Anja Klawun spielte auf den Brettern, die die Welt bedeuten, die verschiedensten Rollen. Unzählige Rollen. Demnächst verkörpert sie in „Martinus Luther“ mehrere Figuren, jüngst tourte sie als „Die Päpstin“ durch die Schweiz und auch in „Die Wanderhure“ mischte sie mit.
Gleichermaßen ist die Schauspielerin vor der Kamera gut dabei. Beispiele zu nennen würde bedeuten, mehr wegzulassen als aufzuzählen.
Trotz der knapp bemessenen Zeit beantwortete mir Anja einige Fragen. Nur hier, nur jetzt:
„Offenheit von allen Seiten kann Flügel verleihen!“
JJ: Anja, ich bin Thüringer und kann von hier aus fast die Wartburg sehen, wo Martin Luther einst die Bibel ins Deutsche übersetzte. Sie werden 2017 im Theaterstück „Martinus Luther“ von John von Düffel unter der Regie von Thomas Luft die Ehefrau des Reformators spielen. Erzählen Sie mal ein bisschen. Ist es sowas wie eine von vielen Traumrollen, atmet das Stück deutsche Geschichte und Sie als Darstellerin mit?
Anja Klawun: Klar ist die Katharina von Bora eine Traumrolle. Das liegt für mich einfach daran, dass ich dazu einige Bücher lesen und so die zeitlichen Umstände einatmen kann sowie meine Fantasie in Gang bringe. Die Katharina spiele ich aber nur im zweiten Teil, im ersten bin ich die Verführung Luthers in vielerlei Gestalt. Und das macht mir einen Höllenspaß!
JJ: Derzeit touren Sie als Päpstin Johanna durch die Schweiz. Auch das klingt sehr historisch und ernsthaft. Ist das so?
Anja Klawun: Die „Päpstin“ spielen wir gerade in der vierten Tournee und damit auch zum letzten Mal. Das war von Anfang an eine Figur, die ich unbedingt verkörpern wollte, weil ich sie komplett verstand und mich ihr sehr nah fühlte. Ernsthaft ist es auch, aber eher faszinierend und nach dem Urteil des Publikums auch atemberaubend.
JJ: Während Sie auf der Bühne stehen und in eine Rolle schlüpfen – besser gesagt gerade geschlüpft sind – was geht in Ihnen vor, was spüren oder fühlen Sie, Anja?
Anja Klawun: Das hängt sehr von der Rolle ab. Ich versuche natürlich klare Gedanken und Gefühle zu haben und dafür tue ich im Vorfeld alles, um diese Freiheit auf der Bühne zu erlangen. Nur wenn ich voll und ganz im Moment bin, entsteht ein Kontakt und genau das macht für mich das Geschehen interessant.
JJ: Ist das Gefühl am Kameraset ähnlich?
Anja Klawun: Wenn es losgeht und die Kamera ist an, herrscht das gleiche Gesetz: Präsenz!
JJ: Sind Sie schneller raus aus einer Figur als rein?
Anja Klawun: Naja, das Reinkommen ist ja der Probenprozess, um sich der Rolle anzunähern. Da habe ich auf der Bühne einen längeren Vorlauf als im Film. Aber Vorhang auf oder Kamera an ist wie ein Schalter und dann ist sie da, die Figur, die ich spiele. Wenn der Vorhang wieder zugeht, muss ich manchmal noch eine Weile ausdampfen.
JJ: Was machen gut aufgelegte Schauspielkollegen mit Ihnen und was das Publikum?
Anja Klawun: Gut aufgelegte Schauspielkollegen sind ein Traum und wirken äußerst beflügelnd. Für das Publikum gilt das ebenso. Offenheit von allen Seiten kann Flügel verleihen.
JJ: Wie und wann hat das Ganze begonnen, Anja, auf Omas Küchentisch als Bühne in der Kindheit?
Anja Klawun: Eigentlich recht klassisch auf der Bühne in der Schule, da haben wir mit 14 „Turandot“ von Schiller aufgeführt. Dieses Gefühl war so besonders, außergewöhnlich und neu, dass es mich nie wieder losgelassen hat.
JJ: Wie wichtig, wie prägend oder auch verrückt war die Zeit der Ausbildung?
Anja Klawun: Sehr prägend! In jeglicher Richtung.
JJ: Was macht Erfahrung mit Ihnen, was ändert sie, was nicht?
Anja Klawun: Erfahrung ist klasse! Ich bekomme etwas dazu, wachse, erweitere mein Spektrum und bleibe trotzdem jung.
JJ: Sie haben schon richtig viele Rollen gespielt, die richtig interessant klingen. Sind Träume übrig?
Anja Klawun: Na klar! Eine ganze Menge sogar. Und ich freue mich darauf, denn viele Träume sind auch schon wahr geworden.
JJ: Danke.
Foto Startseite: Oliver Betke