Übern Teich und zurück

 

Lich ist ein beschauliches 14 000 Einwohner Städtchen mitten in Hessen. Bier wird da gebraut, Radfernwege und regionale Buslinien passieren den Ort. Liest sich alles nicht sooo spektakulär.

 

Mittendrin

 

Auch das Basketballteam der „Licher BasketBären“ liegt mittendrin – in der Tabelle der Zweiten Liga, ProB Süd. Auch das liest sich, erst Mal, nicht so prickelnd. Auf den ersten Blick. Beim genauen Hinsehen stehen da nach zwölf Spielen 1038 erzielte Punkte. Mehr haben nur die Zweit- und Drittplatzierten aus Eichingen und Leverkusen auf der Habenseite. Allerdings – und das klingt nach Spaß in der Halle – liegen die Jungs aus dem Landkreis Gießen mit 1027 kassierten Punkten  auch da unter den Top two. Zumindest für die Zuschauer, die die orangefarbene Kugel gerne durch den Korb rutschen sehen, ein echtes Highlight.

Patrick Horstmann (dunkles Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

Patrick Horstmann (dunkles Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

Patrick Horstmann, der für die Mannschaft seit dieser Saison aufläuft, bestätigt den ersten Eindruck: „Wir waren zunächst gut gestartet und hatten dadurch vielleicht  einige Erwartungen übertroffen. Wir haben viele junge Spieler und kämpfen derzeit damit, konstant unsere beste Leistung abzurufen. Die Defensive muss besser werden. Wir können jeden schlagen. Allerdings kann auch jeder uns schlagen. Es kommt darauf an, in jedem Spiel das Beste aus uns heraus zu holen und die Chancen zu nutzen, die sich ergeben.  Die Grundlage hierfür ist  Einsatz und Leidenschaft.“

 

Raus aus dem Alltag

 

Genau das, die Emotionen rund um seinen Sport, faszinieren Patrick unter anderem. Und außerdem „die Künste, die Spieler mit hohem Basketball-IQ vollbringen, oder mit Athletik und Willenskraft“. Auch die Fans bezieht er ein: „Fantastisch, wenn Erwachsene sich für Momente benehmen wie kleine Kinder, wenn sie die Möglichkeit bekommen, an nichts anderes zu denken, voll im Moment leben… Der Sport holt uns alle aus dem Alltag.“

Steht der 29jährige während eines Spiels auf dem Platz, sieht er das als „Geschenk für jeden Tag Training“.  Selbst in Vollzeit tätig, betrachtet er Basketball weiterhin als elementaren Teil seines Lebens. „Die Spiele sind die Höhepunkte jeder Woche, jeder will sich beweisen, zeigen, dass er der Bessere ist, und geht entweder zufrieden oder unzufrieden vom Feld.“ So sieht Patrick Horstmann die Faszination Basketball.

Seine persönlichen Highlights sind nicht zwingend spektakulär erzielte Körbe, vielmehr wenn er „dem Team helfen kann, durch Rebounds, dadurch, die Mitspieler freizuspielen  oder den einen oder anderen Steal. Das geht auch ohne selbst immer nur  auf die eigenen Punkte zu schauen“. Hauptsächlich spielt der 2,01 Meter Mann als Forward, wobei er die Position des Powerforward heute nicht mehr nur noch klassisch und nah am Korb sieht, sondern durchaus auch als einen, „der aus der Distanz werfen kann“. Und der Small Forward müsse eh „alles können“.

Patrick Horstmann (rotes Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

Patrick Horstmann (rotes Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

Patrick Horstmann, der aus einer Basketballfamilie stammt und zunächst auch „tolle Tage mit Freunden beim Fußball spielen“ erlebte, fokussierte sich ab dem zwölften Lebensjahr voll auf die Korbjagd. Die Mitgliedschaft beim MTV 1846 Gießen ließ ihn Richtung Leistungssport dribbeln. „Rückblickend lagen in dieser Kindheit des Unbeschwertseins und Spielens mit dem Ball die besten Tage“, blickt der Hesse zurück.

 

Raus in die Welt

 

Er zog irgendwann aus, die Welt zu erobern. Erst mal nach Ehingen ins renommierte Basketballinternat und mit dem Team der Urspringschule in die zweite Bundesliga, dann zog es ihn aber auch schon über den großen Teich in die Vereinigten Staaten. „Fünf Jahre war ich da, spielte College-Basketball in Florida und New Jersey“, erinnert sich Patrick sehr gerne.

„Eine komplett andere Welt“, was seinen Sport anbelangt, bestätigt der Globetrotter,  „er ist in der Kultur des Landes begründet und in den Menschen verankert. Die Amerikaner haben eine ganz andere Bindung zu ihren Schulen und betrachten ihre Universitätszeit als die großartigste überhaupt. Durch die deutlich drastischere Einkommensschere gegenüber uns, ist es für viele, vor allem jungen Menschen aus sozial schwachen Familien, die einzige Chance, das College bezahlen und aus der Armut ausbrechen zu können. Basketball ist eben irgendwie auch eine Möglichkeit, den amerikanischen Traum vom ‘Dishwasher to Millionaire‘ zu leben.“

Während der folgenden sportlichen Station in der ersten englischen Liga sammelte Patrick noch mal in besonderem Maße Erfahrungen auf allen Positionen. „Von der Eins bis zur Fünf habe ich alles mal gespielt“, berichtet er von bewegten Zeiten, „die Vielseitigkeit ist eine Stärke von mir.“

Die höchste Spielklasse auf der Insel sieht er – verglichen mit Deutschland – „in der oberen Tabellenhälfte auf ProA Niveau, die Teams weiter unten auf ProB Standard.“ Es tue sich aber viel, die Entwicklung zeige in den letzten Jahren nach oben. „Besonders bei den 14 bis 25jährigen geht es aufwärts und es gibt Championship Spiele  mit 10 000 bis 15 000 Zuschauern.“

 

Defense, Defense

Patrick Horstmann (dunkles Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

Patrick Horstmann (dunkles Trikot); Foto von Heiko Kutzschmar

 

Egal jedoch, ob hier, dort, oder da, überall wo junge Menschen versuchen, den Ball durch die Reuse zu schicken, rufen die Fans ihnen oder sie sich selbst zu: „Defense, Defense!“. Wenngleich auch Patrick Horstmann von Natur aus lieber angreift, statt zu verteidigen, weiß er doch um die Relevanz des Spruches: Offense wins Games, Defense wins Championships!

„Gerade in der Abwehrarbeit finden Verstand, Athletik, Wille und Herz zusammen“, befindet er aus der Erfahrung, „es ist wichtig, immer aufzupassen, hellwach zu sein und zu versuchen, schneller zu sein als der Gegner.“ Aus dieser Erkenntnis heraus mag sich der „Defense, Defense“ Schlachtruf entwickelt und etabliert haben.

Zurück in Mittelhessen und sportlich angekommen mitten im beschaulichen Lich, mitten in der Tabelle und mitten im Team der BasketBären, bemüht sich der erfahrene Forward gemeinsam mit seiner jungen Mannschaft, über die Leidenschaft zur Konstanz zu finden. Die Defense stärken heißt es. Und den Spaß bewahren.

JJ

Foto Startseite: Heiko Kutzschmar

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