110 Prozent

 

Margit Mägdefrau hat ihr Abitur gemacht und der Vernunft folgend Biologie studiert. Mit dem Schauspieltraum im Gepäck. Nun, da der Abschluss eingefahren ist, folgt die 1,73m Frau mit den blau/grünbraunen Augen ihrem Herzen und steuert zielsicher auf ein Leben vor der Kamera und auf der Bühne hin.

Margit; Foto von Danny Goedicke

Margit; Foto von Danny Goedicke

Genau betrachtet dann doch wieder ein vernünftiger Weg, den Margit, die unter anderem auch mal neun Monate in Afrika und Südostasien unterwegs war, da beschreitet:

 

„Schauspiel ist eine konstante Arbeit an sich selbst und seinen Fähigkeiten“

 

JJ: Margit, lassen wir mal eben das Vorgeplänkel weg und beginnen gleich mit der entscheidenden Frage: Was ist deine ganz persönliche Faszination Schauspiel?

Margit: Ich finde es unglaublich schön, in eine Geschichte einzutauchen und mich ganz darauf einzulassen. Mich selbst für eine Zeit lang aufzugeben und eine ganz andere Person zu werden ist extrem emotional und faszinierend. Dafür muss man auch an seine Grenzen gehen und sich mit sich selbst und anderen auseinanderzusetzen.

Das macht mir aber sehr viel Spaß und wenn das Ergebnis den Zuschauer berührt, freue ich mich natürlich. Und das ist das, was ich als Zuschauerin an guten Filmen mag, dass Sie mich in eine andere Welt entführen und ich alles um mich herum vergessen kann.

Außerdem ist dieser Beruf ausgesprochen abwechslungsreich, jedes neue Projekt bedeutet eine neue Geschichte, ein neues Team und neue Locations. Die Kombination all dieser Dinge macht das Schauspiel so interessant für mich.

JJ: Wann war absehbar, dass du mal Schauspielerin wirst?

Margit: Das war eher ein Prozess, ich glaube, ich war ungefähr 13, als ich angefangen habe, den Drang zu verspüren, Schauspielerin zu werden. Kurze Zeit später bin ich dann auf Castings gefahren und wurde durch eine Agentur vertreten. Da ich allerdings aus der Nähe von Nürnberg komme, waren meine Möglichkeiten etwas eingeschränkt. Dennoch habe ich mich nicht davon abbringen lassen.

JJ: Wenn ich richtig gesehen habe, hast du mehrere Workshops, Coachings, Kurse absolviert beziehungsweise du bist munter dabei. Ist das eine bewusste Entscheidung?

Margit: Nach meinem Abitur habe ich erst Biologie studiert, um den Stimmen in meinem Kopf und um mich herum gerecht zu werden, etwas zu lernen, von dem ich sicher leben kann. Und auch wenn mir das Studium Spaß gemacht hat, wusste ich, dass es einfach nicht mein Traumberuf ist und wollte zum Schauspiel zurück.

Margit, Foto Danny Goedicke

Margit, Foto Danny Goedicke

Da ich mein Studium allerdings nicht abbrechen wollte – das ist nicht meine Art – aber mit dem Schauspiel auch nicht mehr warten konnte, habe ich mich dazu entschieden, schon während meines Studiums einen Meisner-Abendkurs, Einzelcoaching und Stimmbildungsunterricht zu besuchen.

Inzwischen bin ich fertig mit meinem Studium, konzentriere mich ganz aufs Schauspiel und werde weiterhin Unterricht nehmen. Vor kurzem habe ich zum Beispiel mit einem neuen Meisner Kurs bei Daniel Urban angefangen. Ich finde, Schauspiel ist auch eine konstante Arbeit an sich selbst und seinen Fähigkeiten.

JJ: Wenn du spielst, egal ob Bühne oder Kamera, was geht in dir vor, Margit, was denkst, was fühlst du in den Momenten, in denen du dran bist – dein Stichwort ist gefallen oder das „Bitte“ des Regisseurs?

Margit: Kurz davor bin ich meistens sehr nervös, weil ich natürlich hoffe, meine Arbeit gut zu machen. In dem Moment, in dem die Szene dann beginnt, bin ich allerdings so konzentriert auf das Spiel, dass ich meine Nervosität komplett vergesse.

JJ: Wie beeinflussen dich die beteiligten Schauspielkollegen, die Tagesform, das eventuelle Publikum (Theater) oder die massiv aufgefahrene Technik (Film)?

Margit: Da ich noch sehr jung bin und relativ wenig Erfahrung habe, sind die meisten Schauspielkollegen Vorbilder für mich und ich versuche, so viel wie möglich von Ihnen zu lernen und Ihnen auch gerecht zu werden. Sie motivieren mich also unglaublich.

Margit, Foto von Danny Goedicke

Margit, Foto von Danny Goedicke

Die Tagesform finde ich ein schwieriges Thema, im Schauspiel ist es egal, ob man müde ist oder sich am Abend vorher mit jemandem gestritten hat. Wenn das „und bitte“ kommt muss man zu 110 Prozent da sein und so viele Leute hängen davon ab. Deshalb versuche ich, mir dann nichts anmerken zu lassen und mich so gut es geht auf mein Spiel zu konzentrieren, private Probleme zu Hause zu lassen und wenn ich müde bin, viel zu trinken und Traubenzucker zu essen.

Technik und Publikum beeinflussen mich eigentlich kaum, wenn ich in der Szene bin, vergesse ich das meistens. Natürlich ist es schwerer, wenn einem die Technik auf die Pelle rückt und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird oder das Publikum eine unerwartete Reaktion zeigt. Aber das gehört eben dazu.

JJ: Wie lange brauchst du vorab, um in eine Rolle hinein – und nachher wieder heraus zu kommen?

Margit: Das hängt ganz von der Rolle und Szene ab. Ich bereite meine Rollen so früh und so gut wie möglich vor, sobald das Drehbuch ankommt, fange ich damit an. Wenn ich eine gute Vorarbeit geleistet habe, komme ich leichter in die Rollen und dann brauche ich auch nicht so lange.

Wenn eine Szene abgedreht ist, komme ich recht schnell wieder heraus, allerdings beschäftigt mich der Inhalt oft Stunden oder auch Tage später noch, wenn es ein aufwühlendes Thema ist.

JJ: Gibt es Genres, in denen du dich besonders gut aufgehoben fühlst, in denen du besonders gerne spielen möchtest?

Margit: Für mich kommt es nicht unbedingt auf das Genre an, sondern eher auf das Drehbuch und die entsprechende Rolle. Ich spiele sehr gerne Geschichten, die die Leute bewegen und in denen ich immer wieder mit anderen Emotionen konfrontiert werde. Das muss nicht unbedingt ein Drama sein, auch Komödien können sehr berühren.

Margit Mägdefrau; fotografiert von Christian Umnig

fotografiert von Christian Umnig

Was ich unglaublich gerne spielen würde, wäre ein historischer Film, das Eintauchen in eine komplett andere Zeit und auch das Auseinandersetzen mit dem Leben dieser Personen fasziniert mich. Abenteuerfilme und Krimis würden mich auch sehr reizen. Außerdem probiere ich gerne Neues aus.

JJ: Ich habe schon einigen deiner Kolleginnen und Kollegen von meinem „Einer flog über das Kuckucksnest“ Erlebnis erzählt, Margit. Das war Anfang der 80er Jahre und ich denke daran, als wäre es gestern passiert. Du bist jetzt so alt wie ich damals. Kannst du dir vorstellen, dass du als 50- oder 60jährige an Filme zurückdenkst (oder Theateraufführungen), die du jetzt erlebst (oder erlebt hast)?

Margit: Auf jeden Fall, die ersten Filme die ich als Kind und Jugendliche gesehen habe, waren ziemlich unvergesslich für mich. Einer zum Beispiel war „(T)Raumschiff Surprise“, den habe ich viele Male mit meinen Freundinnen gesehen und auch nachgespielt. Daran werde ich mich auf jeden Fall erinnern.

Aber auch an viele Filme und Serien, die ich jetzt am Anfang meines Arbeitslebens sehe, werde ich mich später auf jeden Fall zurückerinnern. Das sind ja die Filme, die mein Schauspiel geprägt haben oder noch prägen werden.

JJ: Was macht für dich einen Film aus, der dich vom Hocker haut oder in den Sessel presst?

Margit: Ein Film, der mich in seinen Bann zieht, muss spannend sein, mich emotional berühren oder zum Lachen bringen. Am besten ist es natürlich, wenn er all das kann.

JJ: Was bedeuten dir Tanzen, Klettern oder Reiten?

Margit: Beim Tanzen kann ich mich einfach fallen lassen, vor allem beim Paartanz. Wenn ich mich führen lasse, laufen meine Füße wie von alleine mit.

Klettern bedeutet für mich Familie, damit habe ich angefangen als ich noch ganz klein war und meine Eltern mich mitgenommen haben. Am Anfang habe ich nur auf den kleinen Felsen getollt, während meine Eltern daneben geklettert sind. Im Laufe der Jahre wurden die Felsen immer größer, bis wir in unseren Urlauben, unter anderem in Griechenland, mehrere Seillängen zusammen geklettert sind.

Beim Reiten fühle ich mich frei, über den Strand zu galoppieren hat etwas Meditatives – oh Gott klingt das kitschig 😉 Vor ein paar Jahren habe ich außerdem auf einer Pferderanch in Südafrika gearbeitet, das war ein unglaubliches Erlebnis.

JJ: Margit, was liegt schauspielerisch bei dir an demnächst, was sind realistische Ziele für später und welchen Traum führst du im Gepäck?

Margit: Ich habe ein paar interessante Projekte, auf die ich mich sehr freue, leider darf ich in dieser Phase noch nichts Konkretes erzählen. Außerdem werde ich diesen Winter einen Synchronworkshop besuchen.

Margit Mägdefrau, Foto Virginia Schmidt

Margit Mägdefrau, Foto Virginia Schmidt

Ein längerfristiges (hoffentlich) realistisches Ziel ist, dass ich irgendwann allein von der Schauspielerei leben kann. Natürlich habe ich auch größere Träume, eines zum Beispiel ist das Mitwirken in einer amerikanischen Serie, da gibt es so viele tolle Formate.

JJ: Danke.

Weitere Informationen: Webseite von Margit

Foto Startseite: Virginia Schmidt

Ein Kommentar:

  1. Ausgezeichnetes Interview! Ein junges Versprechen, mit einer großen Zukunft und vielen Herausforderungen, um ihre Träume und Beiträge zu erfüllen und zu erfüllen!

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