Der Teamplayer

 

„Sechse kommen durch die ganze Welt“ ist ein Märchen der Gebrüder Grimm. Okay, beim Thema Basketball und Dominique Johnson hinkt der Vergleich ein wenig, weil seine Geschichte im Hier und Jetzt spielt und beim genauen Nachzählen wohl auch ein oder zwei Protagonisten mehr eine Rolle spielen als sechs, aber es klingt erst mal gut. Und stimmt doch irgendwie. Ein bisschen.

Früh übt sich, wer ein Meister werden will

 Nachdem Dominique (DJ) schon als Knirps mit seinem Vater, der ebenfalls der orangen Kugel nachjagte, durch die Basketballhallen Bremerhavens streifte, meldete er sich im Alter von sechs Jahren beim 1. Basketball  Club  Bremerhaven an und trainierte emsig und begeistert mit. 2005 wechselte er zur BSG Bremerhaven, um dann mal weg zu sein, drei Jahre übern Teich in den USA. In  Alabama besuchte er die High School und – wen wundert’s – spielte Basketball. „Dort hat die Sportart einen ganz anderen Stellenwert“, bestätigt er aus eigener Erfahrung.

Danach, wieder daheim in der Seestadt, begann für DJ eine Zeit, die er zunächst flapsig als „sehr hilfreich“ bezeichnet, dann aber schnell und vehement nachschiebt: „Ohne Hamed wäre ich nie da, wo ich jetzt bin!“ Zur Erklärung: Hamed Attarbashi war zwei Jahre lang sein Nachwuchs Basketball Bundesliga (NBBL) Trainer und anschließend noch ein Jahr im Erwachsenenbereich. In der Phase bildete sich wohl auch eine Stärke von  Dominique Johnson heraus – die Defense. „Die Verteidigung ist ein ganz großes Plus bei ihm“, bestätigt Andreas Joachim, ein damaliger Mitstreiter im Regionalligateam der BSG, „da hat Hamed bei allen drauf geachtet und ganze Arbeit geleistet“.

Hinaus in die Welt

Wie im sonstigen Leben auch, bestätigte sich für den mittlerweile 23jährigen der zum Sprichwort gewordene Bibelvers vom Propheten, der im eigenen Lande nichts gilt. Im Bundesligateam der Bremerhavener bekam Dominique kaum Einsatzzeiten und wechselte nach Braunschweig. Dort spielte er ein Jahr in der Pro B (Zweite Liga) für die Druff Baskets, anschließend zwei Jahre mit Doppel-Lizenz auch   für das BBL Team.

Als ein Ligakonkurrent, der Mitteldeutsche Basketball Club, für die neue Saison plante und mit Hilfe von DJ’s Agent ein Kontakt und gegenseitiges Interesse entstand, spielte der 1,94 große Small Forward, der von LeBron James und James Harden schwärmt, in Weißenfels vor und beide Seiten wurden sich relativ schnell einig. „Am Anfang war die Stadt für mich gewöhnungsbedürftig“, blickt Dominique auf die ersten Wochen in dem 40 000 Einwohner Ort zurück, „so richtig was los ist erst in Leipzig“.

Peu à peu aber gewöhnte er sich ein, was sowohl an den Fans als auch dem unmittelbaren Club-Umfeld gelegen haben musste. Die aktuelle Situation, der Abstiegskampf, wurmt den ehrgeizigen Kämpfer zwar mächtig, das ziehe aber weder ihm selbst noch den Clubverantwortlichen den Boden unter den Füßen weg. „Der Klassenerhalt war von Anfang an das ausgegebene Ziel, auch vom Management“, erzählt er, „der Aufenthalt am Tabellenende nimmt zwar ein bisschen den Spaß weg, aber zu sehr verrückt sollten wir uns nicht machen lassen. Nur wenn der Kopf frei ist, kommt der Erfolg, und für den werden wir alles geben“, bleibt Dominique Johnson zuversichtlich und – wie es seine Art ist – leidenschaftlich.

Dominique Johnson Foto: Matthias Kuch

Dominique Johnson
Foto: Matthias Kuch

Zuerst das Team

 Dabei, da ist der gebürtige Bremerhavener sich sicher, „geht es nur übers Team“. Er wolle zwar „auch selbst was erreichen, aber nur mit Einzelleistungen kommt man nicht weit“. Im bisherigen Saisonverlauf durfte DJ zwei Mal gegen Ex-Vereine ran. „Braunschweig war schon ein ganz persönliches Highlight. Auch wenn wir zum Schluss verloren haben, ich saß nicht auf der Bank, sondern spielte so, dass die Zuschauer mir zu meiner Leistung gratulierten.“

Noch emotionaler muss wohl sein Einsatz in der Heimat an der Nordsee gewesen sein. Gegen die Eisbären gewann DJ mit seinen Wölfen 88:84 und legte dabei mit 30 Minuten Spielzeit, elf Punkten und einem Steal eine Glanzleistung aufs Parkett. „Zuhause, das war eine tolle Erfahrung“, blickt er gerne zurück, „ich konnte den Leuten, die mich von klein auf kennen, zeigen, was aus mir geworden ist. Denen, die immer an mich geglaubt und denen, die nicht an mich geglaubt haben“.

Auch wenn Dominique zunächst in Weißenfels, nach erster Absprache mit Coach Silvano Poropat, eher von der Bank für circa 15 Minuten pro Spiel kommen sollte, entwickelten sich die Dinge anders. „Im Training habe ich mich voll reingehängt und damit überzeugt“, freut er sich, dass der Trainer diesen Einsatz dann auch mit Einsatzzeit im Match belohnte: „Es wurde immer mehr, dann mal weniger, aber nach dem sehr guten Spiel in Braunschweig ging es für mich bergauf!“ Da hatte DJ in 35 Minuten Spielzeit 11 Punkte erzielt, drei Rebounds abgegriffen, zwei Assists aufgelegt und zwei Mal den Gegner mit einem Steal überrascht.

Der unerwartete Wechsel des Coaches (im Dezember übernahm Predrag Krunić) änderte an seinem Stand im Team nicht viel. „Er hat allen, auch mir, eine faire Chance gegeben und ich habe hart trainiert“, kommentiert Dominique anerkennend.

Man sieht sich

 Zu seinen alten Mitstreitern aus den glorreichen Bremerhavener NBBL Zeiten unter dem jetzigen Hamburg Towers Trainer Hamed Attarbashi hat der damalige Teamkapitän noch regelmäßig Kontakt. „Am meisten zu Mo (Maurice Pluskota)“, plaudert er aus dem Nähkästchen, „wir haben einige Jahre gemeinsam in Braunschweig gespielt. Ich schaue jedes Wochenende in den Laptop, wie die anderen sich geschlagen haben“. Das sind beispielsweise Anthony Canty und Bazoumana Kone (Hamburg Towers), Adrian Breitlauch und Nick Tienarend (Itzehoe Eagles), Bill Borekambi (rent4office Nürnberg) oder Ceyhan Pfeil (Rot-Weiß Cuxhaven). Allesamt mit Erst- und Zweitligaerfahrung.

Sie sind, wie Dominique Johnson, einst von Bremerhaven, wenn auch nicht zu sechst und durch die ganze Welt, so doch durch ganz Deutschland gezogen, um Basketball zu spielen. Den Sport, den DJ als faszinierend beschreibt, weil „er schnell ist, es hin und her geht, und sich noch schneller der Spielstand drehen kann“.

„Schön wäre es“, träumt der ansonsten Realist, „wenn wir uns alle in der ersten Liga wieder treffen, egal ob gegeneinander oder im selben Team“. Fast noch mehr wünscht er sich überall „Vertrauen in junge Spieler“.

JJ

Foto Startseite: Matthias Kuch

 

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