Den Job ernst nehmen

.

Michelle Monballijn; Foto von Jeanne Degraa

Michelle Monballijn;
Foto von Jeanne Degraa

„Als Schauspielerin muss ich nicht immer und überall im Mittelpunkt stehen, ich muss bei mir sein“, so beschreibt Michelle Monballijn, was landläufig als die eigene oder die innere Mitte finden bezeichnet wird. Wenn sie davon erzählt, klingt es indes weniger psychologisch belehrend oder esoterisch, sondern nach Erfahrung – eigener Erfahrung – und letztlich dann Praxis gewordener Lebenseinstellung.

.
… prägende Zeiten

.
Die mittlerweile Mutter, erfahrene Schauspielerin und ausgebildete Heilpraktikerin (Mensch plus Tier) wurde bis zu dem Punkt, an dem sie jetzt im Leben und in sich selbst steht, nicht in einer gut gepolsterten Sänfte getragen. „In jüngeren Jahren habe ich viel Zeit in Krankenhäusern verbracht. Unter anderem wegen einer Neurodermitis. Einmal war ich – völlig entstellt – sechs Wochen lang komplett isoliert“, erinnert sie sich an leidvolle, schwere und gleichwohl prägende Zeiten.

„Wie gehe ich damit um? Was für einen Sinn hat das alles? Wie geht es weiter?“, diese Fragen stellte sich Michelle, „gibt es alternative Heilmethoden, was kann ich selbst beitragen?“ Nachdem sie sich dann, nach langer, tiefer Grübelei, löste vom krampfhaften Hoffen auf Medizin und Ärzte, auf unbedingte schnelle Genesung, minimierte sich ihr Ausschlag. „Innerhalb von zwei bis drei Wochen“, kann sie bis heute nicht logisch erklären, was da geschah. „Auf jeden Fall geht Oberflächlichkeit seitdem gar nicht mehr. Und dafür bin ich dankbar!“, zieht sie ihr Fazit.

So nimmt es nicht wunder, dass die 1,73m Frau mit den braunen Augen auch auf meine Fragen keine schnell dahin gesagten Antworten gab, sondern erstmal nachdachte, ausholte. Auf meine Standardfrage nach den Schauspielkolleginnen/Kollegen beispielsweise, die sie gerne bei der Arbeit sieht, nannte sie mir keine Namen. „Es gibt viele, auch unbekannte, die ich aufführen könnte“, führt Michelle Monballijn aus, „wichtig ist mir, dass sie mit den Augen sprechen, Sensibilität zeigen. Filme mag ich die, die hängen bleiben.“

Michelle; Foto von Jeanne Degraa

Michelle; Foto von Jeanne Degraa

.
… 100 Prozent bei sich

.
Klar also, dass die derzeit Berlinerin gerne in solchen Streifen mitwirkt. Ihre Rolle der Saskia im ZDF-Film „Venus im vierten Haus“ (u.a. mit Adele Neuhauser und Michael Roll) zum Beispiel sagt während eines Survival-Camps: „Ich habe keine Lust, auch hier draußen ständig nur auf lange Beine und blonde Haare reduziert zu werden. Ich bin mit dir im Team!“ Und Michelle sagt: „Das Thema spricht mich an. Es geht darum, was hinter langen Beinen und blonden Haaren steckt.“

Wenn sie am Set vor die Kamera tritt, in eine Rolle schlüpft, ist sie – na klar – 100 Prozent bei sich. „Egal ob es da stürmt oder regnet, egal ob ich ins kalte Wasser muss, ich bin voll konzentriert. Ich vertraue mir, habe Spaß“, erzählt sie, „das sind coole Momente!“ Die Schauspielerin erinnert sich an eine Situation, für sie als Michelle eher unangenehm, für sie als Profi normal: „Ich sollte eine Kakerlake anfassen und schauen, als wolle ich sie gerne essen.“ Sie hat’s gemacht.

Den Kolleginnen und Kollegen vor der Kamera misst die in Lüdenscheid geborene junge Frau eine äußerst wichtige Bedeutung zu. „Ohne Gegenspieler ist es schwierig“, weiß sie, „es ist super, wenn sie mir Futter geben, darauf freue ich mich und es löst etwas in mir aus. Toll!“

Michelle Monballijn in V8

Michelle Monballijn in „V8“

Es ist faszinierend für Michelle Monballijn, sich in Charakter hinein zu versetzen. Schon als sie im Kindesalter war, attestierten ihr Menschen aus dem Umfeld, sie spreche aus, was andere denken, gerade sagen wollen. „Das, was ich nachvollziehen kann, wo hinein ich mich versetzen kann, das kann ich auch spielen“, stellt sie fest. Damals, als Mädchen, blickt sie zurück, war sie „eher die Beobachterin als die Perfomerin“. Nichtsdestotrotz empfand die inzwischen gestandene Frau es auch als kleines Mädchen schön, „Leute zum Lachen zu bringen, sie zu berühren“.

.
… nie sicher sein, selbst bei einem Run

.
Das hat sich nicht geändert. Nur, dass Michelle mittlerweile nicht mehr mit einer Freundin das Häschen spielt. Im „Tatort Weimar – Der irre Iwan“ war sie nackt am Set. „Eigentlich schrecklich“, konstatiert sie und fragte sich zunächst: „was denkt die Familie, was ist mit der Würde, der Ehre?“ Im Nachhinein war sogar ihre Oma überzeugt, hat vor allem die darstellerische Leistung anerkannt. Das Nackte geriet in den Hintegrund. „In dem Beruf muss man Grenzen überschreiten“, erkennt die Schauspielerin, „es kommt auf’s Ganze an, den Sinn!“

Michelle in Die Wilden Kerle

Michelle in „Die Wilden Kerle“

Bei allen Erfolgen hat die bodenständig sauerländisch aufgewachsene für sich festgestellt, „kann man sich in dem Metier nie sicher sein, selbst bei einem Run. Es ist ein Beruf, der nicht überschaubar ist!“ Vielleicht deshalb präsentiert sich Michelle nicht so gerne auf dem Tablett: „Der rote Teppich gehört zwar dazu, aber wichtig für mich persönlich ist er nicht.“

Gelernt hatte sie mal bei einer Krankenversicherung. „Als ich 16 bis 19 war“, schaut die Frau, die sich auch gerne mal mit Taek Won Do fit hält, zurück, „für die Zeit, für das was ich mitgenommen habe, bin ich dankbar, das hilft mir jetzt noch.“ Das ständige Sitzen indes, immer das Gleiche zu tun, erwies sich dann doch nicht als ihr Ding. „Ich bin sehr körperlich“, nennt Michelle einen Grund, weshalb ihr Weg an die Schauspielschule „La Bouche“ Dortmund führte.

„Da hatte ich einen strengen Lehrer, der mich ziemlich getriezt hat“, befand sie seinerzeit als nicht sooo witzig, „im Abschlussstück dann gab er mir eine sehr große Rolle und klärte am letzten Tag auf, warum das alles: ‚Dein Talent passt in die Schauspielwelt‘. Im Nachhinein empfand ich das als gut so. Dadurch hatte ich mich zurückgenommen. Menschlich hat mir die Zeit viel gebracht, ich bin an ihr gewachsen und wusste: Ich muss an mich glauben. Hinschauen!“

Das Verstehen des Handwerks war für Michelle Monballijn mit dem Abschluss der Schauspielschule indes nicht beendet. „Man muss immer lernen, sich fortbilden“, sagt sie und hält nach wie vor Lampenfieber für wichtig: „Nichts ist selbstverständlich.“

Michelle in V8

Michelle in „V8“

.
… was entsteht, wenn sich alle wohlfühlen

.
In Vorbereitung auf mein Gespräch mit Michelle hatte ich mir einige Trailer angeschaut und für mich befunden, dass sie in den Szenen mit Kindern („Die Wilden Kerle“ zum Beispiel) besonders locker und entspannt wirkt; Spiel erkannte ich gar nicht mehr, hatte das Gefühl, sie ist komplett sie selbst. „Vielleicht liegt das an meiner eigenen Mutterrolle“, nennt sie einen möglichen Grund, und: „Kids sind sehr ehrlich!“

Zudem, dass die Schauspielerin in dem Fall mit ihrem Partner, dem Drehbuchautor und Regisseur Joachim Masannek, zusammen arbeitete, kann sie beflügelt haben. „Joachim weiß was er will, er arbeitet sehr präzise“, erkennt sie an, „er weiß auch, was mir steht und lässt mich spielen. Durch die familiäre Situation am Set, die er für alle schafft, fühlen sich alle wohl. Ich liebe es, mit ihm zu drehen!“

Michelle Monballijn in Die Wilden Kerle

Michelle in „Die Wilden Kerle“

Und weiter geht’s. Joachim Masannek und Team entwickeln derzeit eine Serie, in der Michelle eine für sie Traumrolle übernehmen wird. „Die Grace ist eine sehr extreme Figur, nicht wie ich, aber mit Anteilen, in die ich mich gut hineinversetzen kann…“, freut sie sich. Und wir sind gespannt.

.

JJ

.
Weitere Informationen: Webseite von Michelle oder Michelle auf der Webseite ihrer Agentur


Foto Startseite: Michelle in „Die Wilden Kerle“

.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*