Karate heißt nie auslernen

 

Als vor ungefähr 1500 Jahren chinesische Mönche keine Waffen tragen durften, machten sie aus der Not eine Tugend und entwickelten aus gymnastisch anmutenden Übungen eine waffenlose Kampfkunst zur Selbstverteidigung. So richtig zum Sport mit Regelwerk, den wir als Karate kennen, wurde das Ganze erst Anfang des letzten Jahrhunderts in Japan.

 

Die leere Hand

 

Egal, ob die Kampfkunst der chinesischen Mönche oder der japanischen Sportler, hinter Karate, grob übersetzt dem Weg der leeren Hand, steckt viel mehr. Es geht um viel mehr. „Für mich ist es nicht nur Sport, nicht nur Hobby“, bestätigt Sophie Wachter, eine von drei Frauen des Karate Teams Germany, „es ist eine Grundeinstellung und ein großer Teil meines Lebens.“

Sophie, Foto: Kata Team Germany

Sophie, Foto: Kata Team Germany

Angefangen hat ihr Lernprozess, als sie mit ihren größeren Geschwistern einen Anfängerkurs besuchte. Danach kam Spohie nicht mehr los, folgte dem Weg der leeren Hand. „Jedes Training ist anders“, beschreibt die Hessin ihre Faszination, „man lernt nie aus, kann sich immer verbessern und wird sehr koordinativ.“

Die Trägerin des dritten Dan-Grades ist Sportsoldatin bei der Bundeswehr und studiert Wirtschaftspsychologie. Den Spagat zwischen Training, Wettkampf, Studium und natürlich Privatleben bekommt sie ganz gut hin. Und nicht nur, was die gleichnamige Akrobatikübung anbelangt. „Je näher die Wettkämpfe kommen, um so weniger lasse ich mich ablenken“, schätzt Sophie ein.

 

Technik und Konzentration

 

Die Hauptsäulen ihrer Sportart – Technik und Konzentration – helfen dabei. „Um die Technik perfekt zu beherrschen, bedarf es extremer Konzentation“, bestätigt die 23jährige, „Kopf und Körper müssen im Einklang sein. Ich kann mich recht schnell fokusieren.“ Und wenn sie in besonders angespannten Phasen wirklich mal bei etwas unkonzentriert sei, fügt sie schmunzelnd hinzu, „dann beim Studium.“

In Alltagssituationen, in denen es gefährlich werden werden kann, helfen der 1,63 Meter Frau die Kampffähigkeiten eher indirekt. „Natürlich bin ich selbstbewusst, vor allem aber kann ich die Situation gut einschätzen, schnell reagieren und versuche deshalb Ärger zu vermeiden, zu schlichten und im Zweifel wegzulaufen :-)“, bleibt sie cool.

 

Kata und Bunkai

 

Wenn Sophie Wachter mit Jasmin Bleul und Christine Heinrich fürs Team Germany antritt, bei Turnieren (Opens) rund um die Welt oder internationalen Meisterschaften, dann schreiten die Mädels in zwei Abfolgen auf die Matte. Zuerst die Kata, eine Übungsform, die stilisierte Kämpfe gegen imaginäre Gegner beinhaltet und synchron von den Karateka vorgetragen wird. Alles exakt vorgeschrieben. Danach wird es (zumindest etwas) kreativer, beim Bunkai.

Sophie in Aktion

Sophie in Aktion

Sophie, Jasmin und Christine zeigen einstudierte Kämpfe. „Da ist es uns selbst überlassen, wie wir die Anwendung der Kata zeigen, wobei wir uns natürlich an die Techniken halten müssen. Es muss von außen erkennbar sein, dass es passend zur Kata ist. Das wird nur im Finale verlangt. Die entsprechende Choreografie machen wir zusammen mit unserem Trainer, wobei er natürlich die größte Arbeit übernimmt. Wir versuchen eher Impulse zu liefern“, beschreibt Sophie Wachter die Vorgehensweise.

 

Verteilte Rollen

 

Im Team sind die Rollen, nur was den Trainer anbelangt, klar verteilt. „Wir haben noch einen Athletik- und einen Mentalcoach, bei Efthimios Karamitsos, dem eigentlichen Karatetrainer, läuft aber alles zusammen“, stellt sie klar, „er ist mein und unser Wegleiter, einfach weil er es kann, selbst sehr erfolgreich war und einer der besten Trainer weltweit ist!“

Was die aktiven Teammitglieder betrifft, benennt Sophie die Rollen so: „Bei uns dreien im Team ist jede mal Spaßvogel, Ruhepol, kreativ, chaotisch oder Organisatorin, würde ich sagen. Wenn es aber darum geht, dass wir uns wieder auf das Training fokussieren, können wir sehr schnell umschalten. Wir haben aber auf jeden Fall sehr viel Spaß.“

 

Weitergeben, weiter lernen

 

Jenen Spaß, genauso wie Technik, Konzentration, und alles was dahinter steckt, gibt Sophie Wachter gerne an den Nachwuchs weiter. „Kindertraining macht mir sehr viel Spaß. Ich finde es schön zu sehen, wenn sie Freude am Lernen haben und Fortschritte machen. Mein Wissen und meine Erfahrung gebe ich gerne an den Nachwuchs weiter“, zeigt sich die Karateka begeistert von der Investition in die Zukunft.

Apropos Zukunft. Nach Japan möchte Sophie gerne irgendwann reisen. „Die Stadt Tokio, die Natur im ganzen Land, die Berge, alles teilweise deutlich anders als bei uns, das reizt mich sehr. Auch mal in einem Kloster den Mönchen bei der Kampfkunst zuschauen“, lässt sie ihre Neugier raus.

Sophie Wachter

Sophie Wachter

Das ist auch irgendwie typisch in dem Metier, dass es immer nach vorne geht, immer weiter. „Karateka sind sehr perfektionistisch“, plaudert Sophie Wachter aus dem Nähkästchen, „bis eine Technik sitzt, müssen wir sie tausende Mal trainieren. 100% zufrieden bin ich nie, ein bisschen vielleicht, wenn der Trainer sagt, es war gut, oder wenn wir gegen die großen Nationen wie Italien oder Japan gewinnen. Aber danach geht’s schon weiter…“ Und dann wiederholt die rastlose Kämpferin den Satz: „Karate heißt nie auslernen!“

JJ

Weitere Informationen: Kata Team Germany Female

Foto Startseite: Sophie Wachter beim Training

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