„Damals habe ich mir weniger Gedanken gemacht“, blickt Nicole Mieth zurück in ihre Kindheit, als alles begann. „Jetzt denke ich viel mehr über den Beruf nach; mein Traum, meine Passion, Schauspielerin zu sein, hat sich aber nicht geändert.“ Schon im zarten Alter von elf Jahren stand die Enkelin von schauspielenden Großeltern vor der Kamera – für den ZDF Spielfilm „Herzstolpern“. Sie selbst stolperte auf ihrem Karriereweg vielleicht auch gelegentlich, aus der Spur kam Nicole dabei nie.
„Im Kindergarten gab ich das Schneewittchen, wollte da schon die Hauptrollen“, schmunzelt die junge Frau aus dem Schwabenländle, „ich ging meinem Vater wohl ziemlich auf die Nerven. Irgendwann fuhren wir nach Berlin zu einer Agentur, ich absolvierte ein Casting – und bekam die erste Rolle.“ So einfach.
So einfach?
… war es dann doch nicht. Vor den Erfolg haben die Götter auch bei Nicole den Schweiß gesetzt. Und die ehrgeizige damals 16jährige stellte sich zunächst einer fundierten Ausbildung. Nach einem halben Jahr Schauspielschule in München wechselte sie für zweieinhalb Jahre ins heimatliche Stuttgart an die „Internationale Schauspielakademie CreArte“.
„Da wirst du komplett geöffnet“, berichtet die Darstellerin auch Jahre später noch leidenschaftlich, „die Seele landet auf dem Tisch!“ Selbst einfachste Dinge, wie sie laufe zum Beispiel, wurde ihr gezeigt, aber auch Emotionen wurden raus- und Aggressionen zugelassen. „Es war zeitweise sehr anstrengend“, erinnert Nicole Mieth sich an eine intensive Zeit zurück, in der sie zudem lernte, auch fit und konzentriert sein zu müssen für ihren Traumberuf. Vor allem indes stellte sie fest:
Die Arbeit hört nie auf
Und genau das will die Schauspielerin, dass es nie aufhört, nie statisch wird. „Ich liebe das Risiko, nie den gleichen Job zu haben, jede Rolle, jede Szene, jeder Tag ist neu. Ich lerne Städte, Gegenden, andere Menschen und Teams kennen, ich kann mich ausprobieren – das macht mir an meinem Beruf Spaß. Komplett! Ich empfinde ihn deshalb auch nicht sooo als Arbeit.“
Bei all dem Drumherum, das mit Nicoles Tätigkeit verbunden ist, bei allem Trubel, schaltet sie während der entscheidenden Momente, wenn die Kamera läuft und der Regisseur „Bitte“ sagt, ab, sie ist voll konzentriert. „Ich nehme die Umgebung nicht mehr wahr, bin vollends drin in der Szene, alles andere ist weg. Fast wie in Trance“, schildert sie ihr Empfinden beim Dreh. Sagt der Regisseur dann „Danke“, kommt es ganz auf die Emotionalität der Szene an, ob die Darstellerin davon noch verfolgt wird. „Eher selten“, erzählt sie, „wenn, dann fliegen die Gefühle nur noch ein bisschen mit. Ich kann das ganz gut trennen. Und meist bleibt eh keine Zeit.“
Apropos Regisseur
„Da hatte ich bislang Glück“, freut sich Nicole, „sie waren sehr unterschiedlich. Gut finde ich die, die wissen, was sie wollen, mit klarem Bild und Platz für Freiräume.“ An der Zusammenarbeit mit ihren Schauspielkollegen schätzt sie „die Impulse, die sie im Optimalfall setzen. Dann entsteht ein Geben und Nehmen.“ Und „ganz wichtig“ der Kameramann. „Er arbeitet viel mit dem Regisseur zusammen, macht das Bild, durch Kamerafahrten zum Beispiel. Er kann düstere Farben zeichnen und helle. Ideal ist, wenn er mich kennt. Er ist das Auge!“ Und wenn Nicole Mieth einmal dabei ist, will sie am liebsten alle im Team hervorheben, bis hin zur Frau hinterm Cateringtisch. „Alles gehört zusammen.“
Äußere Enflüsse wie Landschaft oder Wetter während des Drehs können, so die Darstellerin, „ins Spiel eingehen“. Bei schönen Orten, wie beispielsweise beim „Traumschiff“ oder „Inga Lindström“ Verfilmungen, gehe ihr schon mal „das Herz auf“. In einigen Produktionen, die mit längerem Vorlauf erarbeitet werden, müsse durchaus bei Winterwetter der Sommer gezeigt werden, „und ich muss so tun als wäre es warm“, plaudert Nicole aus dem Nähkästchen.
Für die Momente, in denen die persönliche Gefühlslage eine ganz andere ist als die im Film zu zeigende hat die mittlerweile 25jährige ihre
Schatztruhe der Gefühle
„Da gibt es Techniken und Methoden, die jeweiligen Emotionen dahin zu kanalisieren, wo sie hin sollen. Auch Hunger zum Beispiel ist manchmal ein Gefühlsverstärker ;-)“, beschreibt Nicole, was in der Truhe so verborgen liegt. Um sie generell auf dem sprichwörtlichen Teppich zu belassen, seien indes ihr Hund und ihr Pferd zustandig: „Sie holen mich runter.“
Während der „Verbotene Liebe“ (ARD Serie) Zeit zwischen 2011 und 2015 gestaltete sich der Kontakt der leidenschaftlichen Westernreiterin zu ihrer Stute indes etwas schwierig, was die fleißige Arbeiterin und neugierige Abenteurerin in ihr nicht daran hinderte, sich auch da in gewohnter Manier einzubringen und auszuprobieren. Ganz ohne zu stolpern: „Eine schöne, positive Erfahrung. Durch die täglichen Drehs lernte ich sehr viel, lernte zudem tolle Leute kennen, mit denen ich immer noch befreundet bin und war als anfangs 19jährige zum ersten Mal alleine in einer größeren Stadt. Mit der Kim Wolf hatte ich eine vielschichtige, tolle durchgehende Hauptrolle.“
Bis die Serie 2015 eingestellt wurde, war Nicole Mieth leidenschaftlich mit an Bord. Als alle von Bord mussten, fiel sie dennoch alles andere als ins Meer der Tränen, nicht mal in eine Pfütze.
Die Anekdote
„Ich dachte eh nicht, dass ich so lange bleibe“, erzählt sie die kleine Geschichte öfter mal, „weil ich nicht mit einem so langen Engagement rechnete, hatte ich – für die paar Monate – die Wände meiner Kölner Wohnung nicht neu gestrichen. Nach einem Jahr, als der Vertrag verlängert wurde, dachte ich wieder, dass es für die kurze Zeit nicht lohnt … und so weiter.“ Summa summarum also erschien Nicole das Ende dieser Tätigkeit „nicht so schlimm“, warteten doch viele neue Herausforderungen auf die Risikofrau.
Unter anderem Jobs als Synchronsprecherin. „Zwar werde ich dabei nicht gesehen, aber gehört, muss mich also genauso hinein versetzen.“ Klingt ideal, um sich mal etwas anders ausprobieren zu können.
Abseits ist nicht immer Abseits
Außerhalb von Drehorten oder Theaterbühnen zeigt sich die Schauspielerin nicht weniger emsig. Eine gute Freundin, als Pferdetrainerin tätig, brachte Nicole auf den Geschmack. „Ich hatte zunächst einfach nur geholfen, inzwischen habe ich seit Jahren ein eigenes Pferd, gebe mit Reitunterricht, fahre mit auf Messen. Wir zeigen, was man mit Pferden alles machen kann, Gelassenheit üben unter anderem. Auch Behindertenreiten bieten wir an.“
Was Menschen dabei und mit den Pferden lernen können, da ist Nicole Mieth sich sicher, ist, „mit allen Sinnen zu arbeiten, sich durchsetzen!“ Wie im richtigen Leben. Wie im Schauspiel.
JJ
Weitere Informationen: http://www.nicole-mieth.info/
Foto Startseite: Ivonne Mierzowski