Einem Straßenhund ins Gesicht schauen

 

Es gibt Menschen in unserem Land, die schauen nicht nur, stellen nicht nur fest, sind nicht nur ergriffen oder bestürzt, nein, sie machen etwas, um die Dinge, die im Argen liegen, zu verbessern. Und manche machen sogar ein bisschen mehr.

Katrin Weber beispielsweise. Sie mag Tiere und lebt mit einigen auf ihrem Bauernhof in Rheinland-Pfalz zusammen. Zudem ist sie sehr aktiv im Tierschutz. Ganz persönlich und für verschiedene Projekte. Dabei geht die junge Frau auch dahin, wo es emotional weh tut.

Gespräch mit ihr

 

JJ: Katrin, erzähle bitte ein bisschen über deine Tiere.

Katrin Weber: Ich habe sechs Hunde und vier Pferde. Die Hunde kommen überwiegend aus einem rumänischen Tierheim. Einige haben Handicaps, sind krank oder einfach schon älter. Eben Hunde, die in Rumänien keine Überlebenschance haben. Bei den Pferden ist es ähnlich. Beispielsweise habe ich eine Stute bei mir aufgenommen, die vorher Trabrennen gelaufen ist und danach als Gebärmaschine diente, und nachdem sie nicht mehr tragend wurde, zum Schlachter sollte.

JJ: Magst du Tiere von Kindheit an? Oder kam die Tierliebe später durch einen Auslöser?

Katrin Weber: Tiere mochte ich schon immer gerne. Ich bekam mit circa drei Jahren eine Katze geschenkt, welche mich 13 Jahre begleitete. Recht früh fand ich dann Gefallen an Pferden. Ich glaube, der Hauptauslöser für mein Engagement und meine Liebe zu Tieren kam, als ich anfing, mir über Lebensmittel Gedanken zu machen. Ich habe viel recherchiert und war über die Fleischgewinnung und Pelztierhaltung mehr als schockiert. So lernte ich Menschen kennen, die die gleichen Interessen hatten wie ich – und kam zudem zur Streuner-Problematik in Rumänien.

JJ: Hast du Favoriten unter den Tieren; Hunde, Pferde … alle?

Katrin Weber: Ich würde nicht sagen, dass ich Favoriten unter den Tieren habe. Von Pferden und Hunden habe ich einfach die meiste Ahnung und die größte Verbundenheit zu ihnen.

Foto: privat

Foto: privat

JJ: Du engagierst dich im Tierschutz, nenne bitte einige Beispiele, was hast du in der Vergangenheit gemacht, was ist aktuell, was steht vielleicht an?

Katrin Weber: Ich engagiere mich überwiegend in Rumänien und Deutschland. In den letzten Jahren bin ich mehrfach mit Sachspenden nach Rumänien gefahren, habe bei Arbeitseinsätzen mitgewirkt und bereits adoptierte Hunde mit nach Deutschland gebracht. Der größte Arbeitseinsatz wurde damals sogar von Sat 1 begleitet. Derzeit steht ein kompletter Tierheimneubau an, da die Pachtverträge der Grundstücke auslaufen und das Tierheim unbedingt EU-Standards haben muss.

In Deutschland kommt es immer mal wieder vor, dass ich um Hilfe bei Vermittlungen von Tieren gebeten werde oder diese sogar vorübergehend bei mir aufnehme. Oft sind es Fälle, wo die Tiere wieder aufgebaut und resozialisiert werden müssen.

Des Weiteren versuche ich mit Spendengeldern zu helfen. Zum Beispiel veranstalten wir jedes Jahr in unserem Tattoo Studio eine Aktion  „Tätowieren für den Tierschutz“. Wir stechen an diesem Wochenende kleine Tattoos und der gesamte Erlös wird an Vereine gespendet.

JJ: Was treibt dich dazu an? Gibt’s Erfolge? Was fühlst du dann?

Katrin Weber: Was mich dazu antreibt … Ja … Tiere sind für mich die besseren Menschen. Sie haben keine Stimme! Wenn man einmal in das Gesicht eines Straßenhundes geschaut hat, der nach Wochen endlich wieder etwas zu essen bekommen hat, oder einfach mal gestreichelt wird, dieser Blick und dieses Gefühl sind unbezahlbar!

Die rumänische Bevölkerung beispielsweise ist anders eingestellt als wir Deutschen. Hunde sollen Grundstücke bewachen, Schafe hüten und so weiter. Pferde sind Fortbewegungsmittel. Es sind eben keine Haustiere wie bei uns. Durch Aufklärung allerdings konnten und können viele Vereine die Bürger dort überzeugen, ihre Hunde kastrieren zu lassen, aus dem Tierheim zu adoptieren oder ihre ausgedienten Hunde ins Tierheim zu bringen, statt auf die Straße zu setzen. Und schon gibt es weniger Straßenhunde. Wenn einer von zehn Bürgern sich das zu Herzen nimmt und umsetzt oder es einfach weitererzählt, macht mich das verdammt stolz und glücklich. Ich habe das Gefühl, der Tropfen wird langsam ein Rinnsal.

JJ: Was denkst du, warum gibt es, nicht nur in Süd- und Osteuropa, sondern durchaus auch bei uns, verwahrloste Tiere, warum holen sich Menschen Hunde oder Katzen und kümmern sich dann nicht oder kümmern sich falsch? Selbst wenn es kein Patentrezept gibt, wo siehst du Lösungsansätze?

Katrin Weber: Ich glaube, oft liegt es daran, dass Tiere tatsächlich mal krank werden können, sogar älter werden oder einfach Arbeit machen. An der Mentalität sollte es bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern eigentlich nicht liegen.

Die meisten Fälle, die ich hier in Deutschland selbst erlebt habe, waren ganz einfach zu erklären. Keine Lust mehr auf die Verpflichtung! So habe ich schon einige halb verhungerte und kranke Hunde aufgenommen, weil man einfach keine Lust mehr drauf hatte.

Ich bin der Meinung, wir müssen viel früher anfangen, Kindern beizubringen, was so ein Lebewesen wirklich ist. Was es bedeutet, für ein Tier, das sich nicht verständigen kann, zu sorgen und dass diese eben auch älter werden. Ich bekomme wirklich die Wut, wenn mir ein Kind von sieben oder acht Jahren erklärt, dass die Milch halt aus der Tüte vom Supermarkt kommt. Früh genug Empathie und Verantwortung lehren, ist für mich der wichtigste Lösungsansatz.

JJ: Danke.

Foto Startseite: Privat

Ein Kommentar:

  1. Jenny Talheimer

    TOP!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*