Spektakel Basketball

 

Rahel; Fotograf: Pixroom

Rahel Wehrli; Fotograf: Pixroom

Die 1,72m große Rahel Wehrli spielt für den Basketballclub Winterthur in der Schweizer Nationalliga A. Der Ort hat 112.000 Einwohnern und ist der zweitgrößte des Kantons Zürich.

In Winterthur gibt es unter anderem 16 Museen. In wie weit die für ihre Besucher Action bieten… keine Ahnung. Da indes, wo Rahel und die anderen Mädels die orange Kugel tanzen und durch den Korb gleiten lassen, ist auf jeden Fall Kurzweil angesagt, Spannung und Spektakel.

Hier und jetzt erzählt uns die Schweizerin erstmal über sich, ihr Team, ihren Sport und die Erfolge:

 

„Lasst uns den Pokal nehmen und davon rennen, dann haben wir ihn!“

 

JJ: Rahel, erzähle bitte als erstes ein bisschen über Winterthur. Was für eine Gegend ist das, was für eine Stadt, wie sind die Basketballfans da, wie geht’s im Verein zu?

Rahel Wehrli: Um ehrlich zu sein, kenne ich Winterthur so gut wie gar nicht. Ich hatte vor meiner Zeit beim BC Winterthur keinen Bezug zur Stadt und auch jetzt beschränken sich meine Aufenthalte eigentlich auf die Trainings und Spiele.

Der Verein ist sehr familiär. Auch die Fans gehören zu dieser Familie und stehen dadurch auch in weniger guten Zeiten hinter dem Team.

JJ: Warst du schon in allen 16 Museen?

Rahel: Leider war ich noch in keinem.

JJ: Und: Was für ein Team hat sich für die laufende Saison zusammengefunden, passt es spielerisch, macht es außerhalb des Courts Spaß mit den Mädels?

Rahel: Letzte Saison hat das Team eigentlich den Unterschied ausgemacht. War das gewisse Etwas, das uns zum Sieg im Cup verholfen hat. Auf diese Saison hat es etliche Änderungen in der Mannschaft gegeben, dies hat vor allem neben dem Platz Einfluss.

Noch vor einem Jahr aßen wir nach den Trainings zum Teil noch zusammen, was diese Saison eher selten ist oder aber nicht als geschlossenes Team. Da müssen wir uns noch ein wenig finden.

Basketball NLA Frauen Winterthur Helios

Rahel in Aktion; Foto: Stefan Kleiser

Auf dem Platz sind wir sicherlich vielseitiger als noch letzte Saison. Dies zeigen schon unter anderem die Statistiken der ersten Spiele. Das Team hat nun mehr Stützen als nur die Profispielerinnen. Dies fördert merklich den Zusammenhalt auf dem Feld, denn jede kämpft für jede.

JJ: Rahel, beschreibe mal bitte aus deiner ganz persönlichen Sicht deine Position auf dem Platz. Was musst du für diese Position mitbringen, was bringst du mit?

Rahel: Ich spiele die Positionen zwei (Shooting Guard) und drei (Small Forward). Die Positionen sind meiner Ansicht nach sehr vielseitig. Man muss einerseits werfen und zum Korb ziehen können und andererseits unter dem Korb auch einmal ein Mismatch (JJ: großer Körpergrößenunterschied zwischen Verteidiger und Angreifer) mit einem Centermove ausnutzen können.

Dementsprechend vielseitig muss man auch in der Defense sein. Es gibt bei jeder Gegenspielerin verschiedene Details zu beachten: Ist sie eher einer Werferin oder zieht sie zum Korb? Ist sie Links- oder Rechtshänderin? Das macht die Position für mich so interessant.

Dadurch, dass ich spät zum Basketball kam, bin ich sicherlich keine Filigrantechnikerin und auch keine Wurfmaschine. Ich habe die ganze Basketballausbildung im Schnelldurchlauf bestritten und wurde gerade am Anfang auf der Position eingesetzt, wo Not am Mann war. Dadurch habe ich Erfahrung auf den Positionen eins bis vier, was einen unglaublichen Vorteil in Sachen Spielverständnis mit sich bringt. Ich fühle mich eigentlich nirgends auf dem Feld unwohl.

JJ: Welches Spiel macht dir besonders Spaß (wenn du dribbelst, passt, selbst zum Korb ziehst, aus der Distanz wirfst, wenn du aufbaust, Steals holst, zum Monsterblock aufsteigst; liebst du die Defensive, den Angriff?

Rahel: Ich lernte, dass ich mir meinen Platz über die Defense erarbeiten kann und genau das tue ich auch. Bei jedem Spiel ist es mein Hauptziel, die Gegnerin nicht punkten zu lassen, ihr den Aufbau des Spiels zu erschweren oder diesen gar zu unmöglich zu machen. Ich mag die Defense generell. Steals sind natürlich immer schön, und ich bin nebenbei bemerkt auch ein ziemlicher Spekulant, doch sind diese nicht das Hauptziel der Defense.

JJ: Und was ist deine ganz persönliche Faszination Basketball?

Rahel: Sicherlich die Vielseitigkeit des Spiels. Es ist schnell und trotzdem sowohl technisch wie auch taktisch hochstehend. Das fasziniert mich sowohl als Zuschauer, wie auch als Spielerin.

Als Zuschauerin mag ich natürlich auch das Spektakel: Dunks, Blocks und Dribblings, die dem Gegner Knoten in die Beine spielen. Als Spielerin sind schön herausgespielte Punkte und eine starke Mannschaftsleistung in der Defense mehr wert.

JJ: Wie bist du zu diesem Sport gekommen, Rahel, der Klassiker mit dem Vater, der dich mit in die Halle nahm – oder ganz was anderes?

Rahel: Meine Eltern hatten mit Basketball gar nichts am Hut. Ich war immer sehr sportbegeistert, hatte jedoch meine Sportart noch nicht gefunden. Da habe ich mich mit einer Klassenkameradin zu einem Basketball Probetraining entschieden. Während meine Freundin lediglich wenige Trainings absolvierte, bin ich beim Basketball geblieben.

Mich haben die Komplexität des Sports und die daher abwechslungsreichen Trainings in den Bann gezogen. Zudem entstanden in meinem ersten Verein auch Freundschaften, die wohl noch einige Jahre halten werden.

JJ: Wie nimmst du den Stellenwert von Basketball in der Schweiz wahr? Wie präsent seid Ihr in den Medien?

Rahel: Basketball hat in der Schweiz, und insbesondere in der deutschsprachigen Schweiz, leider einen geringen Stellenwert. Dies ist sehr schade. Denn obwohl die Schweiz einige gute Mannschaften hat, die auch international mitmischen könnten, ist nur Elfic Fribourg auf der europäischen Bühne präsent. Dies vor allem, weil vielen Mannschaften die finanziellen Mittel fehlen und auch viele Spieler der höchsten Liga nicht Profis sind.

Volleyball Basketball Frauen Winterthur Riva

Foto: Stefan Kleiser

Dasselbe Bild findet sich auch in den Medien wieder. Fußball und Eishockey werden sowohl regional, wie auch national, stark in den Fokus gerückt. Für Basketball bleibt daher oftmals nur in regionalen Blättern eine kleine Spalte. Mit der Zusammenarbeit von Swissbasketball und MySports, hat nun Basketball seit dieser Saison die Möglichkeit, sich einem grösseren Publikum zu präsentieren.

JJ: Hast du einen Einblick, wie Ihr Schweizerinnen im europäischen Vergleich, nehmen wir mal Österreich, Deutschland oder Frankreich, da steht?

Rahel: Die Schweizerinnen haben sicherlich einige Top-Spielerinnen. Doch fehlt uns im Vergleich zu Frankreich oder auch Deutschland die Breite im Kader. Ich denke jedoch, dass ein Vergleich mit Österreich positiv für die Schweiz ausgehen würde.

JJ: Welche Spielerinnen oder Spieler, egal ob in den USA oder in Europa, egal ob noch aktiv oder nicht mehr, siehst du gerne in Aktion? Oder welche Teams? (gerne auch Frauen)

Rahel: In Sachen Spieler gibt es Lieblinge, das wäre zum einen Russell Westbrook (Point Guard, Oklahoma City Thunder). Ich finde seine Athletik schlicht übermenschlich und sein Spiel dadurch sehr dynamisch. Bei den Damen ist es Elena Delle Donne (Guard/Forward, 1.96m, Washington Mystics). Sie ist unglaublich komplett. Sie ist trotz ihrer Größe sehr athletisch und hat ein super Ballhandling und einen starken Wurf.

JJ: Rahel, Ihr seid Supercup-Champion 2017. Erzähle bitte mal ein bisschen. Was bedeutet dieser Titel in der Schweiz? Wie war das Spiel für dich ganz persönlich, wie war die Anspannung davor, wie das Gefühl danach? Wirkt der Erfolg noch in dir nach? Hat halb Winterthur gefeiert?

Rahel: Der Supercup hat in der Schweiz sicherlich nicht den gleichen Stellenwert wie ein Schweizer Cup oder die Meisterschaft. Doch konnten wir als Team mit dem Gewinn beweisen, dass der Cup-Sieg keine Eintagsfliege war.

Die Anspannung hielt sich ziemlich in Grenzen. Wir spielten am Vortag ja noch eine knappe Partie und daher war gar nicht so viel Zeit, um sich den Kopf zu zerbrechen. Am Ende dauerte das Spiel 40 Minuten – wie jedes andere auch. Der Erfolg allein wirkt nicht mehr groß nach bei mir.

Dies wahrscheinlich, weil der Cup-Sieg im April einfach sehr überwältigend war. Damals hatten wir, ehrlich gesagt, ziemliches Losglück. Wir hatten unser erstes Spiel gegen ein Team der NLA (JJ: erste Liga) im Halbfinale. Bei diesem Heimspiel konnten wir das einzige Mal der Saison mit 500 Zuschauern die eigene Halle füllen. Die Stimmung war dementsprechend euphorisch und alle – Spielerinnen wie Zuschauer – wollten unbedingt die erste Finalteilnahme der Clubgeschichte erreichen. Dementsprechend emotional war dann auch dieser Sieg.

Das übermächtige Fribourg zu bezwingen, war eine Art Traumvorstellung. Am Tag des Finales passierten wir auf dem Weg in die Garderobe den Raum mit dem Pokal und den Medaillen. Wir scherzten noch: „Lasst uns den Pokal nehmen und davon rennen, dann haben wir ihn.“

Was sich dann während der Partie abspielte, war unglaublich. Je länger es ging, desto voller wurde das Stadion (am Anschluss war noch das Männerfinale). Am Schluss feuerten uns rund 2.500 Zuschauer an. Das war ein einmaliges Gefühl. Dazu kam, dass das Spiel einen so packenden Ausgang hatte (1,5 Minuten vorm Ende war unsere Ausländerin überraschend ausgefoult und wir gewannen dank zwei Freiwürfen kurz vor Schluss), dass wir alle auf Strom waren – und dementsprechend grösser die Last und Anspannung, die von uns fiel.

Was in Winterthur sicherlich Spuren hinterlassen hat, ist die ganze Geschichte des Clubs: Mit dem Aufstieg aus der dritten Liga zum Cupsieger und dann der Bestätigung dieses Erfolgs mit dem Supercup.

JJ: Was hast du dir für die laufende Saison vorgenommen, was habt Ihr euch vorgenommen, wie seid Ihr aus deiner Sicht gestartet?

Rahel: Für mich persönlich habe ich mir lediglich vorgenommen, weiter an mir zu arbeiten und das Team so bestmöglich zu unterstützen. Gerne würde ich in dieser Saison auch in der Offensive mehr beitragen und habe deshalb im Sommer an meinem Wurf gearbeitet. Doch im Fokus wird bei mir immer die Defense sein.

Rahel_Fotograf Milad Ahmadvand

Cup gewonnen – Ziel erreicht; Fotograf: Milad Ahmadvand

Als Team möchten wir diese Saison sicherlich die Playoffs erreichen und so viele Cups wie möglich gewinnen – einen haben wir ja schon :-). Auch in der Meisterschaft können wir nicht klagen. Selbst wenn wir letztes Wochenende eine schmerzliche Niederlage hinnehmen mussten.

Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Als Mannschaft sind wir sicherlich stärker einzustufen als noch letzte Saison und wenn wir weiterhin gut arbeiten, werden wir sicherlich noch die Einen oder Anderen überraschen.

JJ: Hast du einen Basketballerinnentraum?

Rahel: Seit ich mit Basketball angefangen habe, hatte ich den Traum, einmal im Cupfinale zu stehen. Dabei handelt es sich in der Schweiz um das meistbesuchte Basketballspiel des Jahres, das zusätzlich live im Fernsehen übertragen wird. Mit der Teilnahme letzte Saison ging mein Traum eigentlich in Erfüllung. Die Emotionen, die ich an diesem Tag erlebt habe, werde ich sicherlich mein Leben lang nicht vergessen.

JJ: Danke und weiterhin viel Spaß.

Weitere Informationen: Webseite Verein und
facebook Seite Verein

Foto Startseite: Stefan Kleiser

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