Von Schoten, Lausbuamstreichen, Traktoren und einer Schauspielerin

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Kathrin Anna Wagner, aufgenommen im Donauried; Foto Deniz Cetin

Kathrin, aufgenommen im Donauried; Foto Deniz Cetin

Kathrin Anna Wagner wuchs im schwäbischen Teil Bayerns auf (oder im bayrischen Teil Schwabens). Außer einer Schauspielausbildung und laufenden Coachings absolvierte sie ein Lehramtsstudium mit Abschluss Lehrerin für Sport, Kunst und Werken. Sie fährt gekonnt Traktor und kann Kühe melken.

Die junge Frau mit den grünen Augen tanzt, singt und kommt außerordentlich sportlich daher. Sie mischte unter anderem in Sturm der Liebe, Dahoam is Dahoam, Um Himmels Willen oder Ein Sommer im Allgäu mit.

Über all das und ein bisschen mehr erzählt uns die sprachgewandte Kathrin selbst. Hier und jetzt:

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„Ich brenne für jede Figur, die ich verkörpern darf und die andere in mir sehen“

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JJ: Kathrin, erzähle bitte ein bisschen von dem Landstrich an den Ufern der Donau, von den Menschen da und ihrem bezaubernden Dialekt irgendwo zwischen bairisch und schwäbisch.

Kathrin Anna Wagner: Von meinem Heimatdorf aus, das fast 300 Seelen zählt, kann man in die Weite des Donaurieds blicken. In dieser wunderschönen Landschaft, in der meine Familie auch Landwirtschaft betreibt, habe ich schon von Kind auf mitgeholfen. Sei es beim Strohbüschel aufladen, beim Hacken der Felder oder bei der Ernte.

Mit einer großen Kutsche angehängt, bin ich mit dem Bulldog durchs Dorf gefahren und habe die „Hackfrauen“ eingesammelt, um dann gemeinsam aufs Feld zu fahren. Es war eine sehr glückliche Kindheit mit viel Natur, Tieren, aber auch Arbeit.

Auch heute komme ich immer wieder gerne nach Hause, um meine Familie zu besuchen, Kraft in der Natur zu tanken und meinen Dialekt ausgiebig sprechen zu können. Dieses Bayerische Schwäbisch ist lieblich, ohne zu verniedlichen und erdig, ohne derbe zu sein.

JJ: Hast du dort, während deiner Kindheit schon, die improvisierten Bühnen in der elterlichen Wohnung oder der Theater-AG in der Schule gestürmt, warst du die in der Mitte des Kreises?

Kathrin Anna Wagner: In meiner Kindheit habe ich die größten „Schoten“ gebracht, die heute noch von meinen Eltern und Geschwistern erzählt werden. Ich war ein kleiner „Lausbuo“, hab die anderen zum Lachen gebracht, aber auch bis zur Weißglut (wie man bei uns so schön sagt). Ich habe schon immer die Bühne in meinem Leben gesucht. Je mehr Menschen zusahen, desto besser! Sei es auf Geburtstagen und Feiern mit einem Gedicht, Sketch, Tanz oder auch als Alleinunterhalter mit meiner Heimorgel. Als Lektorin in der Kirche, als Hip-Hop-Tänzerin oder auch als Gerätturnerin auf Turnshows und Wettkämpfen.

Kathrin Anna Wagner, Foto Ilka Hummel

Kathrin, Foto Ilka Hummel

Komischerweise habe ich nie in einer Theater-AG mitgespielt, das war mir immer zu langweilig. Auch war ich in der Schule nicht diejenige, die immer die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ich bin zwar ein kleines Powerbündel, aber eher zurückhaltend und würde mich in meiner Art nicht als laute Person bezeichnen.

JJ: Entstand in dir der Wunsch beziehungsweise dann der Entschluss, Schauspielerin zu werden, eher spontan oder eher peu à peu?

Kathrin Anna Wagner: Bereits in Freundinnen-Alben habe ich bei „Berufswunsch“ Schauspielerin und Lehrerin angegeben. Beides bin ich geworden. Allerdings habe ich meinen Herzenswunsch, Schauspielerin zu sein, immer in mir behalten und habe es niemandem erzählt. Nicht einmal meine Familie wusste davon. Vielleicht auch deswegen, weil keiner aus meinem Bekannten- oder Verwandtenkreis einen künstlerischen Beruf ergriff.

Ich wusste ja gar nicht, wie ich das angehen sollte. So habe ich, wahrscheinlich aus einer Art Sicherheitsdenken heraus, zuerst den Beruf der Lehrerin eingeschlagen. Als ich dann – neben dem Lehramtsstudium – am Theater in Augsburg als Statistin tätig war und regelmäßige Schauspieltrainings besuchte, habe ich mir genau eine Schauspielschule herausgesucht, auf die ich gehen wollte.

Ich habe also alles auf eine Karte gesetzt und sprach dort vor. Und als ich tatsächlich genommen wurde, wusste ich, dass ich jetzt meinen Traum verwirklichen darf. Meine Familie war nicht einmal sehr überrascht darüber und stand von Anfang an hinter meinem Entschluss – obwohl manche mich schon fragten, „ob ich noch ganz sauber sei“ (auf gut bayerisch gesagt).

JJ: Hattest du an der Schauspielschule oder auch während deiner ersten Engagements das Gefühl: Ja, hier bin ich richtig!?

Kathrin Anna Wagner: Das Gefühl, dass ich hier jetzt richtig bin im Schauspiel, trage ich tief in mir. Denn nichts beflügelt mich mehr. Ich kann all meine Talente ausleben, von denen ich ja so einige geschenkt bekommen habe. Keine Frage: Der einfachere und wirtschaftlich sichere Weg wäre der der Lehrerin gewesen. Denn ich musste jetzt am Anfang auch auf vieles verzichten und mit dieser Unsicherheit lernen umzugehen.

Doch ich hoffe, dass Mut, Fleiß, Talent und Durchhaltevermögen belohnt werden. Bisher hatte ich auch immer wieder Glück und bin für alles dankbar, was ich bis jetzt bekommen habe. Und da ich gerade in einer großen Theaterproduktion stecke, mit über 50 Spielterminen, kann ich etwas geduldiger auf die nächsten Drehtage hoffen.

JJ: Kathrin, hat dir im Jahr 2014 deine Mitwirkung in Shakespeares „Wie es euch gefällt“ Lust auf mehr gemacht?

Kathrin Anna Wagner: Speziell auf dieses Stück bezogen, kann ich das jetzt nicht behaupten. Generell ist es mir gleich, ob ich einen Shakespeare spiele oder etwas anderes. Das Spiel bleibt für mich dasselbe, nur die Sprache und äußere Umstände sind andere.

Mich zieht es aber schon von Anfang an mehr zum Film und Fernsehen, da ich meiner Meinung nach tiefer und feiner Emotionen darstellen, aber auch reduzierter spielen kann. Auf der anderen Seite merke ich im Moment, dass ich mich im Theater mehr ausprobieren und vielleicht noch mehr meine Talente einbringen darf.

JJ: Und was möchtest du, wenn du die freie Wahl hast, in einem Film oder in einer Fernsehserie spielen – oder mit wem, welches Genre…?

Kathrin Anna Wagner: Da gibt es so viel, das ich gerne spielen würde: Da ich eine waschechte bayerische Schwäbin bin und das ein so wunderbarer Dialekt ist, würde es mich sehr freuen, diesen auch in unserem Bayerischen Fernsehen vertreten und publiker machen zu dürfen. Wir haben da ja in Bayern so einige Dialektproduktionen: Serien, sowie Bayerische Komödien und Krimis.

Kathrin Anna Wagner, Foto von Clemens Haardiek

Kathrin, Foto von Clemens Haardiek

Ebenso liegen mir historische Dramen und Heimatfilme sehr am Herzen. Da ich mich nicht nur im Dialekt zeigen möchte, fände ich Krimis, Dramen und ScienceFiction am spannendsten: zum Beispiel als eine taffe, lässige Kripobeamtin oder aber eine kämpferische, rebellische Figur.

Meine weiche Seite würde ich gerne in Romanen und Märchen zum Ausdruck bringen. Aber ganz ehrlich: Da ich es mir noch nicht aussuchen kann, was ich spielen darf, bin ich über jede Rolle glücklich und dankbar. Ich brenne für jede Figur, die ich verkörpern darf und die andere in mir sehen.

JJ: Was fühlst, denkst oder spürst du, wenn du – egal ob Bühne oder Kamera – in deiner Rolle bist, exakt in jenen Momenten? Wann gehst du rein in den Charakter, wie schnell bist du raus?

Kathrin Anna Wagner: Wenn ich in der Rolle bin, in ihren Emotionen, dann muss ich nicht mehr darüber nachdenken, wie handelt, spricht, denkt, bewegt, reagiert diese Person. Dann kommt das von innen heraus. Wenn ich mich selbst überraschen kann, wenn mich Emotionen in der Rolle überkommen, dann weiß ich, dass ich ganz in der Rolle bin.

Aber dafür ist meist eine intensive und zeitaufwendige Vorbereitung notwendig. Eine Rolle wieder abzulegen, fällt mir sehr leicht, damit wieder Platz für Neues ist.

JJ: Und was für eine Rolle spielen dabei die Schauspielkollegen? (ich gehe bei der Frage von bestens aufgelegten Kollegen in Höchstform aus)

Kathrin Anna Wagner: Gute Schauspieler puschen mich natürlich auch in meiner Leistung. Ich richte mein Spiel an das Spiel des Partners aus, um aufeinander reagieren zu können und offen zu bleiben, was kommt. Sollte aber die Energie, Spielweise etc. so gar nicht zu meiner Intention der Szene passen, so nutze ich das trotzdem für mein Spiel und wandle es für mich passend um.

JJ: Was machen Sport oder Tanz mit dir, Kathrin, beispielsweise Tai Chi oder Hip-Hop? Hilft es dir irgendwie – direkt oder indirekt – beim Schauspiel?

Kathrin Anna Wagner: Sport spielte schon immer eine große Rolle in meinem Leben, ob als Gerätturnerin oder beim Hip-Hop-Tanzen. Mit Sport kann ich mich auspowern und bin ausgeglichener. Es macht mir einfach Spaß, mich zur Musik zu bewegen und Grenzen auszutesten.

Kathrin Anna Wagner, Foto Ilka Hummel

Kathrin Anna Wagner, Foto Ilka Hummel

Als Schauspielerin ist es wichtig, ein gutes Körpergefühl zu haben, um völlig frei spielen zu können. Das strahlt man auch aus. Der Körper ist das wichtigste Gut, das wir Menschen haben. Deshalb achte ich darauf, gesund und fit zu sein.

JJ: Hattest du schon mal, oder auch öfter, Highlight Momente beim Schauen eines Filmes; Momente, die du wahrscheinlich nie vergisst? Oder magst du eine Serie total?

Kathrin Anna Wagner: Highlight Momente passieren mir hauptsächlich in Dramen, die mich sehr berühren. Wie beispielsweise die deutschen Filme „Hin und Weg“ oder „Halt auf freier Strecke“. Letzteren haben wir zusammen auf der Schauspielschule angesehen. Dort hat es mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Emotionen überkamen mich und ich musste wie ein Wasserfall weinen. Das ist so ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

JJ: Zu guter Letzt lege ich mal vor: Ich habe vor Jahren einen für mich langweiligen Film mit Michelle Pfeiffer gesehen und am Ende gemerkt, dass ich die gesamten 90 Minuten dennoch gebannt vorm Fernseher saß und hinein starrte. Vielleicht auch, aber garantiert nicht nur, weil sie eine schöne Frau ist. Hauptsächlich eine fantastische Schauspielerin, wie zum Beispiel in „Dangerous Minds“ (gar kein langweiliger Film).

Jack Nicholson haut mich ebenso immer wieder um. Indes muss ich, um fantastische Schauspieler/innen nennen zu können, nicht nach Übersee. Axel Milberg, Dieter Mann, Katharina Heyer oder Corinna Harfouch begeistern mich hierzulande (und viele, viele mehr). Jetzt bist du dran. Wer begeistert dich von den Kolleginnen oder Kollegen – und warum? Wenn möglich, ein wenig über die politisch korrekte Antwort „es sind so viele, ich müsste zu viele weglassen“ hinaus.

Kathrin Anna Wagner: So wie du das beschrieben hast, ergeht es mir mit der amerikanischen Schauspielerin Amanda Seyfried. Ihre charismatische Art lässt mich auch eine langweilige Story vergessen.

Meine Wunsch-Spielpartner (um auch Punkt 6 zu vervollständigen) sind sehr erdige, eigene und pure Schauspieler. Eines meiner Idole ist Marianne Sägebrecht. Ihre unverschnörkselte, natürliche Art mag ich sehr. Bleiben wir bei der Frauenpower: Heike Makatsch, Jessica Schwarz und Martina Gedeck faszinieren mich.

Florian David Fitz und Milan Peschel sind auf der einen Seite sehr lustig und auf der anderen können sie auch sehr gut dramatische Figuren verkörpern. Ulrich Matthes und der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen haben eine solch besondere, außergewöhnliche Art, die mich beeindruckt. Christoph Waltz: seine kindliche, naive und zugleich sehr intelligente und freche Art zu spielen.

Kathrin, Foto von Deniz Cetin

Kathrin, Foto von Deniz Cetin

Oder die sensible, tiefe und vielschichtige Art von Martin Feifel berührt mich immer wieder. Mit ihm, Bruno Ganz oder Tobias Moretti einst spielen zu dürfen, wäre schon ein Highlight in meinem beruflichen Leben. Ich finde, wir haben in Deutschland so viel großartige Schauspieler und auch Produktionen, dass ich stolz darauf wäre, ein Teil davon sein zu dürfen.

JJ: Danke, viel Erfolg, mehr Spaß, noch mehr Gesundheit dabei.

Kathrin Anna Wagner: Ich danke dir sehr für dieses Interview!

Weitere Informationen: Kathrins Profil bei filmmakers oder Kathrin auf der Webseite ihrer Agentur

 

Foto Startseite: Deniz Cetin

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