Abwechslung bitte!

 

Irgendwie eine Weihnachtsfeier, irgendwo in Sibirien, irgendwann in den 90ern. Mittendrin die damals fünfjährige Alexandra Schiller. Kinder sollen auf die Bühne und etwas vortragen. Die kleine Sascha (Kosename für Alexandra) meldet sich. Freiwillig. Beherzt schreitet sie die Treppen hoch zur Empore. Wer weiß, als wer oder was sich das Mädchen, das in Gedanken jeden Tag in einen anderen Charakter, in eine andere Rolle schlüpft, gerade fühlt. Als die Märchenfigur Ilja Muromez, die Sagengestalt Baba Jaga? Auf jeden Fall mutig. Bis sie sich umdreht. Und sieht, dass da viele, viele Leute sitzen und an ihren Lippen kleben. Die eben noch Heldin bekommt einen Heulkrampf. Erstmal. Dann wird sie wieder Heldin und trägt ihr Gedicht vor.

 

So beginnen Schauspielkarrieren. So oder anders. Oft über Umwege.

 

Alexandra Schiller tänzelte zunächst durchs Leben. „Ich habe alles ausprobiert“, erinnert sie sich an die Zeit nach der Ankunft als sieben Jahre junge Schulanfängerin in Deutschland. Spätestens mit zwölf wollte sie dann nichts als Tänzerin werden, besuchte eine Ballettschule, genau 20 Stunden pro Woche und gab als 15jährige während einer Aufführung die Cinderella. Schon da hörte sie den Satz: „Du hast eine gute Bühnenpräsenz!“ Und auch die Feststellung: „Gut gespielt!“

Alexandra, Foto: Felon Photography

Alexandra, Foto: Felon Photography

 

„Das hat mich damals noch nicht interessiert“, erinnert sich die (inzwischen) Schauspielerin. Im Alter von immer noch 15 nahm die Geschichte dann endgültig ernsthafte Züge an, Alex absolvierte das Ballett-Gymnasium in Essen-Werden. Im Anschluss studierte sie zeitgenössischen und klassischen Tanz in Frankfurt an der „Hochschule für Musik und Darstellende Kunst“.

„Eigentlich“, erinnert sie sich, „hätte ich einen Vertrag mit einer Company unterschreiben können.“ Aber was ist schon eigentlich? „Ich wollte weiter lernen, zeitgenössischer Tanz schien mir zu abstrakt. Lieber etwas, wo die Menschen mich verstehen…“ Dachte Alex und plauderte in einem Café mit einem Freund darüber. „Ein Mädchen, selbst Schauspielschülerin, bekam das mit und sprach mich an.“

 

So setzen Schauspielkarrieren sich fort. So oder anders. Oft dann auch ohne Umwege.

 

An der empfohlenen „Film Acting School Cologne“ sprach Alexandra Schiller vor und wurde angenommen. „Die Schule ist auf Film und Kamera spezialisiert – und von Bühne hatte ich erstmal genug. Die Philosophie ‚Wir brechen die Leute nicht‘ gefiel mir – vom ‚brechen‘ hatte ich auch erstmal genug. Und es dauerte nur zwei Jahre“, schildert die 1,70 Frau das Angebot, das sie nicht abschlagen konnte.

Nach dem Abschluss hatte sie zwei Berufe. „Schauspielerin wollte ich mich noch nicht nennen zu diesem Zeitpunkt“, erwies Alexandra sich aber anspruchsvoll, vor allem sich selbst gegenüber. „Erst nachdem ich in den letzten Jahren an vielen Projekten mitgewirkt hatte, fühlte ich mich so, dass ich mich wirklich Schauspielerin nennen konnte!“

Das Gefühl, das Set zu betreten, ist – für die Darstellerin in ihr – ähnlich wie für die Tänzerin, in einen Ballettsaal zu schreiten: „Die ganze Welt ist außen vor, ich bin voll auf mich konzentriert, in den heiligen Räumen. Oft sind bei einem Dreh lange Wartezeiten, viele Leute stehen um die Kamera und es ist faszinierend, dann auf den Punkt zu funktionieren. Es ist immer wieder spannend, mit neuen Kollegen anders zusammen zu arbeiten. Und nur wenn jeder sein Bestes gibt, kommt ein gutes Ergebnis heraus.“

Bild von: Marcus Fotos

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Marcus Fotos

Ebenso wie nach dem körperlichen Tanzerlebnis sei das eher emotionale Schauspielerlebnis „im Nachhinein wie eine Stunde Sport“. Zudem, so erkennt Alexandra Schiller, helfe ihr die Ballettausbildung immens auch im jetzigen Beruf, „diszipliniert und gut vorbereitet zu sein, immer überpünktlich!“

 

Tanz, Schauspiel… Reicht das?

 

Alexandra nicht. Sie kann Inlineskaten, Schlittschuhlaufen, betreibt Yoga, Pilates und rennt furchtlos Häuserwände herunter (House Running). Reicht aber immer noch nicht. Dr. Eckart von Hirschhausen, den sie auf Tour mit dessen medizinischem Kabarett begleitet, diagnostizierte irgendwann mal: „Mach‘ Comedy!“ Und der Mann weiß, was er spricht. ‚Nö‘, dachte Alex, ‚das ist was völlig anderes. Und was, wenn ich auf die Bühne gehe und keiner lacht?‘
Klingt irgendwie nicht nach der kleinen Sascha von damals, die sich schon als Fünfjährige mutig der Herausforderung Publikum stellte – und auch nicht nach der Alexandra, die fleißig und bis zum Abwinken Ballettschritte trainierte. Also setzte ihr anfangs zögerlicher Gedankengang sich fort: ‚Eigentlich hat er recht. Ich probiere gerne neue Sachen aus. Was soll schon passieren?‘

 

Rauf auf die Bühne!

 

In der Berliner „Scheinbar“ bestritt die Schauspielerin ihren ersten siebenminütigen Stand-up-Comedy Auftritt. Mit – vom Schreiber dieser Zeilen subjektiv gesehen – großem Talent, was sowohl den famosen Einsatz von Mimik und Gestik anbelangt, als auch den passgenau akzentuierten Gebrauch der Sprache. Hierbei kommt Alex zu Gute, dass sie es vermag, in einem Gespräch so schnell zu reden, dass ihre Antworten schon vor den Fragen da sind – und das, ohne auch nur einen Buchstaben zu verschlucken, nur ein Wort undeutlich klingen zu lassen. Selbstkritisch, wie sie ist, schätzte sie ihre mittlerweile drei Comedy Auftritte etwas zurückhaltender ein: „Wenn, dann wird es ein langer Weg. Bühne macht Spaß, das Gag-Schreiben weniger.“

Lieber als Szenen-zu-Papier-bringen ist der Darstellerin, „wenn andere schreiben oder inszenieren und dann komme ich und setze um.“ Wenn dann auch noch, wie schon geschehen, zufällig die Autorin am Set steht und zu ihr sagt: „Ganz genau so habe ich mir das vorgestellt“, ist die Welt in Ordnung. Für den Moment. Dann will Alexandra Schiller aber auch schon weiter.

Alexandra, Foto: Felon Photography

Alexandra, Foto: Felon Photography

 

Sie liebt und braucht Abwechslung.

 

„Das ist mir wichtig“, macht sie deutlich, „immer wieder neue Situationen… im Schauspiel gibt es dafür unendlich viele Bereiche… von dem Beruf leben, um mich darauf konzentrieren zu können… und als großes Ziel… auch Actionfilme.“ Dafür ist sie ja prädestiniert, tänzelnd Häuserwände runter rennen, Bösewichte in Lachkrämpfe quatschen und dann auch schon weiter. Abwechslung haben.

JJ

Weitere Informationen: http://www.alexandra-schiller.com/

Foto Startseite: Marcus Fotos

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