Unvorhersehbare Momente

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Vanessa Flüchter; Foto © Holger Fiebig

Vanessa Flüchter;
Foto © Holger Fiebig

Vanessa Flüchter geht es wie vielen Schauspielerinnen. Sie will (fast) alles spielen, von der Komödie bis zum Horror. Kollege Nikolai Will, der mit ihr den Insta-Channel „Mandy und Wilfried“ verkörpert, sagt über die 1,61 Meter Frau mit den grünen Augen:

„In Vanessa steckt ein großer Reichtum an – vor allem – komödiantischen Figuren, Kreativität und Spielfreude, und ganz besonders im Sprachlichen eine große Spielspannbreite! Bei der ‚Mandy‘ gefällt mir vor allem, dass sie keine billige Kopie ähnlicher Figuren ist, sondern unter dem Klischee etwas sehr Echtes/Eigenes steckt, was auch immer mehr in kommenden Folgen zum Tragen kommen wird. Ich hoffe sehr, dass sie in den nächsten Jahren von Castern entdeckt wird und sie ihre große Chance bekommt!“

Wie sie ihren Beruf sieht, wie sie dazu kam und wie es weiter geht – und einiges mehr – erzählt uns Vanessa mal eben selbst. Nur hier, nur jetzt:

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„… mal in einem Psychothriller eine Stalkerin spielen oder ermordet werden…“

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JJ: Vanessa, beginnen wir doch mal eben in der Zukunft; wenn es nach dir ginge, was, mit wem, wo, in welchem Genre würdest du schauspielerisch tätig sein?

Vanessa Flüchter: Am schönsten wäre es für mich im Comedy Bereich. Mein großer Traum ist es, einmal auf einen Kinofilmplakat zu sein. Wenn es dann noch eine Komödie wäre, würde ich mich sehr freuen.

Außerdem bin ich auch ein riesiger Horrorfilmfan, aber das Genre setzt sich ja leider hier nicht so durch. Vielleicht klappt es zumindest mal in einem Psychothriller eine Stalkerin zu spielen oder ermordet zu werden.

JJ: Du hast beispielsweise in „Rabenmütter“, „Hotel Heidelberg“ oder „Die Eifelpraxis“ mitgemischt. Erzähle mal ein bisschen, war das deine Welt – recht erfolgreiche Produktionen mit renommierten Kolleginnen und Kollegen?

Vanessa: Das war natürlich jedes Mal sehr aufregend. Bei „Rabenmütter“ hatte ich meine erste größere Rolle überhaupt. Ich fahre dann vorher in Gedanken Horrorszenarien (vieleicht doch zu viele Horrofilme geguckt), was alles schief gehen könnte. Dass ich beispielsweise nicht hinkomme, weil keine Bahn fährt.

Vanessa Flüchter, Foto © Karin Maigut

Vanessa Flüchter,
Foto © Karin Maigut

Deshalb fahre ich schon immer sehr früh los. Bei dem Dreh hatte ich mir gedacht, dass ich mit dem Fahhrad zur Straßenbahn fahre, um einmal umsteigen zu sparen. Und was war? Die Kette flog aus meinem Fahrrad.

Ich wollte mit dem Bus zur Bahn fahren, der Busfahrer hätte mich fast nicht rein gelassen, weil es tagsüber nicht erlaubt ist, das Fahrrad mit in den Bus zu nehmen. Zum Glück hat er sich doch erbarmt. Da ich so früh losgefahren bin, war ich trotzdem super pünktlich. Das Team war super lieb und alles war sehr entspannt, das schwappt dann sofort auf mich über und es kann gar nichts mehr schief gehen.

JJ: Was ist deine ganz persönliche Faszination Schauspiel, warum stehst du gerne auf der Bühne oder vor der Kamera? Und: Was fasziniert dich als Zuschauerin an dem, was die Kolleginnen und Kollegen da treiben?

Vanessa: Für mich ist Schauspielerei, wie für viele, ein Kindheitstraum. Ich fokussiere mich zur Zeit nur auf den Bereich Film/Fernsehen/Internet und was da noch alles dran hängt. Am interessantesten finde ich Rollen, die sehr abgedreht sind und möglichst weit von mir weg.

Spannend finde ich natürlich auch, andere Schauspieler zu bestaunen und zu beobachten, wie sie bestimmte Dinge spielen. Wobei ich mir am liebsten Leute anschaue, die ich kenne. Da ist es um so verblüffender, wenn sie auf einmal jemand ganz anders sind. Und ich kann natürlich einfach fragen: „Hey, wie hast du das gemacht?“.

JJ: Du stehst vor der Kamera und der Regisseur sagt sein „und bitte“. Was geht in dem Augenblick (und in den Momenten davor und danach) in dir vor; wer bist du, was denkst oder fühlst du?

Vanessa: Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich bin natürlich aufgeregt, versuche mich auf meine Rolle zu konzentrieren – gepaart mit den Regieanweisungen, die ich dazu bekommen habe.

Ich finde es beispielsweise sehr herausfordernd, wenn ich eine emotionale Szene spiele und gleichzeitig darauf achten muss, keine Anschlussfehler zu machen, auf meiner Marke zu stehen usw. Aber am Ende bin ich stolz, wenn ich es gemeistert habe.

JJ: Was machen dabei die Schauspielparter/innen mit dir, wie wichtig sind sie?

Vanessa: Wenn ich einen Spielpartner habe, versuche ich, mich sehr auf ihn zu fokussieren, statt nur bei mir zu bleiben. Dadurch entstehen oft ganz unvorhersehbare Momente. Zusätzlich hilft seine Sicht meiner Rolle beim Spiel. Und man hat natürlich jemand, mit dem man im selben Boot sitzt und kann sich gegenseitig gut helfen.

JJ: Mir haben Kolleginnen und Kollegen erzählt, dass sie sich erst mit dem Diplom in der Hand wie richtige Schauspieler gefühlt haben – oder ganz anders, dass das für sie keine Rolle spielte, sondern viele und gute Engagements. Wie ist das bei dir, Vanessa?

Vanessa: Ich glaube, dass ich mich als Schauspielerin fühlte, das war, als ich mich das erste Mal im Fernsehen gesehen habe. Auch wenn ich dann gleich an meiner Miniszene ohne Ende Kritik an mir gefunden habe.

Mandy und Wilfried; Foto © Daniel Dornhoefer

Mandy und Wilfried; Foto © Daniel Dornhoefer

JJ: Ich habe mal vor 100 Jahren während eines Bergfestes den Wilhelm Tell gegeben (also weniger als Amateurbereich). Dabei stellte ich fest, dass ich ab dem Moment, in dem ich den Hut auf dem Kopf und die Armbrust in der Hand hatte, voll in der Figur war. Ich war Wilhelm Tell. Wie ist das bei dir, nehmen wir mal als Beispiel die Mandy; Schminke, Frisur, 80er Jahre Freizeitanzug und drin in der Rolle?

Vanessa: Das sind ganz klar die pinken Strähnen.

JJ: Bleiben wir mal kurz beim Insta-Channel „Mandy und Wilfried“ mit Nikolai Will. Viele sagen, die Menschen zum Lachen bringen ist die Königsdisziplin = am schwierigsten. Ich denke, gleichzeitig macht das den meisten Spaß. Mir haben schon Schauspielerinnen und Schauspieler erzählt, dass die größte Herausforderung und damit in der Konsequenz letztlich die größte Freude ist, Rollen zu spielen, die auch böse sind, menschliche Abgründe beschreiben. Was sagst du? Blöde Frage?

Vanessa: Zu den Rollen mit den Abgründen habe ich mich ja schon geäußert. Ich glaube, da ist die große Masse der Schasupieler/innen gleich :-D.

Was „Mandy und Wilfried“ angeht, wollen wir es uns nicht einfach machen. Nikolai und ich sind beide sehr perfektionistisch und wir haben schon viel gedrehtes Material verworfen, wenn wir nicht 100 Prozent zufrieden waren.

Gleichzeitig wissen wir natürlich, dass Humor sehr subjektiv ist und es nicht jeder lustig finden kann. Um so glücklicher sind wir, wie toll das Projekt bisher ankommt und auch viele Leute, die schon länger in der Branche tätig sind, auf uns zu kommen und sagen, dass sie es toll finden und gerne mal mitspielen möchten.

Auch unter dem Aspekt betrachtet, dass die Idee zu der Serie auf Instagram spontan entstanden ist. Eigentlich hatten wir nur ein „Assi Fotoshooting“ geplant.

JJ: Du scheinst auch sportlich und tänzerisch unterwegs zu sein. Ist das außer fürs Leben auch speziell fürs Schauspiel von Vorteil?

Vanessa: Gerade für mich, die von Natur aus eine Körperspannung wie ein Lappen hat, ist Sport sehr wichtig für die Präsenz vor der Kamera. Ich gehe schon seit Jahren laufen und mache seit zwei Jahren Yoga.

Vanessa Flüchter, Foto © Holger Fiebig

Vanessa Flüchter,
Foto © Holger Fiebig

Gerade letzteres habe ich als perfekte Kombination aus Kräftigung, Dehnung und Entspannung erfahren. Vor allem, wenn ich das Gedankenkarussell nicht mehr aufhalten kann, da ich von Haus aus gerne grübele, hilft mir Yoga, oder auch eine Meditation sehr.

Die Probleme sind danach immer noch da, aber „egaler“. Meine Grundkenntnisse im Standard- und Lateintanz möchte ich, wenn ich die Zeit finde, gerne erweitern. Auch tanzen gehen im Club und abspacken durch die Wohnung mache ich gerne, um den Kopf frei zu bekommen.

JJ: Zum fast Schluss meiner Fragerei gehen wir mal eben auf Anfang. Hat sich in deiner Kindheit schon abgezeichnet, dass du auf Bühnen und vor Kameras möchtest? Wann wurde es ernst?

Vanessa: Meinen ersten Auftritt auf der Bühne hatte ich in der vierten Klasse, wir sollten eine kleine Modenshow für die Erst-Klässler machen. Ich hatte die glorreiche Idee, in Badeanzug, Hut meiner Mutter und Glitzerwassersandalen über die Bühne zu laufen.

Ich glaube, heutzutage würde das niemand mehr erlauben. Das Publikum hatte auf jeden Fall Spaß, ich kann aber nicht sagen, ob sie mit mir oder über mich gelacht haben.

Dass ich Schauspielerin werden will, wusste ich aber schon als Kind. Nach dem Abitur habe ich mich auf fast allen staatlichen Schulen in Deutschland beworben, dort hatte es leider nicht geklappt. Aber dann bin ich an einer Privatschule in Köln angenommen worden, die ich mir mit Schüler BaföG und nebenbei jobben auch leisten konnte.

JJ: Vanessa, ich sehe oft Fotos von dir mit Hund. Erzähle mal ein bisschen, was ist dieser Hund für dich; was bedeuten dir Tiere allgemein?

Vanessa: Also, ich muss schon mein ganzes Leben aufpassen, dass ich nicht zum animal horter werde. Wir hatten in der Familie schon immer einen Hund, aber sonst durfte ich keine Haustiere haben. Das habe ich die letzten Jahre nachgeholt. Ich hatte schon immer zwei große Leidenschaften – Tiere und Schauspielerei.

Deshalb hatte ich nach der Schauspielausbildung noch eine Ausbildung in einer Tierarztpraxis gemacht. Es hat viel Spaß gemacht, aber im Großen und Ganzen fand ich es zu belastend, weiter dort zu arbeiten.

Vanessa Flüchter; Foto © Karin Maigut

Vanessa Flüchter;
Foto © Karin Maigut

Ich wollte schon immer einen eigenen Hund, natürlich hat er einen Filmhundnamen: Gromit. Oft sind Meisterleistungen an Organisation zu leisten, da es alleine schon schwierig ist, aber bisher hat dann immer alles geklappt. Er ist aus dem Tierschutz und war vermutlich sein ganzes Leben im Tierheim und kannte anfangs nichts.

Mitlerweile hat er sich aber gut an alles gewöhnt, bei zwei Drehs war er schon dabei. Aufgrund vermutlich traumatischer Erfahrungen brennt bei ihm aber manchmal eine Sicherung durch. Trotzdem ist er ein toller Hund. Er ist gar nicht so dumm und lernt sehr schnell Tricks. Und mit seinem melancholischen Verhalten musste er auch eine Rolle auf unserem „Mandy und Wilfried“ Channel bekommen. Wir haben einen tollen Illustrator, der regelmäßig Gromits Gedankenwelt zu Papier bringt.

JJ: Danke und viel Spaß weiterhin. Noch mehr natürlich Gesundheit!

 

Weitere Informationen: Webseite von Vanessa oder
Mandy und Wilfried auf Instagram

Foto Startseite: © Holger Fiebig

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