Wenn Wörter raus müssen

 

Martina Schölzhorn hat relativ spät die Liebe zum Schauspiel entdeckt. „Ich war erstmal Grundschullehrerin in Bozen, Südtirol“, erzählt sie, „und habe gemerkt, dass ich das nicht für immer machen möchte und dann nach Ausbildungsmöglichkeiten gesucht. Gelandet bin an einer Schauspielschule in München und wußte erstmal nicht, was mich erwartet.“

Für ihre jetzige Tätigkeit hat sich die junge, 1,68 große Frau entschieden, weil sie „den Beruf total spannend, herausfordernd, verrückt und vielseitig“ findet. Das und viel mehr berichtet sie uns hier und jetzt:

 

„Wie ein Sprinter im Startblock“

 

JJ: Martina, beginnen wir doch mal mittendrin: Was ist für dich ganz persönlich die Faszination Schauspiel?

Martina Schölzhorn, Foto von © Sorin Dragoi

Martina Schölzhorn,
Foto von © Sorin Dragoi

Martina Schölzhorn: Es macht einfach Spaß, wie ein Kind in andere Figuren und Welten einzutauchen und sie zu erschaffen. Oder Charaktere zu spielen, oft auch Charaktere, die man im normalen Leben nie innehaben würde. Zudem macht es Spaß, durch das Spiel die Zuschauer in einer Form zu berühren und mitzunehmen.

JJ: Wenn du vor die Kamera trittst und der Regisseur „Bitte“ sagt, genau in dem Moment, was fühlst du, was denkst du, was geht in dir vor?

Martina Schölzhorn: Das „Bitte“ ist wie beim Sprinter der Schuss, dass er loslaufen darf… In dem Moment bin ich schon in meiner Rolle, bin hochkonzentriert, kenne meine Figur, ihre Ziele, und ich freue mich darauf, nun endlich spielen zu dürfen. Ich fühle dort, mit welcher Emotion diese Rolle gerade in die Szene reingeht und dann versuche ich alles Vorbereitete los- und mich von meiner Figur treiben zu lassen.

JJ: Wie schnell bist du in der Rolle und wie schnell wieder raus?

Martina Schölzhorn: Wenn die Rolle für mich klar ist, dann kann ich relativ schnell hineinschlüpfen. Es kann aber auch sein, dass ich selber noch am Suchen bin und da hilft der Regisseur und führt in die Richtung, in die es gehen soll.

Wie schnell ich wieder raus bin: Ich hatte eine Theaterrolle, die eine sehr verrückte, harte, aber auch gebrochen sensible Figur war und ich habe in dieser intensiven Probenzeit oft auch im Alltag gemerkt, dass die Figur selbst da manchmal zum Vorschein kam – in Form von leicht reizbar, abwesend, provuzierend… Es hat mich überrascht, aber es war eigentlich sehr schön zu sehen. Für meine Freunde war’s allerdings gewöhnungsbedürftig 🙂

JJ: Ich schaue fast regelmäßig „Sturm der Liebe“, Martina. Du warst als Alina Steffen 30 Folgen dabei. Zwei Fragen habe ich dazu:

Erstens, wie ist es, einen Charakter über einen längeren Zeitraum aufbauen zu können und zweitens, wie sehr konntest du dich als Schauspielerin einbringen in diese Figur?

Martina Schölzhorn: Es ist sehr schön, denn ich schlüpfte immer tiefer in diese Figur, verstand sie immer mehr, handelte immer intuitiver nach ihr. Alina als Charakter, klar, von außen ist sie die Intrigantin, die Böse. Aber was steckt da noch drinnen, wieso ist sie so?

Martina Schölzhorn als Alina Steffen in Sturm der Liebe; © ARD

Martina Schölzhorn als Alina Steffen in Sturm der Liebe; © ARD

Jeder Mensch hat seine guten und schlechten Seiten, der eine lebt sie bewußt aus, der andere unbewußt. Alina steckt so tief im Schlamassel, dass sie das, was sie tut, als einzigen Ausweg sieht.

Ich mochte die Rolle sehr, durch die Figur hatte ich eine schöne Bandbreite, die ich spielen durfte; eben durch dieses zweideutige Spiel (ihre eigene und ihre gespielte Emotion) war sie für mich als Rolle herausfordernd und sehr abwechslungsreich.

JJ: Besonders wenn ich höre, wie du deine eigenen Gedichte interpretierst, bist du als Martina Schölzhorn und als Alina Steffen wie Tag und Nacht. Ist das der Reiz an deinem Beruf, die Herausforderung, das Schöne, das Schwierige?

Martina Schölzhorn: Ja sicherlich, auch in die eine oder andere Figur zu schlüpfen, die ich sonst im Alltag so nicht sein würde.
Das macht ja eben auch total Spaß – mal was komplett anderes zu spielen, eine Figur zu sein, die eben ganz anders ist als ich. Ich lerne sie zu verstehen, sie dann auch wirklich zu mögen, selbst wenn sie als nicht gut gilt.

JJ: Apropos Gedichte, die, wie du mir erzähltest, plötzlich wie von alleine aus dir raussprudelten; was war da los? Tatsächlich plötzlich aus dem Nichts? Die Inhalte sind aus deinem Leben?

Martina Schölzhorn: Mein erstes Gedicht „Gefühle, Gefühle, Gefühle“ habe ich in einem Fluss in einer halben Stunde um 4 Uhr morgens runter geschrieben, es war für mich wie eine Art Trancezustand, ich habe gar nicht viel gemacht, es fühlte sich so an, als müssen diese Zeilen raus, und so ist es auch meistens mit den anderen Gedichten.

Martina Schölzhorn Foto von (c) SorinDragoi

Martina Schölzhorn
Foto von (c) Sorin Dragoi

Ich bekomme ein Gefühl, das mir sagt, Martina jetzt schreib! Ich weiß meistens nur die ersten zwei Zeilen, wenn ich beginne. Aber dann geht’s wie von alleine.

Die Inhalte, ja, die sind aus meinen Leben, aus meinen Erfahrungen. Wobei ich mich öfters selbst im Nachhinein wundere, was ich da alles geschrieben habe.

JJ: Martina, ich habe es so empfunden, dass die drei von dir gesprochenen Gedichte tiefer in mich dringen, als hätte ich sie gelesen. Ich vermute mal, das liegt daran, dass du als Schauspielerin und Sprecherin nun mal gut bist in dem Job. Aber auch daran, dass dein Herz in den mündlichen Interpretationen liegt?

Martina Schölzhorn: Bei den Gedichten ist es am einfachsten, da sie ja von mir sind. Da spricht mein Herz. Bei anderen Aufträgen versuche ich es genauso und mache es imaginär und natürlich über die Vorbereitung.

JJ: Für mich liegt der Unterschied zwischen Schauspielerin und fantastischer Schauspielerin auch und besonders darin, ob sie ihre Texte aufsagen oder authentisch und wie im richtigen Leben sprechen. Wie empfindest du das?

Martina Schölzhorn: Ja klar, wenn du die Figur für dich nicht hast, klingt es aufgesagt. Das ist ja die Herausforderng in diesem Beruf, dass die Zeilen aus deinem Inneren kommen und nicht auswendig gelernt aus dem Kopf. Wenn du dich mit der Rolle intensiv auseinandersetzt, sie wirklich fühlst, dann handelst und sprichst du auch authentisch.

JJ: Und wenn wir schon mal bei der Tätigkeit der Sprecherin sind: Was ist der Reiz, die Herausforderung daran? Wie kamst du dazu?

Martina Schölzhorn: Erstmal habe ich einige Jahre gebraucht, bis ich akzentfreies Hochdeutsch sprechen konnte. Ich hatte intensives Sprachtraining, für mich war es fast schon wie eine neue Sprache lernen.

Aber es hat sich gelohnt, denn Sprechen macht mir sehr viel Spaß, dort gibt es viele unterschiedliche Projekte, von Synchron über Voice Over, Werbung, Hörbuch-CDs etc…
Das Schöne ist auch dort die Vielfältigkeit, die Herausforderung, oft in sehr kurzer Zeit in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen.

JJ: Eine fast schon Standardfrage von mir, Martina: Welche schauspielerischen oder künstlerischen Träume schlummern in dir? Was steht in diesem Jahr noch an?

Martina Schölzhorn: Meine künstlerische Vielfältigkeit möchte ich weiter ausüben können. Ob ich spreche, spiele, schreibe oder unterrichte, es bereitet mir alles Freude.
Am 7. Mai habe ich den ersten Auftritt mit meinen Gedichten in der Ludwigskirche in München, in Begleitung des Organisten Prof. Friedemann Winklhofer.

Martina Schölzhorn Foto von (c) SorinDragoi

Martina Schölzhorn
Foto von (c) Sorin Dragoi

Desweiteren drehe ich demnächst einen italienischen Film. Nach einem sehr berührenden Drehbuch über den Kinderhandel, es geht um ein Mädchen, das entführt wird. Ich spiele die Rolle der Mutter dieses Mädchens.

Wer in München ist, kann mich gerne immer montags im „Studio 148“ besuchen, dort unterrichte ich Meditation. Und zwischendrin werde ich immer wieder mal als Sprecherin tätig.

JJ: Danke, Martina.

Weitere Informationen: Martina auf der Agentur-Webseite   und Studio 148

Foto Startseite: Sorin Dragoi

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