Leidenschaft Sport

 

Als Julia Scharf den ARD Sportschau Club nach dem DFB Pokalfinale Dortmund gegen Frankfurt moderierte, hatte ich sie bereits gebeten, mir einige Fragen zu beantworten. Hätte ich es bis dahin nicht getan, dann spätestens danach.

WDR Köln, .25.07.2014, Julia Scharf, Moderation Sportschau, WDR/Herby Sachs

Julia Scharf, Foto: WDR/Herby Sachs

Neben der an sich schon großen Aufmerksamkeit, die ein Finale begleitet, kam an dem Abend noch die Brisanz der leidigen Trainerdiskussion (Thomas Tuchel) hinzu. Und – aus meiner ganz persönlichen Sicht – das noch leidigere Gerede um den Helene Fischer Auftritt. Das kann so und so ausgehen…

Julia aber führte in einer Mischung aus  Souveränität, Lockerheit und Branchenkenntnis fernab der üblichen Klischees durch die Sendung. Deshalb bin ich doppelt froh über die Antworten der Fernsehjournalistin zum Sport, zur Moderation und zu dem, was wirklich wichtig ist im Leben:

 

„Das Leben hat sich gelohnt, wenn ich mit meinen beiden Töchtern Skifahren gehen kann…“

 

JJ: Julia, hat bei Ihnen mit dem Beruf der Sportjournalistin zusammengefunden, was zusammen gehört? (die Lust am Sport und die Lust an der Moderation)

Julia Scharf: Nicht unbedingt. Die Lust auf Sport war schon immer da. Am liebsten wäre ich Trainer geworden. Das war ich auch 15 Jahre lang – leider in einer sehr unbekannten Sportart. Voltigieren. Das ist Akrobatik auf einem Pferd – viele kennen es als Vorstufe zum Reiten. Ich habe es aber jahrelang als Leistungssport in einem der erfolgreichsten Vereine weltweit betrieben.

Als Trainer wurde ich mit meiner Mannschaft auch Weltmeister. Ich habe als Trainerausbilder in Deutschland, Italien und den USA gearbeitet. Das alles hat großen Spaß gemacht.

Julia Scharf; Foto Mick Mazzei

Julia Scharf; Foto Mick Mazzei

Aber davon kann man nicht leben. Irgendwann habe ich dann den Journalismus für mich entdeckt. Nach Stationen bei der Zeitung kam ich zum TV. Zuerst habe ich als Redakteur eher Filme gemacht. Vor die Kamera ging es dann als mich einige Kollegen gefragt haben, ob ich das nicht mal ausprobieren will.

Und letzten Endes hat doch zusammen gefunden, was zusammen gehört. Mit Sportlern, Trainern und Managern über Sport zu sprechen – ich kann mir nichts besseres vorstellen. Jetzt schauen halt ein paar Leute dabei zu ;-).

JJ: Können wir uns Ihren Arbeitsumfang so vorstellen wie einen Eisberg – viel Vorbereitung, die wir nicht sehen und oben mit der Fernsehmoderation die sichtbare Spitze?

Julia: Absolut! Viele Zuschauer denken sicher, der Job beginnt, wenn eine Sendung beginnt. Das ist komplett falsch. Gerade im Sportressort muss man viel recherchieren, immer die wichtigsten Ergebnisse in vielen Sportarten kennen, man muss sich lange mit der Vita und Arbeit der Studiogäste auseinander setzen. Es gibt viele Themenkonferenzen bei uns.

Bei den Außenproduktionen kommen noch viele Reisen dazu – im Wintersport sind die teilweise abenteuerlich. Man muss unglaublich viele Informationen haben, um auch spontan bei Live-Übertragungen reagieren zu können.

Wir haben keinen Telepromter und auch keine vorgegebenen Texte. Der Moderator macht das alles selbst.

Wenn ein Ski-Rennen oder ein Tennisspiel auf Grund des Wetters immer wieder verschoben wird, muss man viel improvisieren und auch spontan Interviews führen können. Aber ich mag das. Ich liebe spontane Dinge und kann in Live-Situationen gut damit umgehen.

JJ: Was fasziniert Sie an ihrem Job – zunächst mal, wenn Sie selbst aktiv sind?

Julia: Man weiß nie, wie ein Fußballspiel, ein Skirennen, ein Tennisspiel oder andere Wettkämpfe ausgehen. Das ist immer wieder spannend. Man kann einen groben Plan für eine Sendung haben – am Ende kommt es dann oft anders.

Das habe ich gerade wieder beim Tennis Turnier – den BMW Open in München – gesehen. Da stand Alexander Zverev im Finale. Das Spiel sollte um 13.30 Uhr beginnen – da schüttete es aber wie aus Eimern. Wir mussten viel spontan improviesieren. Letztendlich begann das Match 17.15 Uhr.

Das war früher ein Problem, weil wir nur eine gewisse Sendezeit im TV haben. Heute senden wir einfach im Live-Stream weiter.

Julia Scharf, Foto Mick Mazzei

Julia Scharf, Foto Mick Mazzei

Im Wintersport muss man auch immer mit Verschiebungen rechnen, wenn das Wetter nicht mitspielt. Aber spontan zu improvisieren mag ich sehr gerne.

Zuletzt musste ich das auch im Sportschau Club, den wir nach dem DFB Pokalfinale in Berlin gesendet haben. Da weiß man zu Beginn der Sendung noch nicht, wer dann später ins Studio kommt. Es kommen immer einige Spieler der Siegermannschaft, aber man weiß ja erst kurz vorher, wer gewonnen hat. Welche Spieler dann ins Studio kommen, erfahre ich in dem Moment, in dem sie ins Studio kommen.

JJ: Und was fasziniert Sie, wenn Sie sehen und/oder hören, wie beispielsweise ein Livereporter so richtig zur Höchstform aufläuft? Oder ein Interview plötzlich ungeahnt Fahrt aufnimmt?

Julia: Das ist toll! Es gibt leider viele verzichtbare Interviews – gerade im Fußball ist alles sehr reglementiert. Da ist oft genau die Zeit vorgegeben, die ein Interview dauern darf. Ich kann auch Spieler oder Verantwortliche verstehen, die dann oft hunderte Male das selbe erzählen müssen.

Alleine nach einem Spiel wollen unzählige Medien ein Interview – das ist oft ein ganzer Marathon für die handelnden Personen. Das liegt in der Natur der Sache, dass sich vieles wiederholt. Daher liebe ich es natürlich, wenn mal etwas außerplanmäßiges passiert. Und ich liebe es, im Winter oft Sportler vor dem Mikrofon zu haben, für die es nicht alltäglich ist, Interviews zu geben.

JJ: Ich weiß, dass Sie richtig gut und umfassend ausgebildet sind und sich auch weiterbilden, Julia; wie wichtig war, wie wichtig ist das, besonders das am Ball bleiben bei aller Erfahrung inzwischen?

Julia: Enorm wichtig. Ich habe durch mein Studium (Sportwissenschaften und Medien/Kommunikation) eine breite Basis. Aber ich glaube, heut zu Tage hat jeder erfolgreiche Sportler und haben auch viele Manager einen Coach, mit dem man Dinge reflektieren kann.

Ich versuche das auch einmal im Jahr – mal unabhängig von einzelnen Sendungen – mit meinem Coach eine Standortbestimmung zu machen. Auf der anderen Seite coache ich auch junge Journalisten und Studenten. Ich bin Dozent an der Munich Business School und gebe dort Kurse mit Kamera-Coaching. Und ich mache alle, die sich oder ihr Unternehmen vor der Kamera präsentieren müssen, fit für Live-Situationen und Interviews.

Das macht großen Spaß – ich arbeite gerne mit jungen Menschen. Egal ob als Trainer oder Coach.

JJ: Es gibt die Initiative „Bringt Volleyball in die Medien“; Basketballer (eine wunderschöne und spannende Sportart) freuen sich, wenn ich mich bei ihnen melde, um über sie zu schreiben, weil sie in den Medien, verglichen mit König Fußball – und auch Biathlon und Skispringen – wenig Beachtung finden. Aktuell schreibe ich über Squashspieler, die in der Weltrangliste vorne mitmischen und sich am Rande des Randes sehen. Sie haben ihre Diplomarbeit über „Mediale Vermarktung von Randsportarten und deren Inszenierung im TV“ geschrieben. Sind es tatsächlich der Markt und die Nachfrage durch die breite Masse, die alles dominieren und bestimmen?

Julia: Generell gibt es heut zu Tage das Problem, dass es unglaublich viele Sportarten gibt, die sich alle bei Wettkämpfen messen – es kommen ja auch bei den sogenannten „Fun-Sportarten“ immer mehr dazu, die diese wettkampfmäßig betreiben.

Julia Scharf; Foto: Nadine Rupp - Ruppografie

Julia Scharf; Foto: Nadine Rupp – Ruppografie

Man muss sich dann erstens immer anschauen, wie gewachsen und etabliert die Wettkämpfe bei den Zuschauern sind. Dann tun sich viele Verbände schwer, ihre Wettkampf-Formate Fernsehen-tauglich zu gestalten. Das fängt schon bei der Terminierung an.

Fußball ist nun mal eine Sportart, die es schon sehr lange gibt, die nahezu überall auf der Welt gespielt wird und in der seit einigen Jahren Menschen versuchen, in Sachen Vermarktung und Kommerzialisierung alles heraus zu holen. Das ist aus Manager Sicht verständlich, nur darf man die Fans – die breite Basis – dabei nicht vergessen.

Zurück zur Frage: Solange es eine so große Nachfrage nach Live-Fußball gibt, werden die Sender viel übertragen.

Bei anderen Sportarten muss viel zusammen kommen: Es muss deutsche Stars geben, die internationalen Erfolg haben. Die Wettkampfformate müssen für den Zuschauer verständlich sein. Die Fernsehverträge müssen so gestaltet werden, dass die Wettkämpfe verlässlich zu sehen sind. Dabei muss es eine gute Mischung aus Live-Berichterstattung und Nachberichterstattung für die breite Masse sein.

Die Zuschauer denken oft, wir wollen Sportart xy nicht übertragen. Dabei liegt es meist an den Verbänden, die die Verträge machen, dass bestimmte Sportarten nicht übertragen werden. Wenn ein Verband einen Vertrag mit einem Unternehmen ausgehandelt hat, das dessen Wettkämpfe beispielsweise via Streamingangeboten zeigt, dürfen wir die Sportart nicht mehr zeigen – es sei denn, es gibt Sublizenzen.

Das ist alles relativ kompliziert. Es liegt aber nicht immer an den Fernsehsendern, dass eine Sportart nicht übertragen wird.

Was die Fanakzeptanz angeht, kann ich nur immer wieder das Beispiel Tennis bringen. Ich habe in den letzen Jahren das WTA-Turnier in Stuttgart (mit Angelique Kerbers erstem Sieg dort) und das ATP Turnier in München moderiert. Da gab es so tolle Matches.

Die Deutschen Spieler waren unglaublich erfolgreich (Alexander Zverev hat 2017 ja in München gewonnen). Generell waren wir auch mit den Quoten zufrieden, aber die sind nie so, dass man denken würde: Die Menschen wollen wieder mehr Tennis sehen.

JJ: Gibt es einen Moderatorinnen,- Journalistinnen- oder Reporterinnentraum, den Sie in sich tragen, Julia? Gibt es ein Event, das Sie begleiten, einen Sportler, den Sie interviewen möchten – und das Leben hat sich alleine deswegen gelohnt ;-)?

Julia: Das Leben hat sich gelohnt, wenn ich mit meinen beiden Töchtern Skifahren gehen kann oder ihnen bei allen anderen Sportarten zusehe wie sie besser werden (und im Golf schon bald besser als ich sind).

Viele berufliche Ziele habe ich schon erreicht: Ich war bei den Olympischen Spielen in Sotschi und habe mit Markus Wasmeier die Ski alpin Wettbewerbe moderiert. Ich war bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Ich darf mit dem Sportschau Club eine Sendung moderieren, bei deren Entwicklung ich von Anfang an dabei war. Ich moderiere den Blickpunkt Sport und die Sportschau – zwei der ältesten Sportsendungen im Deutschen Fernsehen.

ulia Scharf; fotografiert von Mick Mazzei

Julia Scharf; fotografiert von Mick Mazzei

Generell ist es toll, bei Großereignissen dabei zu sein. Da fühlt man sich oft wieder wie damals als Sportler – man fährt mit einem ganzen Team an einen (oft neuen) Ort und versucht dort das beste raus zu holen. Da gibt es glaube ich noch viele tolle Momente, die auf einen warten.

Und irgendwann möchte ich mal Bastian Schweinsteiger und Felix Neureuther zusammen interviewen – am besten auf dem Golfplatz.

JJ: Was werden Ihre beruflichen Höhepunkte im Jahr 2017 sein?

Julia: Einen Höhepunkt gab es schon mit dem Sportschau Club, den ich nach dem DFB Pokalfinale moderiert habe. Jetzt kommt im Sommer noch die U 21 EM in Polen, die ich moderiere. Und dann freue ich mich sehr auf den Winter, in dem ich einige Klassiker des Ski-Weltcups in der ARD zusammen mit Maria Höfl-Riesch moderieren werde.

JJ: Danke und weiterhin viel Spaß.

Foto Startseite: Mick Mazzei

Weitere Informationen: Julias facebook Seite und Julias Webseite

Ein Kommentar:

  1. Ich habe Hochachtung vor all‘ dem, was Frau Scharf erreicht hat. Aber bei allem nötigen Respekt vor ihrem Wirken und Tun, möchte ich hier die fehlende Weitsicht in der angesprochenen (Randsportarten-)Medienfrage kritisieren. Man muss sich letztendlich fragen, warum Verbände gezielt Lizenzen außerhalb der öffentlich-rechtlichen Medien vergeben haben. Das haben sie im Regelfall genau dann getan, weil sie genau bei den ÖR-Anstalten jahrelang „Klinken geputzt“ haben und schlichtweg keine Berücksichtigung gefunden haben. Es ist die Not (!), Alternativen zu finden, um Medienpräsenz und somit Sponsorengelder zu generieren.

    Genau aus dem Grund ist zum Beispiel das große Sportportal sportdeutschland.TV mit seiner Anbindung an die ProSiebenSat.1-Gruppe entstanden. Zumal fraglich bleibt – Frau Scharf hat es ja selbst angesprochen – warum ARD/ZDF sich nicht um Sublizenzen bewerben. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in diesem Interview in die Opferrolle zu stecken, man könne ja gewisse Sportarten nicht übertragen, ist ja fast schon ein Hohn an den meisten olympischen Sportarten.

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