Wissen für die Tiere einsetzen

 

Dörte Röhl ist Tierärztin aus Berufung und Tierfreundin mit Leib und Seele. Wenn sie als Fachreferentin bei PETA aktiv wird, findet also zusammen, was zusammen gehört – Fachkompetenz und Emotion, Wissen und Vision. Was sie antreibt, was im Argen liegt, was sie konkret macht und wie wir alle helfen können, erzählt sie hier:

 

„Jeder noch so kleine Beitrag hilft“

 

JJ: Dörte, gehen wir doch mal auf Anfang, waren Sie als Kind schon in Sachen Tierschutz aktiv, indem Sie jede Katze und jeden Hund streicheln und aus dem Nest gefallene Vögel retten wollten?

Dörte Röhl: Tatsächlich zieht sich der Tierschutz durch mein gesamtes bisheriges Leben. Schon als kleines Mädchen habe ich Tiere geliebt und mir immer einen eigenen Hund gewünscht – damals einen kleinen Dackel, da ich keine anderen „Hunderassen“ kannte. Meine Großmutter hatte einen kleinen Familienbauernhof in Mecklenburg. Fast jedes Wochenende habe ich dort mit meiner Familie verbracht. Ich hatte damals schon ein merkwürdiges Gefühl, vor allem die Schweine in ihren Buchten (meine Omi hatte zwei fast zahme Schweine, an die ich mich erinnere) zu sehen, konnte es aber nicht richtig einordnen.

Foto: © PETA Deutschland

Dörte Röhl; Foto: © PETA Deutschland

Meine Schwester und ich waren einmal bei der Schlachtung von Hühnern anwesend und haben danach beim Rupfen geholfen – es blieb bei diesem einen Mal. Und ja – ich wollte eigentlich immer alle Hunde und Katzen streicheln, die mir begegneten. Allerdings auch Schweine, Rinder und sogar Hühner – letztere waren natürlich nicht so begeistert und meine Eltern bremsten meine Tierliebe diesbezüglich im Sinne der Hühner.

JJ: War und ist der Beruf der Tierärztin für Sie alternativlos?

Dörte Röhl: Der Beruf des Tierarztes ist eher eine Art Berufung für mich und ich möchte diesen Beruf auch gegen keinen anderen eintauschen. Es war ein langes sehr (zeit)intensives Studium mit vielen unschönen Erfahrungen. Heute bin ich dennoch sehr froh, dieses Wissen für die Tiere einsetzen zu können. Die Zeit während meines Schlachthofpraktikums (Pflichtpraktikum eines jeden Veterinärmediziners) beispielsweise werde ich wohl niemals vergessen, aber sie hat mich wiederum darin bestärkt, mich für die Rechte der Tiere einzusetzen. Ich habe mich damals schon viele Jahre vegetarisch ernährt. Der Schritt hin zu einer veganen Lebensweise war sozusagen nur noch der „letzte Schliff“, wie man so schön sagt.

Die Jahre meiner Praxistätigkeit haben mich ebenso bestärkt, dass es auch im Bereich der sogenannten Haustiere viele Missstände und Tierschutzprobleme gibt, die ich mit meiner Arbeit bei PETA Deutschland angehen kann. Ich möchte keine meiner bisherigen beruflichen Lebensstationen missen.

JJ: Wann war Ihnen klar, dass Sie sich aktiv und zeitintensiv für Tiere einsetzen werden, als Kind schon, als Studentin? Wie hat es begonnen?

Dörte Röhl: Schon in der Grundschule habe ich Aktionen für meine Mitschüler geplant und durchgeführt – gemeinsam mit meiner Zwillingsschwester. Angefangen hat alles mit dem Film „Free Willy“ – dieser war quasi der „Beginn meiner Tierrechtsarbeit“. Die Geschichte um den einsamen Wal „Willy“, der in einem viel zu kleinen Delfinarium in einem verwahrlosten mexikanischen Vergnügungspark vegetierte, hat mich zutiefst gerührt. Bis heute ist dieses Thema hochaktuell – die recht aktuelle Reportage „Blackfish“ über den Orcawalbullen „Tillikum“ zeigt das immense Leiden dieser faszinierenden Meeressäugetiere, die eingesperrt in ihren Betonbecken geradezu verrückt werden.

Gemeinsam mit meiner Schwester habe ich immer wieder verletzte Tauben gerettet, Frösche aus misslichen Lagen befreit (Sturz in ein tiefes Erdloch) und mich für die Tiere ausgesprochen. Einen „eigenen“ Hund bekam ich allerdings erst mit elf Jahren. „Unsere“ Familienhündin „Maxi“ hat uns fast sechzehn Jahre lang begleitet. Ich bin mit ihr gemeinsam erwachsen geworden – sie war mir eine enge Vertraute und gehörte zu meinen besten Freundinnen.

JJ: Inzwischen engagieren Sie sich sehr umfangreich für den Tierschutz, Dörte, was machen Sie aktuell, was liegt Ihnen persönlich sehr am Herzen und haben Sie – gemeinsam mit Ihren Mitstreitern – Erfolge erzielt, auf die Sie stolz sind? Was machen Sie speziell bei PETA?

Dörte Röhl: Mein Arbeitsgebiet bei PETA Deutschland umfasst die sogenannten Haustiere – wir von PETA nennen sie tierische Mitbewohner. Es ist mir eine Herzenzangelegenheit, mich für die Millionen Heimtiere einzusetzen, die quasi in einem rechtsfreien Raum leben, da keine genauen Vorgaben hinsichtlich ihrer Haltung und ihren Bedürfnissen sie schützen. Das deutsche Tierschutzgesetz ist in vielerlei Hinsicht völlig unzureichend. Ich bin sehr froh, in einem so empathischen und engagierten Team arbeiten zu dürfen – gemeinsam erreichen wir derart viele großartige Erfolge, die ich gar nicht gewichten kann und möchte.

Dörte Röhl; Foto © PETA Deutschland

Dörte Röhl; Foto © PETA Deutschland

Eine weitere Hochschulmensa mit einem veganen Angebot, eine beschlagnahmte Hundemutter mit ihren Welpen, die unter katastrophalen Bedingungen ihre Babys großziehen musste, ein weiteres Unternehmen, dass keinen Pelz mehr verkauft oder die Stadt, die keine Zirkusse mit Wildtieren mehr erlaubt – jeder (vermeintlich noch so kleine) Erfolg verhilft uns zu einer besseren Welt für die Tiere.

JJ: Dörte, ich gehöre zu den Menschen, die wegen der Zustände in der Massentierhaltung aufgehört haben, Fleisch zu essen. Wenn es nach mir ginge, würden wir heute noch mit Massentierhaltung abschließen. Gibt es in Fachkreisen Ideen oder gar Pläne, wie das konkret ablaufen könnte, wohin mit Millionen von Tieren usw.?

Dörte Röhl: Sofern die Nachfrage nach Fleisch oder tierischen Produkten sinkt, müssten Millionen (weltweit betrachtet Milliarden) Tiere erst gar nicht mehr gezüchtet werden. Natürlich ist es nicht möglich für Millionen sogenannter Nutztiere einen Lebenshofplatz zu sichern. Doch jede Veränderung in der Welt hatte einen Anfang. Mittlerweile ist die vegane Ernährung (nicht nur als Trend) in der Bevölkerung angekommen.

Viele Menschen, die sich bewusster ernähren und leben wollen, beschäftigen sich mit dieser tierleidfreien Lebensform. Wir müssen aufhören, Tiere als Nahrungsmittel anzusehen und sie wegen ihrer selbst lieben und schätzen. Jedes Lebewesen hat ein (gerechtfertigtes) Interesse an seinem eigenen Leben – die Rechte der Tiere sind ebenso schützenswert wie menschliche Rechte.

JJ: Als ich mich vor sieben Jahren entschied, kein Fleisch mehr zu essen, war der letztlich entscheidende Anlass ein Film, in dem zu sehen war, wie Ferkel ohne Betäubung kastriert wurden, nach meinem Kenntnisstand die gängige Praxis. Mussten Sie das, beispielsweise während des Veterinärmedizin-Studiums, auch machen und änderte das auch in Ihrem Leben einiges? Oder sehen das nur Nichtfachleute so drastisch schrecklich?

Dörte Röhl: Die betäubungslose Ferkelkastration ist in meinen Augen eine absolute Katastrophe – ich denke, jeder Mensch kann (und sollte) an die dabei entstehenden Schmerzen für die Ferkel denken, die unfassbar leiden müssen. Immerhin werden ihnen ohne Betäubung Organe entfernt. Dass sich derartige barbarische Praktiken zumeist aus wirtschaftlichen Gründen überhaupt etablieren konnten, kann ich bis heute nicht verstehen.

So geht's Ferkeln saugut Foto: Jürgen Frey_pixelio.de

So geht’s Ferkeln saugut
Foto:
Jürgen Frey_pixelio.de

In diesem Zusammenhang möchte ich ebenso an die jährliche Tötung von etwa 50 Millionen männlichen Eintagsküken allein in Deutschland erinnern – ihr Leben ist aus wirtschaftlichen Erwägungen absolut „nutzlos“. Für uns von PETA sind sie Individuen wie du und ich mit unantastbaren Rechten, für die wir uns seit Jahren einsetzen.

JJ: Jetzt noch ein Tipp von Ihnen bitte, Dörte. Was kann jede Tierfreundin, jeder Tierfreund jeden Tag tun, damit Sie weniger zu tun haben im Kampf gegen Windmühlen? Sagen wir mal, um es einzugrenzen, wenn jemand mit dem Gedanken liebäugelt, sich ein Haustier ins Haus oder auf den Hof zu holen und im Kaufverhalten von Lebensmitteln?

Dörte Röhl: Jeder kann sich für die Rechte der Tiere einsetzen. Wer die Möglichkeit hat, einen tierischen Freund bei sich aufzunehmen, sollte immer ein Tier aus dem Tierheim adoptieren, denn jedes gekaufte Tier nimmt einem heimatlosen Tier die Chance auf ein neues liebevolles Zuhause. Wer kein Tier aufnehmen kann, hat dennoch die Möglichkeit aktiv zu helfen. Viele Tierheime und vor allem die Vierbeiner freuen sich beispielsweise über ehrenamtliche „Gassigeher“.

Man kann seine Freunde und Familie beispielsweise oftmals in nur wenigen Minuten über das Leid der Tiere in der Landwirtschaft aufklären und sie so für den Tierschutz sensibilisieren. Oder einfach für die fleischessenden Verwandten ein tolles veganes Menü zaubern.

Die Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen freuen sich über jede Unterstützung ihrer oft kräftezehrenden Arbeit – sei es als Mitglied in einem Verein oder bei gemeinsamen Aktionen wie Demos oder Mahnwachen.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich für die Rechte der Tiere einzusetzen – und jeder noch so kleine Beitrag hilft zu einer besseren Welt für „unsere“ Tiere.

JJ: Vielen Dank

Foto Startseite: © PETA Deutschland

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