„Basketball ist nicht wegzudenken!“

 

Die 24 Jahre junge Elisa Hebecker spielt in der Saison 2019/2020 für die GISA Lions SV Halle in der 1. Damen Basketball Bundesliga. Auf welcher Position die 1.84 Meter Frau am liebsten aufläuft, wie sie einst zu ihrem Sport kam, wie wohl sie sich in ihrer Heimat, der Saale-Metropole, fühlt, was sie von der nächsten Saison erwartet oder wovon sie vielleicht ein bisschen träumt, verrät uns Elisa hier und jetzt:

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„…, weil ich diesen Sport einfach liebe“

 

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JJ: Elisa, lass‘ uns doch bitte mal gleich in medias res gehen, quasi direkt zum Korb ziehen; worin besteht deine ganz persönliche Faszination Basketball – wenn du zuschaust, wenn du selbst spielst?

Elisa Hebecker, Foto von Carola Stolze

Elisa Hebecker,
Foto von Carola Stolze

Elisa Hebecker: Generell finde ich Teamsport faszinierend. Die Art und Weise, wie auch aus fremden Menschen ein Team wachsen kann, das zusammen Siege feiert und Niederlagen aufarbeitet, finde ich nicht nur in sportlicher Hinsicht toll. Beim Basketball ist es vor allem die Geschwindigkeit und Vielfältigkeit der Aktionen. In jeder Sekunde passiert etwas und das kann so verschieden sein…

JJ: Jetzt gehen wir mal ein bisschen chronologisch vor, warst du als Kind, vielleicht schon zu Kindergartenzeiten, dabei, die orange Kugel durch die Reuse zu schicken? Wie und wann begann es?

Elisa: Zum Basketball bin ich durch meine Schwester Laura (Interview mit Laura 2016) gekommen. Ich bin ein Jahr jünger und musste sie immer mit abholen fahren, weil ich noch zu klein war, um allein zu Hause zu bleiben (oder meine Eltern wollten einfach nicht riskieren, dass ich das Haus auf den Kopf stelle 😉 )

Der damalige Trainer hat mir dann irgendwann einen Hocker an den Korb gestellt, mir den Ball gegeben und gesagt: „Komm, probier mal!“ Und dann hat es nicht mehr lange gedauert und ich habe meine Schwester immer mit zum Training begleitet.

JJ: Was begeisterte dich damals an dem Sport (schon dasselbe wie heute); warum bist du am Ball geblieben?

Elisa: Zu Beginn habe ich tatsächlich einfach meiner großen Schwester alles nachgemacht und wollte, genau wie sie, auch Basketball spielen. Hätte sich das nicht ergeben, wären wir wohl beide durch unsere Oma zur Leichtathletik gekommen.

Da in Halle die Basketballstrukturen in unserem Kindesalter sehr gut ausgebaut waren, war die sportliche Laufbahn schon ziemlich schnell vorbestimmt. So ging es nach der Grundschule auf die Sportschule in Halle und da ich zu einem starken Jahrgang gehörte und wir so auch erfolgreich waren, war es für mich nie eine Option aufzuhören oder nicht mehr leistungsorientiert dem Sport nachzukommen.

Erfolg macht gewöhnlich ja auch Spaß und motiviert einen noch mehr. Ich habe mich so relativ früh als Basketballerin definiert, es gehörte zu meiner Identität und das wollte und konnte ich nicht ändern. Basketball gehört quasi zu mir als Person und zu meinem Leben dazu und war und ist nicht wegzudenken.

JJ: Beschreibe bitte mal, nicht fürs Lexikon, sondern aus deiner ganz persönlichen Sicht, deine Lieblingsposition auf dem Feld, Elisa. Welche ist es, was an Talenten und Fähigkeiten musst du mitbringen, welche bringst du mit? Was macht dir Spaß, genau da zu agieren?

Elisa: Am liebsten spiele ich auf der 2 und der 3, also der Flügelposition, würde aber gerne auch mein Inside-Game verbessern und dann auf der 4 einsetzbar sein. Doch das tolle an den Flügelpositionen ist, dass es so viele verschiedene Spielertypen gibt und man mit jeder Stärke dort glänzen kann.

Die beiden Positionen sind so variabel zu besetzen, egal ob man ein Shooter ist, eher einen Drive zum Korb hat, der Jumpshot der Go-To-Move ist oder man einen extrem guten Überblick für das Spielgeschehen und mögliche Pässe hat, alles ist möglich. Ich für mein Teil würde mich als Allrounder beschreiben. Ich bin nicht die eine, die etwas Bestimmtes außergewöhnlich gut kann, aber dafür alles solide 😉

Damit bin ich flexibel einsetzbar. Je nachdem, was gebraucht wird, das kann ich abrufen.

JJ: Ein bisschen hänge ich dem Klischee nach, dass Frauenvolleyball aufgrund der längeren Ballwechsel interessanter anzuschauen ist als der der Männer; und Männerbasketball schöner fürs Auge ist wegen der Dunkings und Alley oops als der der Frauen. Sehe ich mir dann jedoch an, wie Ihr spielt, vergesse ich den Unsinn ganz schnell, weil es spannend zugeht, taktisch raffiniert, schnell, technisch stark, präzise… Denkst du über das Thema nach oder ist es für dich eh Nonsens?

Elisa: Auch wenn ich gerne sagen würde: „Völliger Quatsch, Frauenbasketball ist genauso wie Männerbasketball“, muss man doch zugestehen, dass die Athletik bei den Männern noch um einiges schöner anzusehen ist. Was aber nicht bedeutet, dass es bei den Frauen weniger hart zugeht oder unsportlicher ist. Am Ende ist es genauso Leistungssport und bekommt leider viel zu wenig Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Öffentlichkeit.

JJ: Für mich als mittelmäßig talentierter Fußballer in der untersten Liga war es früher ein Riesenspaß, die Pässe oder Flanken zum Tor zu schlagen (statt selbst zu vollstrecken). Wie geht es dir, Elisa, willst du höchstpersönlich einnetzen – oder Team first?

Elisa: Mal so, mal so, würde ich sagen. Ich bin keine klassische Punkterin und würde mich eher dem „Team-first“ zuordnen. Den finalen Pass zu einem tollen Korberfolg zu geben oder den finalen Korb zu erzielen sind beides tolle Erfolgserlebnisse auf dem Feld.

Ich persönlich bevorzuge es aber vor allem, wenn man den Go-to-Guy des Gegnerteams verteidigt und diese dann viel weniger punktet oder Einfluss auf Spiel nimmt als gewöhnlich. An erster Stelle steht immer der Teamerfolg; wenn wir gewinnen, ist mir egal, ob ich gepunktet habe, wichtig ist nur, dass ich immer meine beste Leistung bringe.

JJ: Erzähle bitte mal ein bisschen über Halle/Saale, Elisa; wie lebt es sich da, ist es eine basketballverrückte Stadt, wie ist der Verein aufgestellt (familiär – professionell), wie sind die Fans drauf, wie ist die Stimmung in der Halle in Halle?

Elisa: Ich habe Halle früher nicht allzu sehr geschätzt, aber nachdem ich zwei Jahre auswärts gewohnt und gespielt habe, fällt mir immer wieder auf, dass Halle mir ein Heimatsgefühl vermittelt. Am besten umschreiben lässt es sich wohl mit shabby chic – an der ein oder anderen Ecke heruntergekommen, gleichzeitig gibt es unglaublich schöne Architektur. Ich mag die ganzen kleinen Cafés und den Fakt, dass jedes Wochenende irgendwas los ist, man aber gleichzeitig immer einen Ort findet, wo man ganz alleine sein und jeglichem Alltagsstress entfliehen kann.

Der Frauenbasketball ist eine absolute Tradition in Halle. Daher hat der Verein auch schon viel Erfahrung und damit Professionalität. Gleichzeitig kennt sich quasi jeder hier – und so ist es auch ein sehr familiär aufgestellter Verein.

Elisa Hebecker, Foto von Carola Stolze

Elisa Hebecker,
Foto von Carola Stolze

Der Umzug aus der Burgstraße in die Erdgasarena war mit viel Wehmut verbunden. Die Finalspiele 2012, in denen es so voll war, dass die Fans gefühlt schon mit auf dem Feld standen, waren einfach einzigartig und die Stimmung unvorstellbar. Und ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass in der viel größeren Arena die Stimmung noch so bleibt.

Doch die Fans waren besonders auch letzte Saison so eine riesen Unterstützung, machen immer Stimmung. Vor allem haben wir uns so gefreut, wie oft der Fancourt und einige Fans uns zu Auswärtspielen begleitet haben und ich hoffe sehr, dass wieder einige auf ein paar Auswärtsfahrten mitkommen.

JJ: Ich weiß, dass im deutschen Frauenbasketball – mehr noch als bei den Männern – das andere Standbein wichtig ist. Wie ist das bei dir, studierst oder arbeitest du nebenher oder ist es eher so, dass der Sport nebenher läuft?

Elisa: Ich habe Wirtschaftswissenschaften und Medien- und Kommunikationswissenschaften studiert und schreibe gerade meine Bachelorarbeit. Letzte Saison habe ich neben dem Spielen und Studieren auch noch gearbeitet. Dieses Jahr freue ich mich mit dem Studium fertig zu sein und Basketball und einen Nebenjob unter einen Hut bringen zu können. Momentan ist es aber so, dass Basketball mein Hauptberuf ist und ich nebenbei auch abseits des Felds Erfahrungen sammeln kann.

JJ: Und: Geht es aus deiner Sicht, aus deiner Erfahrung heraus, aufwärts mit dem Frauenbasketball in Deutschland, werden die Bedingungen für euch Sportlerinnen besser, professioneller? (Wenn nicht so richtig, wo klemmt’s?)

Elisa: Ich denke, prinzipiell ist im Frauenbasketball und im Frauensport allgemein noch viel Potenzial nach oben. Es gibt zwar schon einige Standorte, an denen Leistungssport und eine gleichzeitige berufliche Ausbildung möglich gemacht wird, wie zum Beispiel in Halle, aber durch fehlende Finanzen oder schlichtweg aufgrund des Zeit Managements leidet dann häufig einer der beiden Faktoren.

Eingleisig fahren und vom Sport leben können besonders einheimische Sportlerinnen in Deutschland noch zu wenig. Es gibt zwar Vereine, die das schon gut stemmen können, aber noch nicht flächendeckend.

JJ: Elisa, die Saison hat noch nicht begonnen, die unmittelbare Vorbereitung auch noch nicht. Was die Teamzusammenstellung anbetrifft, seid Ihr in Halle indes auf gutem Wege, soweit ich weiß. Deshalb kann ich dich nur nach dem ersten und wahrscheinlich vagen Gefühl fragen – was erwartest du von der kommenden Spielzeit 2019/2020? Läuft?

Elisa: Ich freue mich unglaublich auf die neue Saison und wenn es nach mir ginge, könnte das Training jetzt schon beginnen. Da wir überraschenderweise in der 1. Liga starten können, ist, meiner Meinung nach das oberste Ziel der Klassenerhalt.

Weil wir einen Großteil des Teams halten konnten und einige gute Verstärkungen dazu bekommen haben, denke ich, dass wir auch Potenzial für die mittleren Tabellenplätze – oder vielleicht mehr – haben. Wenn wir konsequent hart trainieren 😉

JJ: Ich habe gehört, du bist eine umsichtige, respektierte und engagierte Kapitänin. Auch wenn es wahrscheinlich sinnlos ist darüber zu spekulieren – denkst du, dass du als Nicht-Kapitänin anders auflaufen oder spielen würdest? Was machst du durch das Amt anders oder zusätzlich? Bist du stolz darauf?

Elisa: Ich war letzte Saison sehr überrascht, als der Coach mich gefragt hat, ob ich das Amt übernehmen würde und hatte Respekt davor, habe mich aber auch gleichzeitig auf eine für mich komplett neue Rolle gefreut. Vielleicht würde ich anders auflaufen, mehr auf mich und meine eigene Leistung fokussiert.

Jetzt versuche ich auch zu schauen, ob sich jeder wohl fühlt, wo es hakt auf dem Feld und wie die Teamchemie verbessert werden kann. Ich denke, hier habe ich letzte Saison viel gelernt und noch einiges an Potenzial, was ich, wenn ich die Möglichkeit nochmal bekomme, ausschöpfen möchte.

JJ: Zum Schluss, Elisa, hast du einen Basketballerinnentraum? Möchtest du, nimm das mit dem „Traum“ ruhig wörtlich, in irgendeiner Liga spielen, mal mit oder gegen irgendjemand, Meisterin werden, feste Größe im Nationalteam sein… was auch immer?

Elisa: Diese Frage kann ich dir wirklich nicht konkret beantworten. Natürlich wäre es traumhaft, noch internationale Erfahrungen zu sammeln, eine Meisterschaft zu feiern oder im Nationaltrikot aufzulaufen.

Elisa Hebecker, Foto von Carola Stolze

Elisa Hebecker,
Foto von Carola Stolze

Vordergründig wichtig ist mir aber momentan, dass ich jeden Moment – im Training, im Spiel, auf den Fahrten – genieße, weil ich diesen Sport einfach liebe und die Möglichkeit habe, diesen auf hochklassigem Niveau mit sehr guten Bedingungen auszuüben. Wenn es möglich ist, eines der oben genannten Dinge zu erreichen, wäre das natürlich noch ein i-Tüpfelchen. 😉

JJ: Danke, viel Spaß und viel Erfolg weiterhin.

Elisa: Ich danke dir! Alles Gute und viele Grüße.

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Weitere Informationen: Elisa auf der Team-Webseite

Foto Startseite: Carola Stolze

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