Wild is wild (life is life)

 

In Deutschland ist alles okay, oder? Mit dem illegalen Elfenbein- und Nashornhandel haben wir nichts zu tun? Also auch nichts damit, dass es durch kriminell organisierte Wilderei in Afrika wohl bald keine Nashörner unf Elefanten mehr geben könnte. Das sind die Asiaten, die bösen Chinesen wieder mal! Gell?

Foto: Musolole©GRI Sambia

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Musolole©GRI Sambia

Nicht nur die anderen

Nicht wirklich, mal abgesehen von den um die 13 Millionen Kühen, 28 Millionen Schweinen oder circa 40 Millionen Hühnern (Zahlenangaben Albert Schweitzer Stiftung), die gesetzlich legitimiert in Deutschland in Massentierhaltung gehalten und dabei mehr oder weniger gequält werden, bekleckern sich Menschen in unserem Land, auch was Wildtiere anbelangt, nicht mit Ruhm.

„Die Privathaltung von exotischen Wildtieren wird in Deutschland immer populärer. Während dieser Trend und die damit verbundenen Probleme für die Haltung von Reptilien und Vögeln bereits ausreichend bekannt und dokumentiert sind, blieb die Haltung von Säugetieren bis jetzt vernachlässigt. Die aktuelle Gesetzeslage, Kontrolle und Registrierung für die Haltung von Wildtieren in deutschen Haushalten ist unzureichend. Die Anzahl der gehaltenen Tiere, sowie die daraus resultierenden Tierschutzprobleme und Risiken sind weitestgehend unbekannt. Der vorliegende Bericht dokumentiert die Anzahl und Vielfalt nicht-domestizierter Säugetiere, die auf zwei deutschen Internetbörsen (Exotic-Animal.de / Terraristik.com) zum Kauf angeboten wurden. Von 2010 bis 2014 wurden 10.120 Tiere aus 291 verschiedenen Arten inseriert.“ So steht es einleitend in dem 32 Seiten umfassenden Bericht „Endstation Wohnzimmer – Exotische Säugetiere als Haustiere“ von A.C. Fischer et al. vom Verein Pro Wildlife aus dem Jahr 2015.

Mit Tieren groß geworden

Die Autorin, Adeline Fischer, kam nicht ganz zufällig zu Pro Wildlife. „Ich bin mit vielen Tieren groß geworden“, blickt sie zurück, „direkt gegenüber gab es einen Gnadenhof mit Hängebauchschweinen, Lamas und Eseln beispielsweise. Wir Kinder haben geholfen. Nach dem Abitur wollte ich aktiv im Thema bleiben und suchte nach einem entsprechenden Studium.“ Das fand die junge Frau mit „Wildtiermanagement“ in den Niederlanden. „Dabei wird das Tier als Zentrum eines gesunden ökologischen Systems gesehen“, fasst Adeline zusammen, „die Savanne zum Beispiel ist nur die Savanne, weil die Lebensgemeinschaft der Organismen und deren Lebensraum funktioniert. Die Huftiere fressen die Pflanzen und Gräser, und diese werden von den Raubtieren gefressen…“

Adeline Fischer

Adeline Fischer

Fünf Jahre dauerte der Studiengang und Adeline Fischer war dabei sehr viel im Ausland unterwegs. Als im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit eine Konferenz zum Washingtoner Artenabkommen nachgestellt wurde, erkannte die Tierfreundin, dass sie wirklich etwas bewegen kann – über die Forschung hinaus, mit dem dadurch erlangten Wissen, dann draußen in der richtigen Welt. Sie kam 2014 zum Verein „Pro Wildlife e.V.“, der als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt sowie für sein offenes und transparentes Auskunftsverhalten bekannt ist. Adeline ist für Kampagnen, Projekte und Social Media zuständig.

Affen daheim?

Zu tun ist viel. „Wir konzentrieren uns auf die Wildtiere“, erklärt sie, „Tierhandel, Jagd und Wilderei, Wale und Delfine, exotische Haustiere, Zoo und Zirkus, Tierschutz auf Reisen und Raum für Wildtiere.“ Wie erwähnt erweist sich Deutschland dabei nicht als Oase der tierischen Glückseligkeit. Unter anderem die Trophäenjagd (Nashörner, Zebras) nennt die Expertin als recht verbreitet unter deutschen Touristen, zudem auch das Entnehmen von Reptilien oder Amphibien aus deren heimischen und natürlichen Lebensräumen mit katastrophalen Folgen sowohl für die Tierarten, die Ökosysteme vor Ort, als auch dann hier durch Gesundheitsrisiken für den Menschen (Krankheitserreger, Verletzungen).

Mal ein Beispiel: Der Berberaffe. Auf den oben genannten beiden Onlineplattformen wurden innerhalb der angegebenen vier Jahre 44 von ihnen im Preis zwischen 400 € und 600 € angeboten. In Gefangenschaft verbringen die Tiere wesentlich weniger Zeit mit Nahrungssuche und -aufnahme als in freier Wildbahn. Daraus resultiert vermehrtes aggressives Verhalten. Diese Art sind die einzigen in Afrika lebenden Makaken. Die Bestände sind in den letzten Jahren stark geschrumpft. Viele Jungtiere werden für den illegalen Haustierhandel gefangen. Berberaffen sind in der EU-Artenschutzverordnung gelistet und gelten als gefährdet.

Muss das sein? Muss in Deutschland jemand einen Affen im Haus haben? Also einen tierischen mit Fell? Muss überhaupt jemand irgendwo auf der Erde ein Wildtier als Haustier halten? Die Argumente für Massenhaltung und industrielle Ausbeutung der sogenannten Nutztiere sind schon dumm genug. Aber für den Berberaffen oder Nasenbären im Wohnzimmer?

Foto: Citrawan ©SOCP auf Sumatra

Foto: Citrawan
©SOCP auf Sumatra

Nicht nur Gesetze ändern

„Wir arbeiten unter anderem politisch für die Wildtiere, wirken auf Politiker auf Landes- und EU Ebene ein, arbeiten mit ihnen zusammen. Ziel sind Gesetzesänderungen. Frankreich oder die Niederlande beispielsweise haben Importverbote für Trophäen erlassen, Deutschland hat da Nachholbedarf. In den Vereinigten Staaten ist es so, dass Tiere, die in ihrer Heimat geschützt sind, auch in den USA unter Schutz stehen (Lacey Act). Bei uns nicht.“ Das sind nur einige Fronten, an denen Adeline Fischer für Pro Wildlife tätig ist. Dazu kommen einige Vor-Ort-Projekte, wie ein Waisenhaus für Affen in Kamerun oder eine Auffangstation für gewilderte und oft schwer verletzte Tiere in Indonesien und so weiter…

Ja, das könnte hier tatsächlich in einer Endlosschleife so weiter gehen. Die Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten ist lang und wird länger. Und die Liste der Länder, in denen Menschen dafür verantwortlich sind, dass es Wildtieren an den Kragen geht, ist so lang wie die Liste der Länder, die es gibt. Darauf stehen nicht nur die ach so bösen Chinesen, die meinen, das Horn des Nashorns sei medizinisch wertvoll für sie; darauf stehen auch biedere Deutsche, die meinen, selbst nicht affig genug zu sein und deshalb einen Schimpansen oder Berberaffen im Haus haben wollen – oder solche, die mit dem Tiger auf dem Grundstück oder dem Zebrafell im Wohnzimmer zeigen wollen, dass sie stark sind. Auch wenn’s schwach ist.

JJ.

Weitere Informationen: http://www.prowildlife.de/

Foto Startseite: Madame©LimbeWildlifeCentre

 

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