Magie

 

Rena Dumont wurde in der damaligen Tschechoslowakei geboren (Geburtsname Zednikova). Inzwischen lebt sie in Deutschland, studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Sie stand auf verschiedenen Bühnen (Münchner Kammerspiele, Schauspielhaus Wien, Prater der Volksbühne, Nationaltheater Prag) und wirkte in Kino- und TV-Produktionen mit.

Rena Dumont, Foto Christian Hartmann

Rena Dumont, Foto Christian Hartmann

Zudem schreibt Rena Drehbücher zu Kurzfilmen und Spielfilmen, sowie Kurzgeschichten. 2013 erschien ihr erster Roman „Paradiessucher“. Es folgten und folgen weitere. Hier und jetzt indes erzählt sie uns erstmal über ihre Arbeit und die Liebe zu ihren Ländern.

 

„Geschichten zu schreiben heißt, in meine eigene Gedankenwelt einzutauchen und mich treiben zu lassen“

 

JJ: Rena, du lebst zwar seit geraumer Zeit in Deutschland, stammst indes aus meinem Lieblingsland, der Tschechischen Republik (damals noch CSSR). Bist du noch öfter in Prostějov (oder Praha oder wo auch immer), liebst du Land und Leute?

Rena Dumont: Auf jeden Fall. Ich liebe das Land und die Menschen dort sehr. Zwar könnte ich mir nicht mehr vorstellen dort zu leben, dafür bin ich im Laufe der Jahre zu stark an Deutschland gebunden, schließlich schreibe ich nur deutsch, und unter uns, ich mag Deutschland genauso, sodass ich nicht sagen könnte, was mir lieber wäre, aber die Wurzeln, aus den ich stamme, diese uralten Verknüpfungen und Verbindungen lassen sich natürlich nicht wegdenken.

JJ: Zuerst mal bitte zu dir als Schauspielerin, Rena. Was fasziniert dich an dem Beruf?

Rena: Es ist eine Art Magie. In den Momenten, in den man kurz vor dem Auftritt, genau dann, wenn man eigentlich vor Aufregung sterben möchte und das Hämmern des eigenen Herzens kaum übertönen kann, hinausgeht und „es“ tun lässt. Und wenn „es“ dann auch noch gelingt, ohne das man sich die geringsten Gedanken darüber macht, was richtig oder falsch ist, das ist schon faszinierend.

Rena Dumont; Foto Christian Hartmann

Rena Dumont; Foto Christian Hartmann

JJ: Was fühlst, spürst, denkst du, während du auf der Bühne oder vor der Kamera stehst und dein Auftritt ist gekommen, genau in diesen Momenten?

Rena: Tja, das hab ich gerade in der vorigen Antwort beschrieben. Eben Magie.

JJ: Was machen gut aufgelegte Schauspielpartner mit dir, was das Publikum?

Rena: Nichts. Gut aufgelegt zu sein sagt nichts darüber aus, ob die Arbeit oder die Aufgabe, der man sich stellt, fruchtbar ist. Was hilft ein gut gelaunter Partner, der nicht in der Lage ist, dir in die Augen zu sehen und der immer dieselbe Leier herunter nudelt?

Ich mag Kollegen, die an einem gemeinsamen Strang ziehen, die bereit sind, im Sinne der Sache über die eigene Grenze hinauszugehen, die etwas riskieren und sich einen (Entschuldigung) Scheißdreck drum kümmern, ob dies so oder so richtig gespielt wird. Wenn dann auch noch gute Laune entsteht; sag ich „perfekt“. Ein gut gelauntes Publikum ist durchaus angenehm.

JJ: Wie war das mit der kleinen Rena, damals noch in Mähren, bist du da schon gerne in Rollen oder Kostüme geschlüpft? Und: hast du damals schon Geschichten erzählt oder aufgeschrieben?

Rena: Oh, ja! Eigentlich waren die Kostüme der Grund, warum ich Schauspielerin werden wollte. Ha, ha… Mit dem Schreiben fing das später an. Ich habe vor dem 21. Lebensjahr kein einziges Buch gelesen. Weder in tschechisch noch in deutsch.

JJ: Was treibt dich an, Drehbücher, Kurzgeschichten oder Romane zu verfassen?

Rena: Geschichten zu schreiben, und da ist völlig wurscht, ob Roman, Kurzgeschichte oder ein Drehbuch, heißt in meine eigene Gedankenwelt einzutauchen und mich treiben zu lassen. An manchen Tagen, wenn das Wetter ätzend ist und in den Nachrichten nur Verheerendes zu hören ist und die Kinder pubertierende Anfälle haben, ist das Schreiben wie Urlaub.

JJ: Hast du beim Schreiben eines Drehbuches schon relativ konkret die Szenen im Kopf, vielleicht sogar die eine oder andere Schauspielerin, den einen oder anderen Schauspieler?

Rena Dumont, Foto von Christian Hartmann

Rena Dumont, Foto von Christian Hartmann

Rena: Unterschiedlich. Manchmal hat man den einen oder anderen Schauspieler von Anfang an im Kopf (wie zum Beispiel Markus Hering in „Hans im Pech“), sodass man seinen Charakter quasi benutzt. Ob es dann derjenige spielt oder nicht, ist noch offen. Manchmal genügt es, dem roten Faden, den ich mir vorstelle, zu folgen, oder einem Gefühl, einem Gedanken. Ich schreibe nie ins Leere.

JJ: Erzähle bitte mal ein bisschen von „Paradiessucher“, Rena, von der Idee übers Schreiben, das Feedback bis dahin, wie du selbst den Roman inzwischen siehst.

Rena: „Paradiessucher“ entstand aus Langeweile. Als ich vor zig Jahren einen Gesichtsunfall hatte, bei dem mein Nasenbein dreifach gebrochen wurde und mir nichts anderes einfiel, als mich im Böhmerwald, irgendwo im Nirvana, zurückzuziehen, weil ich die bemitleidenden Blicke der Passanten auf der Straße nicht ertrug, habe ich mich an den Tisch gesetzt und meine Erinnerungen zu Wort gebracht. Ich hätte mir damals nicht träumen können, dass daraus jemals ein Buch, geschweige denn ein verlegtes Buch werden könnte!

Erst nachdem es gute zehn Jahre in der Schublade gelegen hatte und ich es rein zufällig Gabi Kubach, einer befreundeten Regisseurin, zum Lesen gegeben hatte, die es an jemanden weiterleitete und dieser jemand bestätigte: „das hat Kraft“, erst von da an zog ich eine Literaturagentur in Betracht. Heute empfinde ich „Paradiessucher“ als ein gelungenes Debüt, und ich wünschte, bei Hanser einen weiteren Roman zu veröffentlichen.

JJ: Was liest du gerne und welche Schauspielerinnen/Schauspieler oder Filme und Theateraufführungen siehst du gerne?

Rena: Ich mag sehr gerne T.C.Boyle und Alberto Moravia, aber auch Tschick von Herrndorf. Ich war überwältigt von Irena Tuckovás „Žitkovské Bohyne“, ein Roman, der leider bisher nicht ins Deutsche übersetzt worden ist.

Bei den Schauspielern wüsste ich gar nicht, wo anfangen. Zumal fast jeder Schauspieler seine Glanzleistungen und Flops vorzuweisen hat, mit Ausnahme von Michelle Pfeiffer und Meryl Streep, die sind immer phantastisch. Ich stehe eigentlich nicht auf Mickey Rourke, aber in „Wrestler“ war er zum niederknien. Ich halte auch nicht viel von Sharon Stone, in „Casino“ fand ich sie großartig. Und so ist das mit vielen Schauspielern.

Doch hier ein paar Highlights: Christopher Walken, Clint Eastwood, Edward Norton, Jeff Bridges, Christian Bale, Naomi Watson, und die beiden besagten Diven Meryl Streep und Michele Pfeiffer, aber auch Ulrich Mühe, Bibiana Beglau, Thomas Schmauser und André Jung.

Es gibt Theateraufführungen, die ich nicht vergessen werde. Dazu zählen „Three Kingdoms“ von Sebastian Nübling, „Hiob“ von Johan Simon, „Schlachten“ von Luk Perceval, „Faust“ von Martin Kusej, sowie „Räuber“ von Ulrich Rasche.

JJ: Was planst du demnächst konkret, was liegt an und wovon träumst du vielleicht (beruflich, sowohl als Schauspielerin und Autorin)?

Rena: Als Schauspielerin habe ich mich ein wenig aus dem Geschehen ausgeklinkt. Nicht, dass es mir keinen Spaß mehr gemacht hätte, aber ich bekam nicht die Angebote, die ich gerne bekommen hätte, zumal ich viele eigene Baustellen habe. Eigene Baustellen zu haben ist zwar schön und gut, erfordert aber enorm viel Kraft und Zeit. Und ganz billig ist das auch nicht.

Rena Dumont, fotografiert von Christian Hartmann

Rena Dumont, fotografiert von Christian Hartmann

So möchte ich erstmal meinen zweiten Zwanzigminüter „Hans im Pech“ fertig machen, um dann das Drehbuch für einen Langspielfilm zu schreiben. Diesmal die Adaption meines Erstlingsromans. Und zu guter Letzt erfreue mich tagtäglich an meiner aktuellen Baustelle „Die Mühle“.

JJ: Danke.

 

Weitere Informationen: Webseite von Rena Dumont
www.mutprobe-derfilm.de
https://www.facebook.com/hansimpech.de/

 

Foto Startseite: Christian Hartmann

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