktere spielte – wie die Prostituierte in ‚Pretty Woman‘, die Umweltaktivistin in ‚Erin Brockovich‘ oder die Dozentin in ‚Mona Lisas Lächeln‘. In jeder Rolle aber Widerstände überwindet und das mit einer entwaffneten Natürlichkeit.“

„Auch Toni Colette ist großartig“, schwärmt Monika ungebremst weiter: „Sie berührt zutiefst durch ihre Vielschichtigkeit sowie Tiefe und spielt oft gebrochene Figuren.“

Monika Celina Krot;
Foto Carlos Madrid

Die Schauspielerin aus München, die sich auf den ungewissen Weg in die Hauptstadt machte, die auch sonst Wege ging, die kurvig waren, ist jetzt an der Seite von Lukas Gregorowicz und Maria Simon im „Polizeiruf 110-Heimatliebe“ zu sehen. „Ich denke, dass ich für dramatische Charaktere, die im Leben viel durchmachen, gut passe“, schätzt Monika ein, „auch tragisch komische Rollen stehen mir, ich lache sehr gerne über mich selbst, bin auch gelegentlich ein kleiner Tollpatsch…“

Wahrscheinlich – denke ich nach dem Gespräch mit der Schauspielerin – passt noch viel mehr zu ihr. Der Zukunft indes passt mein Orakeln gar nicht. Sie will die Antwort selber geben. Schaun mer mal.

JJ

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Weitere Informationen: Monika bei filmmakers.de

Foto Startseite: OJ Photography

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