Zu Fuß durch den Busch

 

Schon der gute, alte Charles Darwin hatte 1871 vermutet, dass die ersten Menschen sich auf dem afrikanischen Kontinent entwickelten, weil auch unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen und Gorillas, dort zuhause sind. Zahlreiche Fossilfunde in Südafrika (unter anderem das 1924 entdeckte „Kind von Taung“) erhärteten die Hypothese.

Gesa Neitzel: "Wir sind ein Teil der Natur"

Gesa Neitzel: „Wir sind ein Teil der Natur“

Vielleicht deswegen erzählen viele Europäer, die Afrika besuchten, da ein Gefühl von Heimat und Ankommen gespürt zu haben. Gesa Neitzel lebt nach Reisen um die halbe Welt inzwischen dort und beschrieb in dem Buch „Frühstück mit Elefanten“ ihre Erfahrungen.

 

„Ein Ort mit viel Platz zum Atmen“

 

JJ: Gesa, schlummerte in Ihnen als kleines Mädchen schon Fernweh, Abenteuerlust und Naturverbundenheit? Gab es entsprechende Helden der Kindheit?

Gesa Neitzel: Ich konnte auch als Kind nur schwer stillsitzen und war immer bereit, die Welt zu entdecken. Einer meiner Helden war ganz bestimmt Indiana Jones.

JJ: Erstmal allgemein und egal wo, was spüren Sie, wenn Sie alleine mit der Natur sind? Wenn Sie einem Bieber bei seiner Arbeit zuschauen, auf einer Sommerwiese liegen, den Wolken nachschauen und nur die Grillen und Vögel hören?

Gesa Neitzel: Ich denke, da geht es mir so wie jedem anderen Menschen auch: Es entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit. Und eine innere Ruhe, über die ich mich im stressigen Alltag dann manchmal frage, warum wir sie nicht immer in uns tragen. Wir sind schließlich ein Teil von der Natur. Wir sollten uns immer so fühlen.

JJ: Können Sie den Grund benennen, warum Sie nach Reisen durch Europa, Asien und Australien ausgerechnet in Afrika hängen geblieben sind?

loewe

Gesa: „Jedes Tier ist unterschiedlich“

Gesa Neitzel: Unterschwellig wusste ich – glaube ich – schon immer, dass es irgendwann mal Afrika sein sollte. Schon immer habe ich nach einem Ort mit viel Platz zum Atmen gesucht. Die anderen Reisen dienten mir wohl eher als eine Art Vorbereitung. Nachdem ich vor allem das Outback Australiens und dann den asiatischen Kulturschock als Alleinreisende gemeistert hatte, fühlte ich mich mutig und stark genug für Afrika. Als ich dann schließlich endlich dort war, fühlte es sich an wie nach Hause kommen. Ein Kreis war geschlossen.

JJ: Erzählen Sie mal bitte von der Ausbildung zum Ranger, Gesa. Was ist deren Aufgabe und wie hoch liegt der Romantikanteil?

Gesa Neitzel: Ranger ist eigentlich ein eher veralteter Begriff und wirft viele verschiedene Jobs in einen Topf. Heutzutage unterscheiden wir zwischen den sogenannten „Game Rangern“, die sich um den Bestand der Tiere in einem Nationalpark kümmern und sich zum Beispiel auch im Kampf gegen die Wilderer einsetzen. Das bin ich nicht. Ich bin als Safari Guide dafür zuständig, Gästen auf Safari die wilden Tiere zu zeigen – entweder im Fahrzeug oder – meine wahre Leidenschaft – zu Fuß durch den Busch.

JJ: Wenn ich in Deutschland an einem fast unberührten Flecken Erde bin (was nicht leicht ist, da die Menschen beinah alles ruiniert haben), durchströmt mich das Gefühl, dass ich genau da hin gehöre, dass genau das einfach nur richtig ist. Europäer, die in Afrika waren, berichten oft vom Gefühl, sich an der Wiege der Menschheit zu befinden, da wo alles begann (vor zigtausend oder viel mehr Jahren). Kommt Ihnen das, besonders was Afrika anbelangt, bekannt vor?

Gesa Neitzel unterwegs

Gesa Neitzel unterwegs

Gesa Neitzel: Südafrika ist die Wiege der Menschheit. Ich glaube ganz sicher: Jeder fühlt hier irgendetwas. Niemanden lässt das kalt. Ich denke, das hängt heutzutage vor allem damit zusammen, dass Afrika einer der letzten Orte ist, wo (noch) große Wildtiere in freier Wildbahn bestaunt werden können. Wir fühlen uns hier klein und irgendwie geerdet. Das sollte jeder einmal in seinem Leben erfahren dürfen.

JJ: Wie ist es insbesondere Auge in Auge mit wild lebenden Tieren? Die Begegnung mit Zebras und Giraffen kann ja vielleicht noch mit der mit Kühen oder Pferden bei uns verglichen werden, aber Löwen, Nashörner, Elefanten… Wissen die, dass sie ungefährlich sind, wenn wir uns nur ruhig verhalten?

Gesa Neitzel: Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Jedes Tier ist unterschiedlich und hat eine eigene Geschichte, einen eigenen Charakter. Zu Fuß im Busch wird uns eine Elefantenkuh mit einem Neugeborenen aller Wahrscheinlichkeit nie freundlich entgegentreten – egal wie wohlgesonnen und friedlich wir uns verhalten. Ich habe auf meinen Walks aber oft die Erfahrung gemacht, dass die Begegnungen mit wilden Tieren ganz stark von der Stimmung abhängen, in der wir uns befinden. Wir – aber eben auch das Tier. Es ist jedes Mal wieder eine unglaubliche Erfahrung, bei der es vor allem um beiderseitigen Respekt geht – und um unglaublich großes Vertrauen, das sich beide Spezies gegenüber bringen.

JJ: Gesa, ich denke mal, Sie bekommen mit, dass in Afrika – redensartlich gesehen – nicht alles Sonnenschein ist.  Ich spiele auf Wilderei an und die Zerstörung von Natur.  Was denken Sie, was fühlen Sie, wenn Sie das direkt vor Ort beobachten müssen?

Gesa Neitzel: Ich empfinde Wut und Unverständnis, gleichermaßen aber auch eine Hilflosigkeit gegenüber diesen riesigen Problemen, die ich allein nicht lösen kann – und vor denen sogar gut aufgestellte Organisationen kapitulieren. Es ist eine Schande, dass meine eigene Spezies für die Zerstörung unseres Planeten und die Ausrottung anderer Spezies verantwortlich ist. Eine bittere Pille, die wir da schlucken müssen. „Warum hast du nichts dagegen gemacht?“ – Das werden unsere Enkelkinder einmal fragen. Ich persönlich versuche aber, mit Hoffnung an diese Probleme ranzugehen und im Kleinen einen Unterschied zu machen.

Gesa: "Wer einmal einem wilden Elefanten in die Augen geschaut hat..."

Gesa: „Wer einmal einem wilden Elefanten in die Augen geschaut hat…“

Als Safari Guide habe ich die Chance, Menschen an erster Front aufzuklären – und vor allem: sie im Herzen zu berühren. Wer einmal einem wilden Elefanten in die Augen geschaut hat, der wird für immer verändert; dem wird dieses Tier ans Herz wachsen – wie kann es ihm dann noch egal sein, dass es vom Aussterben bedroht ist? Es ist ein kleiner Beitrag. Aber immerhin kann ich den leisten.

JJ: Gesa, was machen Sie als Fernsehredakteurin? Welche Resonanz bekommen Sie auf Ihre Berichte als Reisebloggerin?

Gesa Neitzel: Den Job als Fernsehredakteurin habe ich an den Nagel gehängt. Die Resonanz, die ich auf meine Blogtexte erhalte, ist oftmals diese: „Du sprichst mir aus der Seele.“ Das ist nun aber nicht eingebildet gemeint, sondern spricht wohl eher dafür, dass ich mit meiner Sehnsucht nach Freiheit und Natur viele Menschen anspreche. Irgendwie wollen wir doch alle wieder raus.

JJ: Und wie sieht Ihre Tätigkeit als Safari-Guide aus? Wie im Fernsehen, Sie zeigen Urlaubern Land und Tiere?

Gesa Neitzel: Ja, genau.

JJ: Worum geht’s in Ihrem Buch „Frühstück mit Elefanten“, um Frühstücken mit Elefanten ;-)?

Gesa Neitzel: In meinem Buch geht es um meinen Schritt, den Job als Redakteurin und mein Leben im Großstadtdschungel Berlin hinter mir zu lassen und die Ranger-Ausbildung in Afrika als Neuanfang zu wagen. Das Frühstück mit Elefanten ist sicher eher als Metapher zu verstehen, für mich allerdings ein schönes Sinnbild für den Alltag im afrikanischen Busch mit den wilden Tieren als ständige Begleiter.

JJ: Was vermissen Sie in Afrika an Good Old Germany?

Gesa Neitzel: Meine Familie natürlich.

JJ: Danke.

Weitere Informationen: http://wonderfulwild.com/ueber-afrika-reiseblog/

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