Der Ritt auf dem Surfbrett

 

Dina Hellwig, Foto von ® Kerem Bakir

Dina Hellwig,
Foto von ® Kerem Bakir

Was oder wen möchtest du gerne mal spielen, frage ich Dina Hellwig, und sie antwortet „einen Superhelden“. Weil mir in dem Moment eine der ersten Superheldenfiguren überhaupt einfällt, frage ich eher augenzwinkernd „Wonder Woman?“ und die Schauspielerin sagt „ja!“.

„Ja“, wiederholt sie, „Wonder Woman! Oder eine Agentin. Hauptsache die Welt retten.“

 

 

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„Es war es immer schon das, was ich machen wollte“

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Action also durch und durch im Leben, in den Gedanken und Träumen von Dina? Nicht wirklich. Natürlich nicht. Die Berlinerin verbindet mit ihrer Heimatstadt, der drei Millionen Metropole, wenn sie an ihre Kindheit und Jugend zurück denkt, nicht den Trubel, nicht die Hektik und auch nicht in erster Linie das pulsierende Leben. „Der Wald, nicht weit vom Haus in Spandau“, erinnert sie sich, „war mein Rückzugsgebiet, meine Geborgenheit – meine Flucht vor der Zeugen Jehovas Religion zuhause. Der Geruch, die Natur… Wann immer es ging, borgte ich den Hund einer Freundin aus, der mir zusätzlich Sicherheit gab, und gemeinsam mit mir zwischen den Bäumen und Sträuchern umher streifte.“ Der Hund schnüffelte, das Mädchen träumte – endlich…

Unter anderem träumte Dina von dem, was sie mit staunenden Kinderaugen sah, wenn eine Theatertruppe in ihre Schule kam und ein Stück aufführte, von den eigenen Aktivitäten in der Theater-AG, vom „Karneval der Tiere“, in dem sie den Schwan geben durfte. Wovon sie nicht träumte war, dass die Schauspielerei mal ihr Leben, ihr Beruf sein könnte. Das war in der Religion des Elternhauses nicht vorgesehen.

„Im Nachhinein betrachtet“, sinnt die junge Frau inzwischen nach, „war es immer schon das, was ich machen wollte, auch wenn ich es nie als Beruf (im Sinne von zur Arbeit gehen) empfand – eher als Passion oder Berufung.“ Und Dina korrigiert: „Berufung ist ja Beruf ;-).“

Dina Hellwig; Foto ® Kerem Bakir

Dina Hellwig;
Foto ® Kerem Bakir

Erst spät startete die 1,68 Meter Frau demnach in dieser Hinsicht so richtig durch. „Aus heiterem Himmel“, präzisiert sie, „als ich 18 war, volljährig also, konnte ich machen was ich wollte – und mit 19…20… schloss ich eine emotionale Lücke in meinem Leben mit dem Entschluss: Jetzt studiere ich Schauspiel!“

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„Die Welt dreht sich weiter, aber ich bin im Moment“

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Und wenn sie dann spielt, wenn Dina Hellwig am Kameraset steht, wenn der Regisseur „Bitte“ sagt und sie hinein muss in die Rolle, die sie darstellt, ist sie „lange vorher da“. „Ein, zwei Tage, eine Woche vorher schon, da ziehe ich mich zurück“, erzählt sie, „im Moment des ‚Bitte‘ bin ich dann wirklich zu 100 Prozent drin, weiß, wo die Figur ist, wo sie her kommt, wo sie hin will. Ich bleibe ich, bin mit meinen Empfindungen, mit meiner Moral für den darzustellenden Charakter da und kann mich gleichzeitig kontrollieren und abfangen. Die Welt dreht sich weiter, aber ich bin im Moment. Irgendwie sind das zwei Ebenen. Das ist der Reiz!“

Einer der Reize genau genommen. Denn sie sind ja auch noch da – die Kollegen. „Bietet mir ein Partner etwas an, nimmt er mich mit. Wir verbinden uns. Zu einer Energie im Raum. Und wir setzen weitere Energien frei. Es entsteht ein Flow. Das ist ein Geschenk!“

Wenn die Schauspielkolleginnen- oder Kollegen eine Überraschung anbieten, aus dem scheinbaren Nichts heraus, nicht festgeschrieben, nicht verlangt; entstehen mitunter für Dina „lustige Momente“. „Ich bin selbst überrascht und vernehme das ‚Oooohhh‘ aus dem Hintergrund, muss gleichwohl die Konzentration bewahren, drinnen bleiben und in einer Millisekunde entscheiden ‚ist es gut, ist es schlecht?‘; mich fallen lassen, mitgehen, auf das Surfbrett steigen.“

Die Erklärung für die Faszination Schauspiel der sportlichen Berlinerin blinzelte bei all dem schon durch. „Wenn ich zuschaue, gehe ich mit dem Darsteller in die Rolle“, ergänzt sie, „ich springe in die Gefühlsebenen hinein, frage mich, wie sowohl der Schauspieler als auch die Figur empfinden. Es ist schön, wenn ein Film mich und viele andere berührt.“

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„Sie musste einfach nur da sein“

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Dina Hellwig, Foto von Urban Ruths

Dina Hellwig,
Foto von Urban Ruths

Agiert die rot-blonde Frau selbst, verliert sie sich „in der Geschichte wie in einem anderen Kosmos“, sie nimmt die einzelnen Sätze, den gesamten Text „wie ein Puzzle zunächst auseinander“ und setzt „das Ganze dann wie ein Bild zusammen“. Dina liebt die gesamte Bandbreite der Emotionen, vom Lachen bis zum Weinen: „Dadurch erwecken wir die Geschichten zum Leben!“

Diejenigen, die das in ihrer ganz individuellen Wahrnehmung immer wieder und sehr intensiv schaffen, sind beispielsweise Amy Adams, Charlize Theron oder Javier Bardem und Christian Bale. „Die packen mich total“, zeigt sich die junge Frau begeistert, „das ist dann, verglichen mit anderen sehr, sehr guten Schauspielerinnen und Schauspielern, als kämen sie von einem ganz anderen Planeten, ich krieche oder falle einfach hinein. Und ich denke, das ist eine energetische Sache, nicht zu erklären.“ Vielleicht noch einen drauf setzte da Romy Schneider: „Sie musste einfach nur da sein!“

Dina Hellwig, die während ihres Schauspielstudiums im Nebenfach Tanz und Gesang abschloss, arbeitet zudem bei Jazzradio 106,8 Berlin als Moderatorin. “Am Anfang habe ich Werbespots gesprochen, dann kam ein versehentlicher Anruf wegen meines Einsatzes als Moderatorin, den ich überrascht abwimmelte und wofür sich die Kollegen entschuldigten“, berichtet die Hauptstädterin, „dann dachte ich ‚aahhh, geil, das kann ich mir vorstellen‘ und ‚warum eigentlich nicht?‘. Meine Stimme passt zum Jazzradio und es macht Spaß, zu wissen, dass weltweit Menschen zuhören, sich freuen, einen schönen Nachmittag haben und wir dadurch miteinander verbunden sind. Und es macht Spaß, dafür Geld zu bekommen.“

Dinas Heimat- und Berlingefühl hat sich mit der Zeit und den Entwicklungen ein wenig verändert. Inzwischen ist es mehr als Spandau und der Wald. „Es ist wie ein neues Kennenlernen“, verrät sie, „die Stadt ist generell sehr grün. Mittlerweile mag ich Kreuzberg, das früher fast verbotene Zone für mich war, auch Prenzlauer Berg, den Ku’damm natürlich, die hippen jungen Leute, die Jazzbars in Charlottenburg… das warme, tolle Gefühl ist geblieben.“

Dina Hellwig; Foto (c) Heike Ulrich Fotowork

Dina Hellwig;
Foto (c) Heike Ulrich Fotowork

Dafür gingen Jahre ins Land. Ein oder zwei Minuten hat die Schauspielerin indes nur gebraucht, um ihrer „Superhelden“-Antwort auf meine „Traum“-Frage noch hinzuzufügen: „In einem historischen Film mitspielen, um 1800 oder 1900 herum – eine spannende Zeit für mich. Oder mal mit Woody Allen arbeiten… Oder Daniel Craig gegenüber stehen!“ Bei Daniel Craig hat sie von Arbeit nichts gesagt 😉

JJ

 

Weitere Informationen: Dina auf Filmmakers

 

Foto Startseite: (c) Heike Ulrich/Fotowork

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