Den eigenen Emotionen nahe kommen

 

Inzwischen ist Alwin Eifler Schauspieler. Mit Abschluss, mit Engagements (Soko Köln, Unter uns). Der Weg dahin war irgendwie geradlinig und irgendwie kurvig. Quadratur des Kreises? Nö. Eher das Leben, wie es spielt. Aber bevor ich hier dem Dreieck fünf Winkel zuordne, frage ich mal Alwin, wie das nun war, wie es ist, und wie es weiter geht.

 

Sich selbst überraschen

 

JJ: Alwin, erzähle mal bitte ein bisschen von der Zeit an der Schauspielschule, war es verrückt, spannend, überraschend?

Alwin Eifler: Das alles, Jörg. Ich würde dazu gerne etwas weiter ausholen, wenn das ok ist. Schauspiel hat mich schon immer fasziniert, schon von klein auf, aber mir war nie so richtig bewusst, dass man das auch tatsächlich als Beruf ausüben kann. Erst später begann das, etwa im Teenageralter. Damals, 2006, entschloss ich mich für ein Auslandsjahr in England und wählte natürlich auch gleich „Theatre Studies“ als eines meiner Fächer. Das war allerdings alles andere, als ich es mir vorgestellt hatte. Man kam anderen Menschen und sich selbst plötzlich so nahe, und ich meine das jetzt nicht unbedingt körperlich, sondern seinen eigenen Emotionen kam man nahe, was mich zutiefst erschreckt hat. Ich denke, mit 16 war ich wohl noch nicht so weit. Auf jeden Fall habe ich das Fach abgewählt und das war’s erstmal mit Schauspiel. Haha.

Foto von Isabelle Haase

Foto von Isabelle Haase

Aber losgelassen hat es mich trotzdem nie. Es gab immer wieder Gespräche mit meinen Eltern, in denen ich meinen Traum, Schauspieler zu werden, zum Ausdruck brachte. Sie waren aber eher für: „Erstmal Abi und dann mal schauen“. Ich kann mich auch noch gut an den Satz von meinem Vater erinnern: „Sohn, da musst du richtig gut sein, um es da zu schaffen.“

Vielleicht hat mich das weiterhin abgehalten, mit Schauspiel anzufangen, denn erst 2011, als ich schon Sportwissenschaften/VWL studierte, was mich irgendwie überhaupt nicht erfüllt hat, entschied ich mich, es einfach zu versuchen. Ich würde sonst wohl mein ganzes Leben bereuen. Dann bin ich erstmal in Wiesbaden auf der Schauspielschule in einer Probezeit gelandet. Der Unterricht war super, allerdings komplett theaterorientiert und ich wollte zum Film.

Letztendlich bin ich froh, dass ich an der „Film Acting School Cologne“ beides lernen durfte. Naja, wie es der Zufall wollte, lernte ich einen Schüler dieser Einrichtung bei einem Promotionjob kennen. Er schwärmte in höchsten Tönen und bewegte mich dazu, mich doch einfach einmal zu bewerben. Das tat ich auch und wurde nach einem sehr herzlichen und intensiven Gespräch mit der Schulleiterin Christina Capitain zum Casting eingeladen. Genommen wurde ich dann auch und seitdem bin ich nicht von dem Pfad abgekommen.

Ich merke gerade, dass ich ganz schön ausgeholt habe. Haha. Ja, es begann eine äußerst spannende Zeit. Ich lernte Gleichgesinnte kennen, die alle ihre eigenen Wege beziehungsweise Umwege zur Schauspielerei nahmen. Überraschungen gab es immer wieder. Vor allem überraschte man sich selbst am meisten, denke ich. Zu Beginn war es ja noch komisch, sich auf dem Bildschirm zu sehen und zu hören und sich dann gemeinsam mit der Klasse zu bewerten.

Wie oft habe ich gedacht: ‚Ernsthaft, Alwin, das hast du gemacht?‘ Später machte man das ganz sachlich. Auf jeden Fall konnte man sich selbst sehr gut kennen lernen. Das war immer spannend. Generell habe ich auch viel fürs Leben gelernt, wofür ich sehr dankbar bin. Das Verrückteste war, glaube ich, die Öffnungsarbeit. Du musst dir ungefähr zwanzig Schüler vorstellen, die sich zu zweit gegenüber stehen und sich zusammen die Seele aus dem Leib heulen. Und ich weiß gar nicht mehr, wie lange das so ging. Das war…Wahnsinn.
Aber so etwas schweißt natürlich ungemein zusammen. Man hatte eine besondere Verbindung zu den Mitschülern, was die Zeit, schätze ich, so einzigartig gemacht hat.

JJ: Wolltest du unbedingt Schauspieler werden oder gab/gibt es eine Alternative?

Alwin Eifler: Ja, wie gesagt Schauspiel hat mich schon immer fasziniert und ist für mich mit nichts vergleichbar. Man ist so ehrlich mit seinen Gefühlen und versteckt diese nicht, wie es sonst ja Gang und Gebe ist. Wer zeigt schon gerne Schwäche? Aber in diesem Beruf darf man alles, und man muss sich nicht schämen. Man kann seinen Gefühlen freien Lauf lassen und die Kontrolle verlieren, und dann entstehen so wunderbare Dinge. Das überrascht mich immer wieder.

Alwin Eifler. fotografiert von Niklas Berg

Alwin Eifler. fotografiert von Niklas Berg

Alternativen findet man immer, denke ich, aber konkret gibt’s da keine. Schauspiel wird ein Teil meines Lebens bleiben, auch wenn es mal nicht so läuft. Mal sehen, wo die Reise noch hingeht.

JJ: Welche Schauspielerin, welchen Schauspieler siehst du gerne in Aktion und warum, Alwin?

Alwin Eifler: Leonardo DiCaprio habe ich schon immer gern gesehen. Er hat so einen einzigartigen Charme und Humor, aber auch unglaubliche Tiefe. Aber generell gibt es so viele tolle Schauspieler. Christian Bale in American Hustle zum Beispiel, James Franco in True Story, Edward Norton, Al Pacino, Robert DeNiro aber auch Frederick Lau in Victoria… es gibt so viele, mir würden immer wieder welche einfallen. Bei den Frauen fand ich Kate Winslet in Sense & Sensibilty unglaublich gut. Jennifer Lawrence vor allem in Silver Linings, Natalie Portman hat mich schon in Léon der Profi beeindruckt. Da fällt mir Gary Oldman ein, genialer Schauspieler.

JJ: Wenn du vor einer Kamera stehst – oder auf der Bühne – was macht das mit dir, was geht in dir vor?

Alwin Eifler: Währenddessen? Das kann ich gar nicht so genau sagen. Vorher gehe ich nochmal alles durch. Ich habe mich ja vorbereitet. Aber wenn es dann losgeht, versuche ich das alles aus meinem Kopf zu schmeißen und einfach Spaß zu haben. Am Set vor allem, denke ich, ist das sehr wichtig, um frisch zu bleiben. Theater ist da noch einmal ein bisschen anders. Ich erinnere mich an das Stück „Hirsche und Hennen“, das wir während der Schulzeit aufgeführt hatten. Klar denkt man ebenso nicht an seine Vorbereitungen, aber es herrscht eine ganz andere Energie auf der Bühne. Alle Augen sind auf einen gerichtet, man spürt die Energie der Zuschauer, der Mitspieler, die Hitze der Scheinwerfer. Mein Herz hat ziemlich geklopft. Haha.

Generell spiele ich einfach, wenn die Kamera läuft oder ich auf der Bühne stehe, es kommt wie es kommt. Aber es macht unglaublichen Spaß.

JJ: Spielst du lieber den Robin Hood oder den Sheriff of Nottingham, lieber den Nice Guy oder den Bad Boy?

Alwin Eifler: Hmm. Schwer zu sagen. Ich glaube der Nice Guy ist nicht so mein Ding, wobei ich Robin Hood jetzt auch nicht so sehen würde. Auf jeden Fall eher Bad Boy, wenn du so fragst, obwohl man das auch nicht so genau sagen kann. Ich mag starke Charaktere, die Schwäche zeigen, mehr als Charaktere mit schwachem Charakter, die Stärke zeigen.

Alwin Eifler. fotografiert von Niklas Berg

Alwin Eifler. fotografiert von Niklas Berg

Generell finde ich es wichtig, dass man das Handeln eines Charakters und den Charakter selbst, ob stark oder schwach, oder gut oder böse, verstehen kann. Wenn jemand abgrundtief böse ist, es aber absolut keinen Grund dafür gibt, oder er kein Leben hatte, was ihn zu genau diesem bösen Menschen gemacht hat, dann wäre das keine Rolle für mich. Ich will meinen Charakter verstehen, damit auch der Zuschauer ihn verstehen kann. Aber andersrum sehe ich das auch so.

JJ: Lassen wir mal der Phantasie freien Lauf; wen, was, wie, wo möchtest du gerne mal spielen – und warum?

Alwin Eifler: Unglaublich gerne würde ich eine Hauptrolle in einem Epos, wie dem Herrn der Ringe, spielen. Film oder Serie wäre mir nicht wichtig. Ich liebe einfach das Mittelalter–Genre, das geht mir irgendwie unter die Haut. Und Game of Thrones schafft das auch ohne Probleme.
Oder auch in Highschoolkomödien à la 21 Jump Street würde ich sehr gerne mitspielen, oder jemanden wie Will Smith in Bad Boys, da hätte ich total Bock drauf.

Aber auch in so etwas wie in der Serie „In Treatment“ würde mich reizen. Da wird nur mit Schuss, Gegenschuss erzählt. Ganz simpel, ohne Schnickschnack, aber pure Emotion.

JJ: Danke Alwin

Foto Starseite: Isabelle Haase

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