Aufgeben ist keine Option

 

Madeleine Maßmann hat eine Schauspielausbildung abgeschlossen. Und ein Biologie-Studium. Sie ist Schwäbin. Und spricht doch lieber Deutsch. Sie mag Komödien. Drama auch.

Madeleine Maßmann, Foto von Jeanne Degraa

Madeleine,
Foto von Jeanne Degraa

Sie liebt das „Schweigen der Lämmer“. Und redet darüber. Zudem über die Kostüme, die ihre Mutter einst nähte, ihren Hund, ihre Faszination Schauspiel und ihre Lust am Lernen:

„Ich lerne eigentlich immer irgendwas. Stillstand ist nichts für mich“

 

JJ: Madeleine, letztens habe ich hier den Klavierkaberettisten Bodo Wartke und sein Lied „Das Land, in dem ich leben will“ vorgestellt. Wie sieht der Schauspielerinnenalltag aus, in dem du gerne leben möchtest (welche Rollen, welches Genre usw. oder was auch immer…)?

Madeleine Maßmann: Och, ich habe wirklich auf so viele Rollen große Lust. Meine liebsten Genres sind aber Krimi und Komödie. Am allermeisten interessieren mich Figuren, die viel erlebt haben und versuchen, damit zu überleben und die dafür kämpfen, etwas zu verändern. Da ist dann das Genre nicht wichtig.

Ich bin aber wirklich ein Komödien Fan. Mit Komödien kann man meiner Meinung nach viel erreichen. Ich habe mal ein tolles Zitat gehört: „ Bring die Leute zum Lachen, dann geht der Kopf auf, dann nimmst du einen Nagel und haust ihn rein.“ Da stimm ich voll und ganz zu. Das wirkt auch bei mir. Aber es gibt Komödie und Komödie. Flach darf es für mich nicht sein!

JJ: Was denkst du, ist Comedy näher an dir, dem Menschen Madeleine, dran als Drama beispielsweise? Oder siehst du das nicht so eng und alles sind Ausdrucksformen, in denen du dich austoben möchtest? Oder frage ich blöd?

Madeleine: Das ist keine blöde Frage. Ich würde aber tatsächlich sagen: Beides. Ich liebe Lachen und vor allem Situationskomik, Momente in denen man denkt: ‚Hä? Das kann jetzt nicht sein? Irgendwo ist 100% eine versteckte Kamera!‘

Da habe ich einige lustige, sehr absurde Dinge erlebt. Ich bin nämlich ein ziemlicher Pechvogel, was Fettnäpfchen angeht. Da nehme ich so ziemlich JEDES mit. Wenn ich hier nicht über mich selbst lachen könnte, würde ich mir einiges entgehen lassen.

Madeleine Maßmann, Foto von Alan Ovaska

Madeleine,
Foto von Alan Ovaska

Ich kann aber genauso sehr melancholisch und dramatisch sein. Das brauche ich sogar manchmal. Deshalb würde ich sagen, austoben kann und will ich mich in vielem, da gibt es keine Grenzen.

JJ: Worin besteht deine ganz persönliche Faszination Schauspiel? Was geht in dir vor, während du spielst?

Madeleine: Ich fange mal mit der zweiten Frage an, denn ganz ehrlich: So fühlt sich Glück an! Das ist wirklich mein absoluter Ernst. Während ich spiele, vergesse ich alles andere um mich herum. Ich möchte einfach nur da sein, die Rolle sein.

Ich habe dabei einen unglaublichen Glückshormon-Ausstoß, den man eigentlich kaum beschreiben kann. Ich war zwar bisher noch nicht Bungee Jumpen, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das ähnlich anfühlt. 😉

Für mich ist die Faszination an Schauspiel zum einen, dass man sich mit sich selbst beschäftigen muss und an emotionale Grenzen stößt, die einem vielleicht gar nicht bewusst waren. Zum anderen natürlich das Schlüpfen in verschiedene Rollen/Charaktere und dabei authentisch sein und wahrhaftig spielen. Gefühle entstehen lassen und sie von innen nach außen kehren.

Man kann sein, wer man sonst nicht ist. Man erlebt und fühlt Dinge, die man vielleicht nie erleben würde und behandelt Themen, über die man sich vorher möglicherweise keine Gedanken gemacht hat. Das ist einfach großartig!

JJ: War die kleine Madeleine schon die auf Omas Küchentisch als Bühne, die mit den Hauptrollen im Schultheater, die in der Mitte des Kreises?

Madeleine: Ja, total! Ich habe mich als Kind schon so gerne verkleidet und hatte das Glück, dass meine Mutter mir immer ganz ausgefallene Kostüme genäht hat. Ich liebe Kostüme und Kostümfilme. Ich war mal eine Sahnetorte, ein Schmetterling, Schneewittchen, Ariel und so einiges mehr und habe mich dann tagelang verkleidet und war wahrscheinlich das glücklichste Kind in diesen Momenten.

Madeleine Maßmann, Foto Jeanne Degraa

Madeleine Maßmann,
Foto Jeanne Degraa

Ich hatte wirklich das Gefühl, ich wäre eine Torte. Daran muss ich oft denken, wenn ich heute in Rollen schlüpfen darf. Das war als Kind alles so einfach. Auch mein Bruder musste herhalten und bekam von mir irgendeine Verkleidung verpasst, damit wir gemeinsam meinen Großeltern was vorspielen konnten. Für mich ein riesengroßer Spaß – für ihn… hmm… bin ich mir jetzt gar nicht so sicher. 😉

JJ: Wann war dir klar, Schauspiel ist ein Beruf und wann, es ist dein Beruf?

Madeleine: Tatsächlich war der Auslöser eine Kindersendung, die leider kaum jemand kennt: „Lady Oscar“. Ein weiblicher Musketier, zur Zeit der französischen Revolution, die für Wahrheit und Gerechtigkeit kämpft.

Das habe ich mir damals immer nach der Schule angeschaut und oft nachgespielt. Auch heute sind meine Lieblingsrollen die Kämpferinnen, die für was brennen und es erreichen wollen.

Kurze Zeit später war ich mit meiner Mutter im Musical „Die Schöne und das Biest“, was übrigens immer noch mein Lieblings Disneyfilm ist, weil die Figuren auch hier versuchen, gegen ihr Schicksal zu kämpfen, etwas verhindern wollen und dabei nicht die Hoffnung verlieren. Als ich als Kind merkte, wie die Schauspieler den ganzen Saal einnahmen, war mir schlagartig klar, das will ich unbedingt auch machen. Ich muss auf die Bühne!

Diese große Sehnsucht empfinde ich immer noch und liebe dieses Gefühl. In mir brennt eine Energie voller Emotionen, die unbedingt raus will und berühren möchte. Das ist eine derart große Leidenschaft, dass ich mir wirklich gar keinen anderen Beruf vorstellen kann.

JJ: Definiere mal bitte, so wenig wie möglich wissenschaftlich, so wenig wie möglich allgemeingültig und dafür aus deiner ganz eigenen Sicht Humor, gerne deinen Humor.

Madeleine: Humor ist für mich: „Sich selbst nicht so ernst nehmen.“

JJ: Ich habe gehört (aus deinem Mund), du hast einen eigenen Kopf. Wie ist der so drauf, der eigene Kopf?

Madeleine: Puh, mit dem ist es manchmal ganz schön anstrengend. Wenn ich mir nämlich einmal etwas in den Kopf gesetzt habe, muss ich es voll und ganz durchziehen. Da kann mich dann auch nichts und niemand mehr aufhalten. Sogar ich mich selbst nicht. (lacht)

Ich hatte mir mal eingebildet, unbedingt verstehen zu wollen, was bei psychischen Erkrankungen und allgemein im Nervensystem passiert und habe deshalb ein ganzes Biologie-Studium zusätzlich zur Schauspielschule durchgezogen. Ich wusste sehr früh, dass ich als Schauspielerin arbeiten möchte und nicht als Biologin, aber ich war einfach zu stur, das Studium abzubrechen.

Madeleine Maßmann, Foto von Alan Ovaska

Madeleine Maßmann,
Foto von Alan Ovaska

Grundsätzlich gilt bei mir: „Aufgeben ist keine Option!“ Das zieht sich durch wie ein roter Faden und ist manchmal schon ein bisschen nervig, aber auch aufregend.

Na ja, jetzt bin ich eben auch Diplom Biologin. Für wissenschaftliche Rollen sicher nicht verkehrt. 😉

JJ: Plaudere mal bitte ein bisschen über Hunde, über deinen Hund.

Madeleine: Mein Hund bereichert einfach mein Leben, das kann ich gar nicht so richtig in Worte fassen. Einen besten Freund zu haben, der mich bedingungslos liebt und sich freut als hätte er mich jahrelang nicht gesehen, selbst wenn ich nur zwei Minuten den Müll raus bringe, ist wirklich unbezahlbar und tut der Seele so gut.

Hundehalter sind beim Gassi gehen außerdem so wunderbar kommunikativ und haben immer Lust sich zu unterhalten, auch wenn sie sich zum ersten Mal begegnen. Das amüsiert mich immer wieder und ich mache da gerne mit. 🙂

JJ: Madeleine, ich mag die Schwaben, ich mag Schwäbisch, wieso sprichst du diese Sprache nicht, obwohl du da aufgewachsen bist? Du könntest sie, wenn du sie perfekt beherrscht, als Fremdsprache abrechnen 😉

Madeleine: Ich spreche den Dialekt wahrscheinlich schon, nachdem ich in Schwaben aufgewachsen bin und 20 Jahre dort gelebt habe . Aber wenn ich etwas nicht zu 100 % beherrsche, behaupte ich eher, dass ich es nicht kann. Sonst ist das irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes.

Für mich muss alles immer authentisch sein. Vielleicht auch wieder so eine Sturheit? 😉

JJ: Beschreibe mal bitte, gerne am Beispiel von „Das Schweigen der Lämmer“, wann ein Film dich packt, in dir haften bleibt. Was haben Jodie Foster und Anthony Hopkins mit dir angestellt?

Madeleine: Intelligente, komplexe Dialoge mit fantastischem Schauspiel. Figuren, die mich überraschen, emotional mitreißen und nicht mehr los lassen. Das schafft „Das Schweigen der Lämmer“ für mich und ist deshalb immer noch nach Jahren mein Lieblingsfilm.

Das ist ein Film über die Freundschaft zweier Menschen mit schmerzhafter Vergangenheit. Beide Figuren verkörpern eine derart große Verletzlichkeit, die mich in ihren Bann zieht und mich tief beeindruckt. Ich liebe solche Figuren.

Seit Clarice Starling ist es mein großer Traum, eine Agentin oder eine Kommissarin zu spielen. Gerne mit schreienden Lämmern im Kopf! 😉 Vielleicht eine deutsche Version von Carrie Mathison. Das wäre so wunderbar!!

JJ: Woran arbeitest du aktuell, was liegt demnächst an?

Madeleine: Ich habe aktuell wieder sehr intensiv mit Kampfsport angefangen und lerne Italienisch. Ich lerne eigentlich immer irgendwas. Stillstand ist nichts für mich.

Madeleine Maßmann, Foto von Alan Ovaska

Madeleine Maßmann,
Foto von Alan Ovaska

In mir brodelt ein wilder Ehrgeiz, der ständig gefüttert werden muss. Ich bin nie zufrieden und möchte mich stets weiterentwickeln. Für 2018 sind einige Projekte in Planung, auf die ich mich total freue. Genaueres darf ich aber noch nicht verraten.

„Zu gern würd ich mit [ dir ] noch plaudern, aber ich habe ein Festessen mit einem alten Freund.“ Na, wer hats gesagt? 🙂

JJ: Danke.

Madeleine: Lieber Jörg, vielen Dank!

 

Weitere Informationen: Madeleine bei Castforward

Foto Startseite: Alan Ovaska

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