Trockener Humor

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Katrin Ingendoh; Foto Anya Zuchold

Katrin Ingendoh;
Foto Anya Zuchold

Katrin Ingendoh nahm in ihrer Jugend Ballettunterricht, studierte an der Stage School in Hamburg Schauspiel, arbeitete seither an mehreren Theatern und wirkte in zahlreichen Filmen beziehungsweise Serien mit (beispielsweise „In aller Freundschaft“ oder „Großstadtrevier“).

Seit 2015 spielt sie an der Seite von unter anderem Olli Dittrich und Klaas Heufer-Umlauf die Hauptrolle in der Serie „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“. Darüber erzählt sie uns. Zudem über Humor, Comedy, den Ernst des Schauspiel-Lebens und die Faszination ihres Berufes.

Hier und jetzt:

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„Manchmal ist das magisch, weil Situationen entstehen, die so nicht geplant waren“

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JJ: Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt fast so viele Humordefinitionen wie Menschen. Und manche davon sind von mir ganz weit weg. Was ist Humor für Sie ganz persönlich, der Katrin-Humor quasi?

Katrin Ingendoh: Mein Humor ist trocken. Definitiv. Und ich lehne mich einfach mal soweit aus dem Fenster und sage, er ist intelligent, beziehungsweise ich mag intelligenten Humor. Schenkelklopfer und „Hau-drauf-Humor“ ist nicht meins. Ich lache über Dinge, die nicht vorhersehbar sind in Sketchen und der Komik!

JJ: Oft vermisse ich – besonders in hastig produzierten Serien – die Tragik in der Komik beziehungsweise (und das sogar noch öfter) die Komik in der Tragik. Ohne konkrete Frage, erzählen Sie bitte mal eben drauf los, was Ihnen dazu einfällt.

Katrin: Komik ernst zu nehmen steht für mich an erster Stelle. Ich hab schon früh gelernt, dass es viel schwieriger ist, das Publikum zum Lachen zu bringen als zum Weinen. Wenn es in der Komik eine Tragik oder Ernsthaftigkeit gibt, empfinde ich sie als viel näher an mir als flache Witze.

Katrin Ingendoh; Foto Anya Zuchold

Katrin Ingendoh;
Foto Anya Zuchold

Das Identifizieren fällt leichter und macht im besten Falle Spaß. Umgekehrt genau so. Wenn eine ernste Situation, gerade im Schauspiel, ein Augenzwinkern beinhaltet, macht sie das sympathisch und nahbar. Funktioniert natürlich nicht immer, aber wenn man die Möglichkeit hat und bekommt, als Schauspielerin eine Szene dahingehend mitzugestalten – do it!

JJ: Und nochmal beginne ich eine Frage mit einer persönlichen Erfahrung. Als Jugendlicher wunderte ich mich ständig, warum mein Vater bei Hans Moser Filmen Lachkrämpfe bekam. Jetzt bekomme ich sie selbst. Haben Sie ähnliche Erfahrungen, lachten als Kind oder Teenie an anderen Stellen als Ihre Eltern oder Großeltern?

Katrin: Meine Erinnerung sagt mir immer wieder, dass mein Humor schon als Kind relativ erwachsen war. Natürlich habe ich auch über Dinge gelacht, über die meine Familie nicht lachte, oder umgekehrt, einfach, weil ein Kind natürlich ein anderes Verständnis und eine Unwissenheit vieler Dinge gegenüber hat.

Mir wurde aber immer viel erklärt und ich wurde mit einbezogen, so, dass ich schnell begriff und eine Form von Humor für mich entdeckte. Hape Kerkeling zum Beispiel fand ich schon als Kind großartig, so wie Evelyn Hamann und Loriot.

Ich habe immer an Silvester in der Fernsehzeitschrift sämtliche Sketchserien, die ich als lustig empfand, markiert und uns ein Programm zusammengestellt. Darauf habe ich mich immer gefreut.

JJ: Nun aber zur Sache, Katrin, worin besteht Ihre ganz persönliche Faszination Schauspiel, wenn Sie zuschauen, wenn Sie selbst spielen?

Katrin: Schauspiel ist für mich die Möglichkeit, Personen darzustellen, die ich in den seltensten Fällen jemals sein werde, in Situationen einzutauchen, die ich nicht erlebe. Jemand anderes zu sein, sich selbst kennenzulernen, zu sehen, wie wäre man, würde man immer so und so aussehen, so und so heißen, hier oder dort leben und in dieser oder jener Situation sein, macht etwas mit mir, was spannend ist und herausfordernd.

Der Rest ist einfach Leidenschaft, Berufung, ein inneres Brennen, ein Drang, eine große Begeisterung, Menschen zu unterhalten und in andere Welten und Szenarien zu entführen. Als Zuschauerin gelingt es mir, Gott sei Dank, noch immer sehr gut, mich von einem guten Film und tollen Kollegen mitreißen zu lassen, ohne auf technische Details zu achten. Auch das liebe ich, auf der Leinwand, im Fernsehen, oder im Theater – selbst einzutauchen und mich inspirieren zu lassen.

JJ: Ist Ihre Faszination Comedy eine andere als die vom Schauspiel, sind das zwei Finger an der selben Hand, sind es zwei verschiedene Paar Schuh?

Katrin Ingendoh; Foto Anya Zuchold

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Katrin: Comedy ist auch eine Form vom Spiel, genau wie Krimi, Drama, oder ähnliches… Es ist Teil des Berufs und ich liebe es sehr, ich habe einen Hang zum Lustig sein und das ist gut so. Es heißt aber nicht, dass ich mich darauf festlege und nichts anderes spielen will oder kann.

Mit Comedy – und darunter fällt ja zum Beispiel auch Satire und Kabarett, meiner Meinung nach, ist es oft viel leichter möglich, auf Umstände aufmerksam zu machen. Man erreicht viele Menschen, die sich für manche Themen, die trocken behandelt werden, nicht interessieren würden.

JJ: Was denken, fühlen, spüren Sie genau in jenen Momenten, in denen Kamera und Mikrofon laufen und der Regisseur „und bitte“ sagt?

Katrin: Ich lasse einfach laufen. Also die Situation – nicht untenrum ;-). Ich denke nicht mehr darüber nach, wie, was, wann, wo – ich nehme einfach das an, was mir mein Handwerk und mein Körper in Kombination mit meiner Rollenvorbereitung anbietet.

Manchmal ist das magisch, weil Situationen entstehen, die so nicht geplant waren, oder von denen ich nicht erwartet hätte, dass sie so laufen, wie es in dem Moment der Fall war. Ist ein tolles Gefühl. Es kann auch sein, dass man nicht so zufrieden ist nach einem Take und ihn wiederholen möchte. Ich verlasse mich da aber auch viel auf die Regie. Manchmal wirkt eine Szene, von der man beim Spiel dachte, sie war nicht so optimal besser, als jene, von der man währenddessen überzeugt war…

JJ: Wie wichtig sind in jenen Momenten die Schauspielkollegen (Kolleginnen)?

Katrin: Wenn Kollegen und Kolleginnen gut drauf sind und mit einem arbeiten und nicht dagegen, ist alles super und die Arbeit fällt natürlich auch dementsprechend leicht. Wenn man Kollegen oder Kolleginnen hat, die ihre eigenen Baustellen haben, nicht gut vorbereitet sind oder unaufmerksam, kann es mitunter etwas zäh werden. Bisher habe ich aber selten solche Fälle erlebt und dazu ist es ja auch immer die Eigenwahrnehmung.

JJ: Und was passiert nach dem „danke“, wenn die Szene abgedreht ist, mit Ihnen, wie schnell und wie komplett sind Sie wieder raus aus der Figur?

Katrin: Das hängt davon ab, ob der nächste Take sofort folgt oder man diesen noch mal wiederholt. Es kommt natürlich auch immer auf die Rolle an. Bei Komödien ist es einfacher ein- und auszusteigen, als bei ernsten Sachen. Beim Drehen zieht sich die jeweilige Stimmung dann auch mal durch den Tag, auf der Bühne ist sie nur kurz vor und während der Vorstellung da. Im Großen und Ganzen kann ich aber relativ gut switchen, glaube ich…

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„Ich bin sehr glücklich, diese Hauptrolle und mit diesem tollen Team sogar den Deutschen Comedypreis bekommen zu haben“

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JJ: Plaudern Sie bitte mal munter drauf los über „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“. Was Ihnen spontan einfällt…

Katrin: “Jennifer“ ist eine, wie ich finde, wunderbare und sehr präzise recherchierte und geschriebene Comedyserie von Andreas Altenburg und Harald Wehmeier, die vielen durch „Frühstück bei Stefanie“ und „Wir sind die Freeses“ bekannt sein könnten. Die großartige Regie von Lars Jessen und meine hinreißenden Kolleginnen und Kollegen, wie Doris Kunstmann, Laura LoZito, Olli Dittrich, Klaas Heufer-Umlauf, David Bredin, Ulrich Bähnk und Wilfried Dziallas, um nur einige zu nennen, machen das ganze Ding zu dem, was es ist: Ein Herzensprojekt. Ich bin sehr glücklich, diese Hauptrolle und mit diesem tollen Team sogar den Deutschen Comedypreis bekommen zu haben!

Katrin Ingendoh; Foto Anya Zuchold

Katrin Ingendoh;
Foto Anya Zuchold

JJ: Wie fit sind Sie, wenn es beispielsweise um „Rond de jambe par terre“, „En-dehors“ oder   „En-dedans“ geht? Und: Was hat Ihnen die Zeit des Ballettunterrichtes gegeben, was wirkt noch nach?

Katrin: Nachdem ich die Begriffe gegoogelt habe, bin ich wieder im Bilde :-). Nein, Ballett ist etwas, was mich 20 Jahre lang geprägt hat. Ich habe mit vier Jahren angefangen zu tanzen und nach meiner Ausbildung in Hamburg aufgehört. Ich habe dadurch eine so fundierte Ausbildung im Tanz erhalten, die mir bei jeder Rolle, die ich, egal wo, spiele, zugute kommt.

Körperspannung, Haltung, Bewegungsabläufe, Auffassungs- und Umsetzungsvermögen, Schnelligkeit, Präsenz… ich bin so froh, dass ich das alles schon von Kindesbeinen an gelernt habe und mir nicht im Nachhinein hart antrainieren musste. Für diesen Beruf absolut notwendig, finde ich.

JJ: Haben Sie einen Schauspielerinnen- oder Comediantraum, Katrin, möchten Sie gerne eine spezielle Rolle spielen, in welchem Genre, mit wem, wo… weshalb…?

Katrin Ingendoh; Foto Anya Zuchold

Katrin Ingendoh;
Foto Anya Zuchold

Katrin: Ich würde sehr gerne mal etwas Historisches spielen, die 20er, 30er Jahre reizen mich, zum Beispiel, oder Anfang des 20. Jahrhunderts. Ansonsten habe ich keine konkreten Träume, ich freue mich über Angebote und finde es großartig, zwischen Comedy und Ernst zu variieren.

Bei „In aller Freundschaft“ zum Beispiel, wo ich zwischendurch immer mal wieder als Julia Jägers Freundin „Alexandra Seier“ auftauche, durfte ich letztens eine besondere Situation spielen, die sehr emotional für mich war, was ein tolles Erlebnis war. Zu viel wird noch nicht verraten, kann man Anfang August, ich glaube am 6. um 21:00 Uhr in der ARD, sehen ;-).

JJ: Danke

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Weitere Informationen: Katrin auf facebook oder Katrin auf der Webseite ihrer Agentur

Foto Startseite: Anya Zuchold

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