Auge, Schnelligkeit, Kraft und Ballgefühl

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Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim Koch;
Tanja Spindler Photographie

Tim Koch spielt in der 2. Basketball Bundesliga ProA für die Kirchheim Knights. Der 1,96m Mann begann als Kind mal für den Verein „Grüner Stern“ aus Keltern. Zwischenzeitlich mischte der inzwischen 29 Jahre junge Sportler in der ersten Liga für die MHP Riesen Ludwigsburg mit.

Uns erzählt er hier und jetzt über die Faszination Basketball, seine Anfänge, seine Position, seinen Verein und seine Zukunft. Und über den Spaß an der Verteidigung:

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„… am liebsten den besten Spieler des gegnerischen Teams aus dem Spiel nehmen“

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JJ: Tim, gehen wir gleich mal in medias res. Worin besteht für dich ganz persönlich die Faszination Basketball? Was begeistert dich beim Zuschauen, was, wenn du selbst spielst?

Tim Koch: Beim Basketball kommt es auf so viele Elemente an, um den Sport erfolgreich spielen zu können: man braucht Auge, Schnelligkeit, Kraft, ein gutes Ballgefühl und ein ruhiges Händchen, Spielübersicht – und vor allem reaktionsschnelles Handeln ist enorm wichtig. Das ist es, was mich so fasziniert!

Beim Zuschauen wird es einfach nie langweilig, es ist immer Spannung drin, selbst bei einem vermeintlich großen Vorsprung von 15-20 Punkten ist das Spiel nicht entschieden. Basketball ist ein Spiel von Läufen, das bedeutet, es kann schnell wieder offen sein, wenn die Mannschaft einen Lauf bekommt.

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim (in weiß); Tanja Spindler Photographie

Genau das ist es auch, was beim selbst spielen so unglaublich motiviert und das Aufgeben nie zulässt: die Chance, das Spiel noch drehen zu können! Zudem gibt es keine Gelegenheit, während des Spiels mal abzuschalten oder sich mental eine Pause zu gönnen (außer natürlich bei einer Auszeit), man muss jederzeit ready und immer konzentriert sein.

Der kleinste Fehler kann am Ende den Unterschied ausmachen, ob du mit einem Punkt verlierst oder gewinnst. Jede Situation ist wichtig und kann spielentscheidend sein. Basketball ist einfach der geilste Sport!

JJ: Beschreibe bitte aus deiner Sicht, also nicht fürs Lexikon, deine Lieblingsposition auf dem Feld. Wie nennst du sie, welche Voraussetzungen musst du mitbringen, welche bringst du mit und was macht dir speziell an dieser Position Spaß?

Tim: Ich spiele überwiegend auf der Position des „Small Forward“, bei der man entweder von außen gefährlich ist oder auch durch seinen körperlichen Vorteil kleinere Gegenspieler unter dem Korb vor Probleme stellt. Das sind auch gleichzeitig die Eigenschaften, die auf der Position wichtig sind: zum einen die Schnelligkeit, um kleinere Gegenspieler verteidigen zu können, aber auch eine gewissen Physis, die notwendig ist, um gegen kräftigere Spieler dagegen halten zu können.

Ich bin ganz klar ein Typ, der außen seine Stärken hat. Meine Spezialität ist der 3 Punkte Wurf, den ich versuche, so gut es geht in Szene zu setzen.

Da ich immer nur auf dieser Position gespielt habe und die Anforderungen meinen Stärken entsprechen, ist die Position des Small Forward natürlich mein Favorit. Für erfolgreichen Basketball sind aber alle fünf Positionen unglaublich wichtig, wobei jeder spezifische Stärken hat.

JJ: Wie hat der ganze Spaß angefangen, Tim, wie kam es dazu, dass du dich als Kind dem Verein Grüner Stern aus Keltern angeschlossen hast? Was hielt dich damals am Ball?

Tim: Das Ganze hat damals in meinem Heimatort angefangen. Ein Bekannter meiner Eltern hat einmal die Woche eine Basketball-AG geleitet. Da es mir so Spaß gemacht hat und die AG irgendwann aufgelöst wurde, habe ich dann, zusammen mit zwei anderen aus dem Ort, nach Maulbronn zu einem richtigen Verein gewechselt.

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim Koch;
Tanja Spindler Photographie

Als auch das dann leider keine Zukunft mehr hatte, war die Frage, ob ich nach Pforzheim oder Dietlingen gehe. Am Ende war es eine einfache Entscheidung, da wir sehr viel Positives über die Jugendarbeit beim Grünen Stern Keltern gehört und uns deshalb dafür entschieden haben.

JJ: Gab es irgendwann den Moment, in dem du dich entschlossen hast, professionell Basketball zu spielen oder war es eher ein Prozess?

Tim: Mit der Zeit ist dann in mir der Gedanke gereift, einmal Profibasketballer werden zu wollen. Das war aber eher ein Prozess über längere Zeit hinweg, in der ich einfach immer weiter dran geblieben bin.

Es war jedoch ein ziemlicher Zeitaufwand – immer nach Dietlingen zu fahren – und da die anderen aus meinem Ort nach und nach abgesprungen sind, war am Ende nur noch ich da, der gefahren werden musste. Das alles haben meine Eltern möglich gemacht, ohne die ich das alles nicht so hätte umsetzen können und jetzt nicht da stehen würde, wo ich jetzt stehe! Die Freude am Basketball war so enorm, dass ich mit Ehrgeiz das Ziel verfolgte, irgendwann mal als Profi spielen zu können.

JJ: Ist für dich erst das Match an sich der Spaßfaktor oder auch schon das Training oder das Zocken draußen auf einem abgelebten Platz mit Freunden? Ist es die Hauptsache, dass da irgendwo die orange Kugel fliegt?

Tim: Training kann natürlich auch Spaß machen. Aber das eigentliche Highlight, auf das jeder Spieler hin fiebert, ist das Match am Wochenende.

Im Sommer auf dem Freiplatz ist es dann ganz was anderes, wenn man nach dem Urlaub oder einer gewissen Auszeit nach der Saison (was mental sehr wichtig ist) wieder zum ersten Mal das orangene Leder in den Händen hält. Ohne Druck mit Freunden oder meinem Bruder ein paar Bälle zu werfen, macht natürlich riesig Spaß und zeigt einem auch, was für eine Freude man noch an der Sache hat.

JJ: Bist du ein Mann der Defensive, liegt sie dir eher im Blut oder bist du eher der, dem der Coach diesbezüglich auf die Sprünge helfen muss?

Tim: Ich bin ganz klar ein Spieler, der gerne verteidigt, am liebsten den besten Spieler des gegnerischen Teams aus dem Spiel nehmen. Vor allem bin ich der Meinung, dass Verteidigen nur eine Frage des Willens ist und man kein Talent oder besondere Fähigkeiten dafür benötigt.

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim Koch;
Tanja Spindler Photographie

JJ: Tim, während meiner Zeit in Bremerhaven war ich oft in der Stadthalle und habe mir die Heimspiele der Eisbären angeschaut. Ich stellte fest, dass für den Zuschauer für den Eventcharakter eines Basketballspiels mehr als die Akteure auf dem Feld wichtig sind – die Versorgung mit Speis und Trank, Ordnung und Sicherheit, das Danceteam, der Hallensprecher, Choreografien der Fans, die Späße des Maskottchens – und natürlich alle, die in der Vorbereitung ihren Job gemacht haben. Für einen Gedanken daran, für ein Auge dafür, bleibt dir als Spieler während des Matches (einschließlich unmittelbar davor) keine Zeit, oder?

Tim: Natürlich bekomme ich während des Spiels leider nichts von all dem mit. Dafür ist man zu sehr auf das Spiel und den Gegner fokussiert. Ist ziemlich witzig, wenn Leute nach dem Spiel zu mir kommen und mir erzählen, was sie alles reingerufen haben.

Ich kann dann leider immer nur sagen, dass ich das alles überhaupt nicht gehört oder mitbekommen habe. Sie sind dann immer ganz erstaunt darüber und können es kaum glauben.

JJ: Und wenn wir einmal dabei sind: Beschreibe mal bitte, was in dir vorgeht, während du in eine prall gefüllte Halle einläufst, die Mädels vom Danceteam stehen Spalier, das Maskottchen klatscht ab, dann die anderen Jungs, die Zuschauer stehen und applaudieren, der Coach läuft irgendwo nervös auf und ab…

Tim: Das Gefühl ist sehr schwer zu beschreiben! Das ist auf jeden Fall was ganz Besonderes. Genau dafür machen wir unseren Sport. Das gibt einem so einen unglaublichen Adrenalinstoß, welcher einem dann auch zu besonderen Leistungen verhilft.

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

JJ: Was ist da los bei euren legendären Heimspielen in Kirchheim unter Teck, was veranstalten die Fans da, warum wachst Ihr Spieler über euch hinaus, warum haben die Gäste Respekt?

Tim: Das Besondere in Kirchheim ist zum einen die kleine Halle, was natürlich eine ganz besondere Atmosphäre verspricht, wenn die Halle gefüllt ist. Zum anderen sitzen die Zuschauer unmittelbar am Spielfeldrand, was auch zu einer hitzigen Stimmung führen kann.

Es ist eine viel intensivere Verbindung zwischen Team und Publikum, wenn die Zuschauer den Sport so nah miterleben dürfen. Genau das macht auch unsere Heimstärke aus. In einer kleineren, dafür aber gut gefüllten Halle, kommt viel bessere Stimmung auf, was uns dann auch mehr pusht.

JJ: Was ist dieser Verein (Kirchheim Knights) für dich? Erzähle mal, wie familiär, wie professionell geht es zu, steht die ganze (oder halbe) Stadt kopf, wenn es um Basketball geht?

Tim: Für mich ist dieser Verein was Spezielles, da es in der Liga immer weniger so kleine Standorte/Clubs gibt. Kirchheim steht für ein familiäres Umfeld. Alle Verantwortlichen haben eine sehr enge Bindung zum Verein und stecken ihr Herzblut in all ihre Tätigkeiten.

Auf der anderen Seite können so kleinere Standorte viel von größeren Organisationen lernen oder sich abschauen, vor allem was die Professionalität betrifft. Die Stadt ist nicht ganz so basketballverrückt wie man vielleicht denken würde. Aber unsere Halle wird bei großen Spielen zur richtigen Ritterfestung und unangenehm für alle Gegner.

JJ: Tim, wann ist ein Spiel ein gutes Spiel, wenn es gewonnen ist?

Tim: Nein, man kann ein Spiel gewinnen, wenn man mal nicht so gut spielt. Genauso auch anders herum kann man, wenn man ein gutes Spiel abliefert, am Ende verlieren. Zu einem guten Spiel gehört meiner Meinung nach, dass man den vom Coach vorgegeben Gameplan umsetzt und zusammen als Team auftritt.

JJ: Gibt es Spieler oder Teams, egal ob hierzulande oder in Übersee, egal ob jetzt oder früher mal, die dich begeistern, denen du gerne zuschaust?

Tim: Ich war und bin ein großer Fan von Dirk Nowitzki. Seine Art und Spielweise und wie er den heutigen Basketball revolutioniert hat, hat mich von klein auf begeistert und mitgerissen. Ich bin früher teilweise nachts aufgestanden und habe mir die Dallas Spiele angeschaut und mit gefiebert. Ich finde es extrem bemerkenswert, was er erreicht hat und wie bodenständig er dennoch geblieben ist.

Ein besonderes Team habe ich heutzutage nicht, damals waren es natürlich die Dallas Mavericks. Heute will ich einfach ein gutes und spannendes Spiel sehen, wenn ich mir eins anschaue.

Tim Koch; Tanja Spindler Photographie

Tim Koch;
Tanja Spindler Photographie

JJ: Du hast schon einiges erlebt, Tim. Schauen wir mal nach vorne. Steht der Plan für die nächste Saison? Hast du einen Basketballtraum offen? Was passiert irgendwann in der Zukunft, wenn die aktive Karriere am Nagel hängt, irgendwas mit Basketball im Idealfall?

Tim: Der Plan für nächste Saison ist voll angreifen und versuchen, wieder die Playoffs zu erreichen. Vor kurzem habe ich erst für drei weitere Jahre in Kirchheim verlängert. Ich bin der Überzeugung, mit dem Verein zusammen etwas Besonderes aufbauen zu können, was auch für die Zukunft der Knights richtungsweisend sein wird.

Da kommen wir dann auch schon zu meinem Traum: Aufsteigen, beziehungsweise um den Aufstieg mitspielen. Das würde ich am liebsten hier in Kirchheim erleben!

JJ: Danke, viel Spaß, viel Erfolg.

Tim: Liebe Grüße.

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