Angst steht nicht im Handballtor

 

Tempogegenstoß. Die mittlere Kreisläuferin sprintet auf die Torfrau zu, alleine und verlassen, schnell und entschlossen. Kurz vor der Torraumlinie hebt sie ab, hoch, weit, kraftvoll. Dann katapultiert sie den Ball millimetergenau in den sich bietenden Raum zwischen Torhüterin und Innenpfosten. Klarer Fall, einfache Geschichte. Torerfolg.

„Eine der wichtigsten Positionen, vielleicht die wichtigste überhaupt“

 

Denkste. Im Kasten steht nicht irgendwer. Da lauern Reaktionsschnelligkeit, Intuition, Erfahrung, Wissen… und ein bisschen Glück. Da lauert Jana Krause. Instinktiv, im Bruchteil einer Sekunde, platziert sie ihren Körper so, dass da wenig Raum bleibt für die Kugel, um hindurch zu schlüpfen. Die Keeperin weiß nicht, ob sie am Fuß, Bein, Arm, Oberkörper oder Kopf getroffen wird. Mitten auf der – in dem Moment vorwitzigen – Nasenspitze im dümmsten Fall.

Foto von www.pictureteam.com

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Egal. Jana stellt sich der Situation. Ohne nachzudenken. Ohne Furcht. Sie wehrt den Ball ab. Die Gegnerinnen sind frustriert, die Mitspielerinnen beflügelt. „Deshalb ist meine Position einer der wichtigsten, vielleicht die wichtigste überhaupt. Meine Aktionen können spielentscheidend sein“, beschreibt die 1,88 Meter Frau den Reiz ihres Sports, „ich habe eine Menge Einfluss, bin an unzähligen Aktionen, irgendwie an fast allen (Abwehraktionen), beteiligt.“

Angst? „Was ist Angst? Selbst wenn mich der Ball mit aller Härte mitten ins Gesicht trifft, die Freude, ihn abgewehrt zu haben, überdeckt den eventuellen Schmerz“, beruhigt Jana Krause, „und der Adrenalinschub. Wer Furcht hat, steht nicht im Handballtor!“

„Wenn jetzt im Training eine Feldspielerin gebraucht wird, rufe ich als Erste HIER!!“

 

Als Neunjährige begann die geborene Münchnerin beim oberbayrischen SC Weßling ihre Karriere. Zunächst als Feldspielerin. Im Alter von zwölf dann, als ihre Freundin, die bis dahin das Tor hütete, aufhörte, musste jemand anders rein in die Kiste. „Ich war die Einzige ohne Angst vorm Ball.“ So einfach kann Leben sein. Was Jana zunächst gar nicht passte, erwies sich als Glücksfall.  2007, 2008, 2014, 2015 und 2016 wurde sie Deutsche Meisterin, 39 Länderspiele absolvierte sie für die Nationalmannschaft.

Foto von www.pictureteam.com

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Wenngleich selber bekennender Fußballfan, sieht die Studentin für „Finance & Accounting“ in ihrer eigenen Sportart deutlich mehr Action als bei den in Deutschland populäreren Kickern. „Ständig passiert was, viel mehr als im Fußball. Das Geschehen findet hauptsächlich rund ums Tor statt“, macht sie den Unterschied aus und beobachtet, wenn sie Zuschauerin ist „hauptsächlich die Torhüter/innen und ihre spektakulären Paraden.“

„Gewinnen ist die bessere Option“

 

Ob sie ein Spiel, in dem sie selbst mitgewirkt hat, als gut einstuft, macht Jana Krause nicht nur am Sieg fest. „Gewinnen ist natürlich immer besser“, bestätigt sie, „aber man kann sich gegen einen übermächtigen Gegner auch mal mit einer Niederlage achtbar aus der Affäre ziehen. Oder glücklich gewinnen. Es hängt immer vom Kontrahenten ab.“ Dabei zieht die Torfrau auch ins Kalkül, wie sie selbst und wie der Mannschaftsverbund sich präsentiert hat.

Mit den Mädels vom Thüringer HC, für den sie seit der Saison 2013/14 aufläuft, hat sich Jana meist sehr gut geschlagen (mehrere Meistertitel). Auch in die kommende Saison geht sie mit einem guten Gefühl. „Wir haben sechs Ab- und fünf Neuzugänge“, sieht die mittlerweile in Erfurt und Bad Langensalza schon Alteingesessene zwar eine Herausforderung, zumal einige Spielerinnen erst seit kurzem da sind, „aber menschlich passt es sehr gut. Und das ist wichtig“, blickt sie mit Zuversicht nach vorne.

„In Bayern sind die Berge noch höher“

 

Die Landeshauptstadt Erfurt gefällt der Bayerin sehr gut, ansonsten hat sie „von Thüringen nicht sooo viel gesehen“. Außer Oberhof im Trainingslager kürzlich. Da hat Jana der Thüringer Wald ein bisschen an ihre Heimat erinnert. Aber nur ein bisschen. „Im Alpenvorland sind die Berge deutlich höher“, stellt sie fest.

Was dagegen im beschaulichen 17.500 Einwohner Kurstädtchen Bad Langensalza „Wahnsinn“ ist, seien die Fans, „in der immer ausverkauften Halle ist eine tolle Stimmung. Unsere Anhänger fahren auch mit zu den Auswärtsspielen. Zum Pokalmatch in Leipzig waren 300 bis 400 Thüringer mitgereist.“

Jana Krause; Foto pictureteam.com

Jana Krause; Foto pictureteam.com

Jana Krause, die hoffentlich noch lange aktiv sein wird, stellt sich nach dem Karriereende, irgendwann mal, nicht vor, „unterklassig nebenher weiter zu machen“, auch der Trainerinnenposten ist nicht ihrer. Eher schon im Management kann sich die Torfrau eine anhaltende Verbindung mit dem Handballsport vorstellen. Dafür passend ist auch ihr Studiengang.

Mittlere Kreisläuferinnen werden dann wohl nicht mehr auf sie zu stürmen, um den Ball sonst wohin zu katapultieren. Aber andere Herausforderungen werden anstehen und auf eine unerschrockene, intuitive und erfahrene Jana treffen.

JJ

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