Agnes und ihr Zuhause

 

Geboren und aufgewachsen ist Agnes Thi-Mai in Augsburg, derzeit lebt sie in Potsdam, zuhause indes fühlt sie sich vor der Kamera. Und auf der Bühne. Schauspielend, tanzend, musizierend.

Agnes Thi-Mai

Agnes Thi-Mai; Foto von Hagen Schnauss

Schon die kleine Agnes im zarten Kindesalter zog es, zunächst noch eher schüchtern, zu den Künsten. „Ich sang im Chor, lernte Instrumente, spielte Schultheater, malte, schrieb, nahm Tanzunterricht“, blickt sie zurück, „die Bühne gab mir Selbstbewusstsein und Stärke.“ So nahm es nicht wunder, dass sie damals schon ihre Erfüllung erkannte: „Mit neun Jahren wollte ich mich bei der ZAV-Künstlervermittlung eintragen lassen.“ 😉

… durchsetzen

 

Wenngleich Agnes dort erfuhr, dass es damit Zeit hat und eine entsprechende Ausbildung angeraten ist, nahm sie den Wind nicht aus dem Segel, stattdessen mit 13/14 Jahren Gitarren- und Musicalunterricht nach der Schule und mischte in der Schulband mit. Mit 16/17 büchste sie nach Berlin aus mit dem Ziel Universität der Künste.

Den Schritt zur Neuen Münchner Schauspielschule wagte Agnes früh. „Ich war die Jüngste da“, erinnert sie sich an verrückte Zeiten. Wenngleich die Augsburgerin von „total interessanten und spannenden“ Jahren erzählt, blickt sie gleichsam auf „harte Zeiten“. Unter anderem, weil „in einer Klasse aus 13 Leuten, die alle den gleichen Traum verfolgten, auch einige sehr Ich-bezogen waren, und das führte dazu, dass ich oft das Gefühl hatte, mich nicht durchsetzen zu können“.

Hat sich Agnes Thi-Mai aber. „Aus beruflicher Sicht war es auf jeden Fall richtig, eine Schauspielschule zu absolvieren“, schätzt sie mit einiger zeitlicher, räumlicher und gedanklicher Distanz ein, „wobei eine staatliche Schule mit Blick auf spätere Engagements an den großen Häusern sicher die bessere Wahl gewesen wäre.“

… neu, anders

 

Aber hätte, wäre, wenn; was soll das denn? Die Darstellerin nahm zusätzlich nach wie vor Tanz- und Gesangsunterricht und bildete sich schauspielerisch weiter. „In dem Beruf ist man nie fertig“, weiß sie, „jede Rolle ist neu, ich muss mich immer wieder neu darauf einlassen, immer neugierig sein.“

Agnes Thi-Mai

Agnes Thi-Mai; Foto von Hagen Schnauss

Und genau so nähert sich Agnes, allmählich und entschlossen zugleich, einer zu interpretierenden Figur. „Sobald ich das Drehbuch in der Hand halte, beginnt die Verwandlung“, beschreibt sie ihr Vorgehen, „ich erarbeite den Kontext, in dem sich meine Rolle bewegt, wie sie sich bewegt, spricht… und warum genau so. Auf dem Weg zum Set, und wenn dann die Kamera läuft, ist alles schon da. Dann bin ich die Figur – bis ins Herz. Am besten ist, wenn dann gar nichts mehr in mir vorgeht.“

Auch ihren Schauspielpartner sieht sie in dieser Situation nicht mehr primär als solchen, „was er mir als seine Figur anbietet, damit arbeite ich … und darüber freue ich mich.“ Es sei, so empfindet es Agnes, „voll gut, wenn dabei was Neues kommt. Das ist Leben! Das macht die Szene stark, authentisch. Schauspiel lebt von echten Gefühlen und Überraschungen“.

… alles spielen

 

Ist die Szene abgedreht oder die Vorstellung vorüber, fühlt sich die Darstellerin „erstmal leer, jedoch nicht emotionslos.“ Die Rolle schwinge noch eine Weile mit, plaudert sie aus dem Nähkästchen der Gefühle, „privat bin ich nicht die Figur, aber sie beeinflusst mich“.

Daher überrascht es wenig, dass Agnes Thi-Mai befindet, Schauspieler sollten alles spielen können, unabhängig vom eigenen ICH: „Im Kern geht es darum, welche Geschichte ich erzählen will. Und darum, die Menschen zu erreichen, zu berühren.“

Agnes Thi-Mai

Agnes Thi-Mai; Foto von Hagen Schnauss

Stücke, Rollen, Genres, in denen sie besonders gerne zuhause sein möchte, kleine und große Träume, kann die vielseitige Darstellerin nichtsdestotrotz benennen. Konkret sogar: „Die Salome von Oscar Wilde oder die Penthesilea (weil sie so ganz anders ist als ich) von Heinrich von Kleist beispielsweise. Große Rollen auf großen Bühnen. Der große Traum ist die Hauptrolle in einem Musical, das kann sowohl ein Film- als auch ein Buhnenmusical sein.“ Oder ganz was anderes, sie habe „Lust darauf, in Fernsehserien mitzuspielen.“ Vielfalt eben. Abwechslung.

… endlich mal wieder ein Musikfilm

 

Und Agnes bleibt ebenso konkret, als sie Schauspieler/innen nennt, die sie gerne sieht: „Ich liebe Filmklassiker, ich sehe gerne Marilyn Monroe, Audrey Hepburn, Sophia Loren, Marlene Dietrich, Lauren Bacall, sie sind für mich Vorbilder, denn sie waren echte Stars und waren einfach krass gut. Aktuell sind für mich Al Pacino und Meryl Streep die besten Darsteller und in ihrem Schaffen auch Vorbilder.“ Und einen Wunsch fügt sie an: „Ich mag alte Musikfilme aus den 50er und 60er Jahren und hoffe, dass in Deutschland auch bald wieder welche gedreht werden.“

Aktuell ist die Allrounderin auf den Bühnen der Hauptstadt unterwegs, hat ihre Gitarre dabei und singt. „Musik macht mich glücklich und Tanzen ist zu einem heilsamen Hobby für meine Seele geworden“, gibt sie Einblicke, „musikalisch möchte ich mich noch nicht festlegen, ich bewege mich durchaus im Bereich Singer/Songwriter, singe zur Zeit in vier Sprachen und kann neben der Gitarre auch Bass und Klavier spielen. Das Debutalbum und eine Tournee durch Deutsch sind in Planung.“

Zudem produziert sie ihren Film „Der Politiker“, hat das Drehbuch geschrieben, führt Regie, spielt eine Rolle, macht die Musik. „Ein spannender Prozess“, fasst Agnes die Koplexität der Aufgaben zusammen. Aber egal, wie komplex, wie holprig, wie schwierig oder spannend das Leben um Bühne und Kamera herum und direkt darauf oder davor sich gestaltet, und egal wo, es ist ihr Zuhause.

JJ.

Foto Startseite: Hagen Schnauss

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