Acht Sekunden… warum warten?

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„Wer ist bloß auf die unsinnige Idee gekommen, nur die Aufbaupositionen im Basketball ‚Guard‘ zu nennen, also Wächter/Verteidiger?“, zeigt sich Jennifer Crowder ein bisschen ungehalten. „Basketball kann nur erfolgreich funktionieren, wenn alle fünf Spielerinnen verteidigen“, ist ihre Erfahrung.

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Druck ausüben

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Jenny Crowder oranisiert, Foto Andreas Ahrens

Jenny Crowder oranisiert, Foto Andreas Ahrens

Zudem ist die Kapitänin der „flippo Baskets BG 74“ in der 1. Damen Basketball Bundesliga zwar der Defense nicht abgeneigt – sie erinnert sich gerne an die Zeiten, da sie als 12/13jährige unter der Regie von Trainerin Hanna Ballhaus „die Liebe für Verteidigung“ entdeckte und sie findet „es cool, eine Gegenspielerin zum Bruch der 8 Sekunden Regel zu zwingen und Druck auszuüben“ – aber gleichwohl sieht die 1,64 Meter Frau ihren Job darüber hinaus und vor allem in der Organisation.

„Point Guard heißt Spielverständnis, Ballsicherheit und die Anweisungen der Coaches auf dem Feld durch organisieren oder auch deligieren umsetzen“, umreißt sie kurz die Stellenbeschreibung. Jenny selbst sieht sich gut da aufgehoben, wo sie agiert: „Ich bin ballsicher“, weiß sie, „auch in hoher Geschwindigkeit.“

Aufgrund ihrer Schnelligkeit bekommen die Kontrahentinnen Probleme, sie zu verteidigen. „Und ich organisiere schon immer gerne“, fügt die 24jährige hinzu, „habe Basketballverständnis und Spaß an taktischen Überlegungen.“

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Ein Herz für diese Spieler

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Jenes Basketballverständnis geht bei ihr ein ganzes Stück über das eigentliche Spielfeld und die 40 Minuten Spielzeit hinaus. Im Jahr 1992 zu den Olympischen Spielen in Barcelona spielte Scotty Pippen von den Chicago Bulls mit seinen 2,03 Metern Körpergröße Small Forward und war als einer der besten Allrounder und Verteidiger der Welt ein wichtiger Bestandteil des legendären Dream Teams. Die junge Frau weiß das, wenngleich sie erst Jahre später das Licht der Welt erblickte.

Obwohl Jungs mit klangvolleren Namen, wie Michael Jordan oder Magic Johnson, in der Erinnerung der meisten Sportfreunde hängen blieben, zeigt sich Jenny beeindruckt von Scotty Pippen. „Er hat die vielen kleinen Dinge gemacht, blieb im Schatten der ganz großen Stars“, lobt sie, „er war der schlaue Passer; ich habe ein Herz für diese Art Spieler!“

Jenny Crowder und der Korb; Foto Andreas Ahrens

Jenny und der Korb;
Foto Andreas Ahrens

Zurück ins Hier und Heute, zurück nach Südniedersachsen, zurück zu Jennifer Crowder und ihren Anfängen auf dem Weg ins Basketballleben. „Durch meine Oma und meine Mama, die den Sport betrieben, bin ich familiär vorbelastet“, berichtet sie, „auch meine Schwester ist aktiv. Im Alter von sechs Jahre habe ich in einem kleinen Verein in einer gemischten Mannschaft begonnen. Da ich zu dem Zeitpunkt gegen die neunjährigen Jungs nicht gut aussah, versuchte ich mich zwischenzeitlich in anderen Sportarten und startete später, als ich neun war, wieder im Basketball durch. Da machte es deutlich mehr Spaß.“

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Auf verschiedene Weise gut

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Die Faszination zwischen den beiden Körben und an der orangen Kugel sieht Jenny in der Vielseitigkeit der Sportart: „Man kann auf verschiedene Weise gut sein. Durch den Wurf, das Dribbeling, die Defense; auch über Schnelligkeit oder Masse – und durch Köpfchen.“

Die Göttingerin analysiert ihr Team der abgelaufenen Saison 2019/2020 als „klein, schnell, athletisch und vor allem unberechenbar“. Sie ergänzt: „mal diese, mal jene Spielerin punktete, wir waren ausgeglichen besetzt“. Obwohl die Gruppe vorm Start „neu zusammengemischt“ war, haben sich die Mädels „auf dem Feld gut verstanden“.

Für die kommende Serie vermeldet Jenny erstmal ein „gutes Gefühl“. Noch sei „niemand klar, was generell von der neuen Saison zu erwarten ist (Corona-Situation)“. Die Kapitänin ist sicher, dass die Neuzugänge für genau die richtigen Positionen verpflichtet wurden, dass beispielsweise „mit Samantha Roscoe Körpergröße und mit Ruzica Dzankic internationale Erfahrung mit einer vielversprechenden Biographie“ zum Team stößt.

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In fast jedem Spiel nah an den 40 Minuten

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Als ebenfalls wichtig und positiv ordnet sie ein, dass „junge Spielerinnen sich über den Sommer deutlich verbessert haben, körperlich bereiter sind“. Über Annika und Meike Oevermann im Frauen-Team freut sich die Kapitänin besonders, zum einen, weil sie die beiden mit trainiert hat und zum anderen, weil sie auf der Point Guard Position für Entlastung sorgen können. Jenny Crowder musste in fast jedem Spiel nah an die vollen 40 Minuten Einsatzzeit ran. „Das ist eine enorme körperliche Belastung!“, spricht sie gelassen aus, was an die Grenzen bringt.

Jenny selbst hat die letzten Tage genutzt, um zumindest irgendwie auf Ballhöhe zu sein. „An einem 3×3 Lehrgang in Hannover/Bielefeld/Lich konnte ich leider nur passiv teilnehmen, da ich nach wie vor mit meinem Fersensporn zu tun habe. Ich war zwar vor Ort, habe aber nicht mittrainiert“, erzählt sie. Und: „3×3 Matches sind eine gute Sache, es ist nur Zeit da zum Baketball spielen, nicht um sich zu freuen oder zu ärgern. Der Ball ruht nicht. Auch nicht, um Schiedsrichterentscheidungen zu bemängeln ;-).“

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Etwas anderes machen als Basketball spielen

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Die Tatsache, dass Deutschland nicht das Land ist, um vom Basketballsport komfortabel zu leben, schon gar nicht bei den Frauen, bedauert die junge, mit beiden Beinen im Leben stehende Frau, nicht. „Ich finde cool, dass viele Frauen bei uns nebenher (oder hauptsächlich) studieren“, erkennt sie die andere Seite der Medaille, „es ist super, den Tag über etwas anderes zu machen als Basketball spielen. Wer sich gut organisiert, kann in der DBBL diese gesunde Mischung meistern!“ Sagt sie und beweist es. Zudem falle dann irgendwann „die Umstellung leichter“.

Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni in Göttingen hat die Studiengänge Jura und Philosophie abgeschlossen und schreibt ihre Doktorarbeit im Fach Rechtswissenschaft. Zudem trainiert sie die Mädchen der Jahrgänge 2002 bis 2004 und 2006 bis 2009 speziell als Guards und betreut sie zu 3×3 Turnieren. Wenn sie zum Beispiel in den Spielen feststellt, dass ihre Schützlinge etwas präsentieren, was sie ihnen beigebracht hat, macht das Jenny stolz und ist ihr „mehr wert als mit Geld bezahlt werden“.

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Hallo? Das ist meine Halle!

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Jenny Crowder im Vorwärtsgang, Foto Andreas Ahrens

Jenny im Vorwärtsgang, Foto Andreas Ahrens

Die Göttingerin liebt ihren familiären und ebenso professionellen Verein, sie schätzt die vielen Helfer in den Bereichen um das Team (beispielsweise Kampfgericht) und das ehrenamtlich geführte Management. Sie lobt das „Athleticum Junge“ unter anderem für die physiotherapeutische Behandlung in höchsten Tönen. Die Halle des Felix Klein Gymnasium nennt sie während der Heimspiele „meine Halle“.

Und so tritt sie da auch auf. Zwar bezeichnet Jenny die Position, die sie spielt, als Point Guard, in der Interprätation während des Matches indes geht sie über die Erfüllung des engeren Wortsinns hinaus. Nur bewachen? Nö. Die Aufbauspielerin übt Druck aus und wenn sie die orange Kugel hat, gehts nach vorne, schnell, ballsicher, mit dem Auge für die Situation. Sie organisiert. In ihrer Halle.

Aber Obacht! Auch auswärts…

JJ

 

Weitere Informationen: Jenny auf der Vereins-HP

Foto Startseite: Andreas Ahrens

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