Charaktere lebendig werden lassen

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Nicole Böhm nahm in den Vereinigten Staaten von Amerika am College Zeichen- und Schauspielunterricht und durchlief eine Ausbildung an der „American Musical and Dramatic Academy“ in New York. In Deutschland zurück fotografierte sie nebenberuflich für eine Tierfotoagentur.

Die Autorin Nicole Böhm

Die Autorin Nicole Böhm

Still im Büro sitzen oder immer dasselbe tun scheint also nicht ihr Ding. 2017 entschloss sich Nicole, als freiberufliche Autorin in die Selbstständigkeit zu gehen.

Die junge Frau verfasste Serie „Die Chroniken der Seelenwächter“. Im November 2017 fand im „theater am puls“ in Schwetzingen eine ausverkaufte Vorstellung des gleichnamigen Livehörspiels statt. Außerdem stammt aus ihrer Feder unter anderem „Das Vermächtnis der Grimms – Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“. Sie erstellt ihre eigenen Cover und Grafiken.

Davon – und wie es weiter geht – erzählt sie uns mal eben. Hier und jetzt:

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„Ich habe die nächsten Projekte schon im Kopf, bleibe aber flexibel…“

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JJ: Nicole, was hat ein Buch, das du nicht aus der Hand legst, wenn du einmal angefangen hast zu lesen? Und: macht es auch noch etwas mit dir, wenn du durch bist?

Nicole Böhm: Es hat Tiefe, Emotionen und lebendige Charaktere. Ich liebe es, wenn sich der Autor mit seinen Charakteren beschäftigt hat und ich sie auch nachvollziehen kann. Ich muss dann nicht immer mit ihren Handlungen einverstanden sein, aber wenn es in sich schlüssig ist, bin ich glücklich.

Außerdem mag ich ausgeklügelte Twists.:) Ich lasse mich gerne überraschen, das ist aber kein Muss, damit mir ein Buch gefällt. Ich lese durchaus auch gerne Geschichten, die ich vorhersehen kann, solange sie mich emotional berühren. Über manche Bücher kann ich dann noch tagelang nachdenken.

JJ: Wir mussten für den Deutsch-Unterricht Bücher lesen. Ich denke, es waren im Laufe der Jahre zwischen fünf und zehn. Wirklich gelesen habe ich nur „Robinson Crusoe“, bei allen anderen habe ich nur so getan. Wie war das bei dir, hast du schon in der Schule gerne gelesen? Erinnerst du dich an einige dieser Werke?

Nicole: Wir hatten mal „Das Parfüm“, das ich vorstellen sollte und obwohl es eine tolle Geschichte ist, habe ich es nie geschafft das zu lesen, sondern mich eher nur durchgemogelt …

JJ: Mein Schreiben nenne ich nicht Kunst, Nicole, ich nenne es Handwerk. Sitze ich allerdings an der Tastatur und tippe einen Text, kommt mir das gar nicht handwerklich vor. Meist wundere ich mich danach, woher die Wörter und Sätze kommen. Sie fließen einfach. Oder nicht. Wie sieht das bei dir aus?

Nicole: Kunst/Handwerk. Beides. Ich sitze auch oft hier und gehe völlig in einer Szene auf und vergesse alles um mich herum. Damit es aber zu diesem Punkt kommen konnte, musste ich das Handwerk lernen. Es ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich nicht mehr darüber nachdenken muss, sondern mich aufs Geschichten erzählen konzentrieren kann.

Manchmal bin ich dann so gefangen, dass ich richtig ausgepowert bin hinterher. Vor allen Dingen, wenn es in Szenen heiß hergeht (Action oder Kämpfe).

JJ: Falls die Frage überhaupt beantwortbar ist, warum schreibst du genau das, was du schreibst – Fantasy? Hast du auch Lust auf eine realistische Gegenwartsgeschichte, einen Krimi, einen Liebesroman?

Nicole: Ich liebe es mit der Fantasy die Grenzen des Möglichen zu überschreiten, wobei ich immer den Bezug in die Realität brauche. High Fantasy ist also nichts für mich und lese ich auch nur sehr selten.

Das Vermachtnis der Grimms, Nicole Böhm

Das Vermächtnis der Grimms,
Nicole Böhm

Ich mag es, mir die Frage zu stellen: Was wäre, wenn es diese Kreaturen wirklich gäbe? Wie würden die Menschen reagieren? Dennoch mag ich sehr gerne das Genre wechseln und werde das auch mit meinem nächsten Projekt, was eine Romance Geschichte wird.

JJ: Gehst du beim Schreiben systematisch und durchgeplant vor oder eher aus dem Bauch und dich selbst überraschend?

Nicole: Ich liebe es zu planen und ich brauche das auch ein Stück weit. Das gibt mir Sicherheit, wodurch ich dann wieder loslassen kann beim Schreiben.

JJ: Wieso hilft dir dein Schauspielunterricht in den USA beim Schreiben?

Nicole: Weil er mich gelehrt hat, Charaktere lebendig werden zu lassen. Im Schauspiel hast du auch nur einen Charakter auf einem Blatt Papier. Er ist erstmal nur beschrieben, aber er lebt noch nicht. Es ist unsere Aufgabe, ihm Persönlichkeit zu geben und diese Techniken helfen mir enorm beim Schreiben.

Ich kann mich auch sehr gut in die Charaktere hineinversetzen, selbst dann, wenn ich sie nicht leiden kann. Im Schauspiel kann es dir passieren, dass du den irren Serienkiller spielst und da musst du irgendwo anknüpfen, sonst wird er nicht glaubhaft werden.

JJ: Was haben Leonard Cohen und sein Song „Hallelujah“ mit dir und deinem endgültigen Entschluss zu schreiben zu tun?

Nicole: Das Lied hörte ich bei einer Autofahrt und die erste Songtextzeile daraus hat mich nicht mehr losgelassen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich die Seelenwächter entwickelt und war dabei, mich in der Welt einzufinden. Es hat lange gedauert, bis ich eine Richtung für sie fand und der Song gab dann den ausschlaggebenden Punkt.

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„Letztlich kochen sie auch nur mit Wasser, aber sie fangen früher damit an…“

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JJ: Und wenn wir schon mal in den Vereinigten Staaten sind, plaudere bitte mal munter darauf los, wie haben dir Land und Leute gefallen, kochen die Mädels und Jungs dort mit was anderem als mit Wasser?

Nicole: Ich liebe die USA, auch wenn natürlich einiges sehr schräg dort abläuft. Aber in Sachen Schauspiel sind sie uns definitiv voraus. Sie fangen einfach früh damit an, führen in den Schulen schon Theaterstücke auf oder singen und tanzen. Letztlich kochen sie auch nur mit Wasser, aber sie fangen früher damit an, was ihnen einen Vorsprung gibt.

JJ: Nicole, erzähle bitte mal, gerne am Beispiel der Kristin Collins aus „Das Vermächtnis der Grimms“, wie eine solche Figur zunächst mal in deinen Gedanken entsteht und sich dann auf dem Papier entwickelt.

Nicole: Ah, die Kris 🙂 Bei den Grimms ist es so, dass ich sehr viele Freunde aus meinem Bekanntenkreis als Models einsetzen konnte. Es hat sich so gut gefügt, weil sie alle perfekt gepasst haben. Kris wird von Denise Schultheis repräsentiert, die ich schon lange fangirle, mich aber nie getraut habe sie zu fragen, ob sie gerne das Model für Kris sein wollte.

Sie war dann so begeistert von der Idee, dass daraus eine ganz eigene Energie entstanden ist. Wir haben viel geredet, uns getroffen und es war, als würden wir uns schon ewig kennen. Daraus ist nun eine wundervolle Freundschaft gewachsen und es fließt schon einiges von Denise zu Kris. Insofern war das eine gegenseitige Inspiration.

Mit Kris wollte ich zudem einen Charakter, der Jess aus den Seelenwächtern nicht zu sehr ähnelt. Sie sollte von Anfang an tougher und erfahrener sein, sich nicht erst finden müssen, was bei Jess ja ein großes Thema zu Beginn ist.

JJ: Was macht dir Spaß daran, die Cover und Grafiken für deine Geschichten selbst zu erstellen?

Nicole Böhm, Buch Cover

Nicole Böhm, Buch Cover

Nicole: Ich liebe es zu zeichnen. Es ist ein Medium, durch das ich mich seit meiner Kindheit ausdrücke, daher gehört es für mich zu meinem Alltag. Als ich angefangen habe zu schreiben, wollte ich die Charaktere auch sehen und weil ich mir nicht einfach Bilder aus dem Internet ziehen wollte, fing ich an sie zu malen. Das hat nicht mehr aufgehört 🙂

JJ: Was planst du mittel- und langfristig?

Nicole: Mittelfristig. Ich habe die nächsten Projekte schon im Kopf, bleibe aber flexibel genug sie auch mal zu ändern. Die Grimms waren erst auch nicht geplant und haben sich so ergeben.

JJ: Vielen Dank, viel Erfolg und ganz viel Spaß dabei.

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Weitere Informationen: facebook Seite von Nicole Böhm

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