Richtig stehen, Fuß rein!

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Shekiera Martinez, Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez,
Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez spielt in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga  für den 1. FFC Frankfurt Fußball. Ihr Debüt gab sie im Alter von 16 Jahren gegen den 1. FC Köln, das erste Tor schoss die 1,63 Meter große Stürmerin im Februar 2018 gegen Potsdam nach Einwechslung beim 3:3.

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„… gegen einen starken Gegner ein wichtiges Tor“

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„In den Spielen davor hatte ich einen Hänger“, blickt sie zurück, „traf an die Latte und den Pfosten, nur nicht ins Netz. Umso wichtiger war es, dass ich gegen einen starken Gegner ein wichtiges Tor erzielte. Ich erinnere mich genau, auch, wie danach alle Emotionen auf ein Mal in mir waren. Es war einfach nur schön!“

Die junge Frau aus der osthessischen Metropole Fulda kickte zunächst mit den Jungs für den FV Horas, dann im Mädchenteam des SV Gläserzell. Schon derzeit wurde sie regelmäßig in die Hessenauswahl berufen.

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„Mit dem Tore schießen hat es da schon ganz gut geklappt“

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„In Horas und Gläserzell (Stadtteile von Fulda) trainierten wir, wenn ich mich richtig erinnere, zwei Mal pro Woche, hatten an den Wochenenden die Spiele. Die Trainerteams waren gut, es hat Spaß gemacht und gleichzeitig haben wir das Ganze ernst genommen“, erzählt Shekiera von den Anfängen, „mit dem Tore schießen hat es da schon ganz gut geklappt. Gemeinsam mit Lea Schneider (inzwischen auch Frankfurt) von der MSG Lütter führte ich meist die Bestenlisten an.“

So nahm es nicht wunder, dass die 18-Jährige in den Fokus der Nachwuchsabteilung des Bundesligisten geriet. Nach einem Spiel der SV Gläserzell gegen die Frankfurterinnen („ich hatte einen guten Tag erwischt ;-)“ wurde sie zu einem Probetraining eingeladen.

Die Dinge nahmen ihren Lauf. 2016 wechselte Shekiera Martinez zum 1. FFC Frankfurt (zunächst Nachwuchs, dann zweite Mannschaft) und ist inzwischen fester Bestandteil des ersten Teams. In bislang 34 Spielen in der höchsten Liga schoss sie zehn Tore.

Shekiera Martinez, Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez,
Foto von Charlotte Peschmann

Die Angreiferin ist schnell und startet gerne nach Steilpass in den freien Raum. „Ja, mit  wenig Körperkontakt ist mir lieber“, erklärt sie, „aber auch Zuspiele in den Fuß nehme ich mit. Viele von den Mädels können diesen präzisen letzten Ball spielen.“ Deshalb will sie, was den Verein anbelangt, keine einzelne Kollegin herausheben. „In den Nachwuchsnationalteams war es hauptsächlich Ivana Fuso (derzeit FC Basel), mit der ich mich diesbezüglich blind verstanden habe“, ergänzt sie.

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„In dem Moment muss der Kopf ausgeschaltet sein“

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„Manchmal ist es schwieriger, den Ball drüber als rein zu schießen“, stellt die Stürmerin augenzwinkernd fest, „wenn ich das Ziel verfehle, ärgere ich mich. Vor allem, wenn ich nicht konzentriert war, nicht daran gedacht habe, wie einfach es eigentlich ist: richtig stehen, Fuß rein! In dem Moment muss der Kopf ausgeschaltet sein, ich darf relativ wenig nachdenken. Das würde die nötige Konzentration kosten.“ Diese Konzentration hält sie lange aufrecht: „Bis der Ball drin ist! Es kann ein Nachschuss nötig sein. Druck aufrecht halten!“

Fußball schauen ist nicht Shekieras große Leidenschaft, Fußball spielen umso mehr. „Bevor ich im Verein kickte, probierte ich viele andere Sportarten…“, holt sie aus, „… aber Fußball… das ist ganz was anderes! Das ist Team! Das ist spannend! In der Nachspielzeit kann ein Match gekippt werden.“

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„Ich konzentriere mich auf mich und auf uns“

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Shekiera Martinez, Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez,
Foto von Charlotte Peschmann

Wirklichen Vorbildern eifert die junge Frau nicht nach. Und wer im Spiel ihre Gegnerinnen sind, weiß sie zwar; sie geht auch mit großem Respekt zur Sache, wenn es gegen mit renommierten Nationalspielerinnen gespickte Kontrahentinnen geht, gleichwohl agiert sie letztlich nur mit Blick auf das eigene Können – und auf das ihrer Mitstreiterinnen. „Es ist aufregend, beispielsweise gegen Bayern oder Wolfsburg anzutreten“, bestätigt sie in einer Mischung aus Bescheidenheit und Selbstvertrauen, „aber ich konzentriere mich auf mich und auf uns!“

Natürlich hofft Shekiera Martinez – und arbeitet viel mehr darauf hin, dass sie mehr Einsatzzeit bekommt. „In jedem Spiel spielen und auf jeden Fall öfter von Beginn an“, umreißt sie ihr Ziel. Alles andere wäre schlimm für eine ambitionierte Leistungssportlerin. Apropos Ziele: „Die A-Nationalmannschaft. Mit den Frankfurterinnen Meister werden; vielleicht ist das ja in ein paar Jahren möglich, wenn wir uns so weiterentwickeln. Wir werden besser. Das merken wir selbst.“

Die Stadt Frankfurt bezeichnet die Hessin kurz und knapp so: „schön“. Sie fügt hinzu: „Ich habe schon fast alles gesehen und bin gespannt auf das, was ich noch kennenlerne.“

„Die Fans sind einfach nur nette Menschen“, freut sich Shekiera, „es ist immer schön, sie zu sehen. Sie motivieren uns. Das hilft!“

Den Verein hat sie als „sehr professionell geführt und gleichzeitig familiär“ kennengelernt.  Und ihr Team empfindet sie als „gut zusammen gewachsen“, freut sich „immer auf das Training, auf das Zusammensein mit der Mannschaft.“

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„Wir hätten einen Sprung gemacht!“

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Shekiera Martinez, Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez,
Foto von Charlotte Peschmann

In der aktuell ruhenden Saison 2019/2020 stehen die Fußballerinnen aus der Stadt am Main auf dem sechsten Tabellenplatz. „Wir könnten weiter vorne mitspielen“, ärgert sich Shekiera Martinez und bleibt gleichwohl optimistisch: „In die Rückrunde sind wir gut reingekommen…“

… dann trat das ein, was zwar alle verstehen und worüber sich doch alle ärgern – mit dem gesamten gesellschaftlichen Leben musste auch der Sport lahmgelegt werden. Die Frankfurter Angreiferin kann also nur spekulieren, das indes nicht nur voller Hoffnung, sondern recht überzeugt. „Wir hätten einen Sprung gemacht!“ Nach oben in der Tabelle. Stand jetzt (Ostern) kann sie das mit ihren Mädels vielleicht beweisen, vielleicht nicht (falls die Saison beendet wird).

Die Endrunde der UEFA-U19-Europameisterschaft für Frauen, die vom 21. Juli bis 2. August in Georgien stattfinden sollte, ist schon mal abgesagt. Bleibt Shekiera, was die internationalen Auftritte für Deutschland anbelangt, zunächst die Erinnerung.

Bei der U17-EM 2018, die die DFB-Auswahl als Zweite beendete, traf die damals 16-Jährige neun Mal  – Turnierrekord! „Wir waren ein starkes Team“, blickt sie gerne zurück, „haben in jedem Spiel von Beginn an Druck gemacht, dadurch früh Tore geschossen. Das hat die Gegnerinnen eingeschüchtert und uns Spaß gemacht. Das führte zu noch mehr Druck – es fielen noch mehr Tore. Wenn wir Freundinnen von damals uns jetzt treffen, was leider viel zu selten passiert, reden wir darüber, wie schön die Zeit war.“

Dieser Tage trifft die Fuldaerin, den Kontaktsperren geschuldet, nur die eigene Familie in der Heimat. „Wir haben einen Trainingsplan vom Trainerteam“, berichtet sie, „ich laufe alleine durch den Park. Das ist ärgerlich, weil stur laufen nicht mein Ding ist, ich muss das aber durchziehen, fit bleiben.“ Zusätzlich trainiert sie viel solo oder mit den Brüdern mit Ball. Oder neuerdings mit einer Torwand.

Shekiera Martinez, Foto von Charlotte Peschmann

Shekiera Martinez,
Foto von Charlotte Peschmann

Wenn das normale Leben weiter geht, wenn der Spielbetrieb wieder läuft, wird Shekiera Martinez – ausgeruht und bestens vorbereitet gleichwohl – dabei sein. Sie wird sich den Steilpass ersprinten oder vor dem Tor genau da stehen, wo der Ball landet. Dann hält sie einfach nur den Fuß hin…

JJ

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Weitere Informationen: Das Team auf der Vereins-Webseite

Foto Startseite: Charlotte Peschmann

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